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Wilhelm Leibis künstlerische Persönlichkeit, z ur Wiederkehr des 100.Geburtstags,23.Oktober 1844

Das reiche, mannigfaltige Kunstleben Deutschlands sicher etwas Wahres und Richtiges. Aber es mußte für

im 19. Jahrhundert scheidet sich, soweit die Malerei den jungen Leibi, für dessen Kunst es im damaligen

in Frage kommt, in zwei große Gruppen. Auf der München keine Maßstäbe und keine Vergleichsmög-

cinen Seite stehen die, welche den Namen „Künstler" lichkeiten gab, der aber von seinen Akademiefreunden,

im Sinne des großen, echten Pathos ausschließlich die 1867 in Paris gewesen waren und begeistert er-

für sich in Anspruch nehmen; jene, die ihre Kunst zählten, Wunderdinge von Courbets Malerei gehört,

von Philosophie und Dichtung her tränken und be- eine unerhörte Genugtuung sein, daß der fünfzig-

fruchten und unter Problem-Malerei etwas anderes jährige Meister, auf der stolzen Mittagshöhe seines

verstehen und verstanden wissen wollen als Dinge Schaffens und seiner Leistung, ihn und seine Arbeit

der Technik und als die Bemühung, so gut wie mög- mit allem Nachdruck bestätigte. Waren auch Leibis

lieh zu malen. In diese Reihe gehören Anselm Feuer- Anfänge vom Jubel seiner deutschen Weg- und

bach, Plans von Marees und Böcklin. Auf der anderen Zunftgenossen umbraust, so wurde es doch später, als

Seite stehen die absoluten Maler; jene, die das Dürer- sein Kreis zerstoben und er selbst dem Münchner

Wort, die Kunst habe, wer sie aus der Natur heraus- Kunstkliquenwesen entflohen war, merkwürdig still

reißen könne, wahrmachen wollen. Die dabei alles um ihn. Man nahm kaum mehr Notiz von ihm.

um des Malens willen malen, denen die schöne Ma- Wenn Bilder von ihm im Glaspalast erschienen, warf

lerei Selbstzweck ist: Adolf Menzel und Wilhelm man ihnen ihre „Ehrlichkeit", ihre übertriebene

Leibi, wird man als die Bannerträger dieser Richtung Treue, ihre Naturnähe vor. Alan konnte ihre innere

bezeichnen und zusammen nennen, obwohl sie unter- und äußere Wahrheit und Wahrhaftigkeit, ihre Na-

einander wiederum ein weltentiefer Abgrund trennt. türlichkeit ebensowenig ertragen, als man für Leibis

Das Prinzip der absoluten Malerei, wie sie Leibi ungewöhnlich scharfes Auge Verständnis besaß, für

pflegte, flutete von Paris her in die deutsche Malerei seine Art, die Dinge unerbittlich anzusehen und sie

ein. Die Pariser Ausstellung von 1867 und besonders ungeschmeichelt, ungeschönt und vor allem ohne

die gleichzeitigen Separatausstellungen Courbets und Anekdote und ohne billige Mätzchen malerisch dar-

Manets gaben vielen Münchner Künstlern Veranlas- zustellen. Hätte Leibi in diesen Zeiten der Herab-

sung zum Besuch und zu Würdigung nicht die Bestä-
vertieftem Studium der da- flünKH^HHB^H^^HHIHHMIHRBSSHSBi ti&lm§ Courbets gehabt, die

mals in allen technischen ^■^HKi *m Pal'iser Kunsturteil un-

Dingen überlegenen Iran- ■ vermindert fortwirkte—wer

zösischen Malerei. -' . ihn die : ■ •■ .

Die Krönung dieser H ech- ' -, • 1*, \ .-rkriunme, die ihm die

-vd ■ . /.v.-'.tciieh 4Bb ''otH deutscheOff entlichkeitauch
deutscher und Pariser Ma- i|ipPP|||Q^^^^HH^JjjjSHE noch nach seinen Haupt-

lerei, namentlich in ihrer ^HK. '-'"y-'l i werken bereitete, nicht aus

Auswirkung im Sinne einer 'WfSS---.- der Balm geworfen hätte! Es

wirklich malerischen Ma- Li beschämende V ahrheit.

lerei in Deutschland, stellt • > daß Wilhelm Leibi. ..der

die Begegnung Courbets ,sf .., ..... , - : - • . ■■ Maler",eine inter-

untl Leihls dar. die im ™ t nationale Berühmtheit"war.

Jahre der Internationalen ehe er in seinem eigenen

Kunstausstellung 1869 in Vaterland anerkannt"wurde.

München erfolgte. Es gibt ' . ', ■.- ] ehe er ..der deutsche Maler"

genug der Sachverständigen ' werden durfte.
■.::".". : !\ d: . . .".e kv::» Als das „Kirchenbild" in
richtern, die der Meinung . d>■ i11 e ur,a ivir.s.u
sind, Leibi wäre Leibi ge- ■ . des Voralpendorfes Berbling
worden, auch wenn ihm fe ;| nach manchem Hemm-
Courbet nicht über den V eg : i is und mancher Fährlich-
gekommen wäre, denn er j^^^^^^^H keit vollendet war. wollte
sei im Jahre 1869, nachdem RH -:>-h Leibi zuerst nicht ent-
er bereits seine ..Kritiker", ~jär iJ^^^^H| schließen, es in Deutsch-
„Atelier"- Bild und seine wr'l tfHn mi dm?- • - ^-1 auszustellen. Als er es
„Frau Gedon'' gemalt, ein ich doch im März
fertiger Meister gewesen, an / i > ^2 zugunsten d es dd ■"■;.< d-
dessen Wesensart, künst- Küi.svierur.:-d
lerischer Richtung und Ent- zungsvereines in dessen
wicklungsgang Courbet und W» . | Haus — nicht in einer Aus-
der durch Courbet veran- j . j Stellung neben anderen Bil-

laßte Pariser Aufenthalt ...... dem — zeigte, gaben ihm

nichts mehr zu ändern ver- Wdhelm Le.bl. Selbstbildnis. 1896 die Tatsachen recht Er

mocht hätten. Daran ist Federzeichnung hatte richtig empfunden:

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