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Die malerische Ailsschurückilng dcr Psarrkirche St. Maria im Capitol zu Kölir.

Ur. 7 uuä 8. 1877.

dem Paradiese dargestellt mit der Jnschrift: „Lmisit eam I)orainn8
>1s paraeliZO, ot ooilooavit anto parg.cii8r>in Oirsruöiin aci on8tocii-
saäuin liAiiniri vitas." („So verwies ihn der Herr aus dem Paradiese
und stellte vor das Paradies die Cherubim, zu bewahren den Baum
des Lebens.") Darunter in den Zwickeln der Fluch uber die Schlange
und die erste Verheißung des Erlösers, Der aus Maria, der neuey
Eva, die Menschheit annahm. tlm die Bogen. die Worte: „Nulsckiotuo
68 iiitsr ouiuia auimautia. 6t Iiostius torras. Iniuiisitius pouuiu
iutsr ts st uiulisrsiu, st ssiusu tuuiu st 86Uisu illiu8: ip8u oou-
tsrst oaput tuuiu, st tu iii^icliulisrig oulouuso siU8." („Du bist
verslucht unter allem Vieh und den wilden Thieren der Erde. Jch
will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem
Samen und ihrein Samen: sie wird deinen Kopf zertreten und du
wirst ihrer Ferse nachstellen.")

Hieran schließen sich auf der Südseite zu beiden Seiten des
Fensters Adam und Eva, wie sie im Schweiße ihres Angesichtes ihren
Lebensunterhalt erringen. Dabei die Jnschrift: „Nulocliotu tsrru in
opsrs tuo. lu suäors vultu8 V68osri8 puus tuo." („Die Erde sei
verflucht in deinein Werke. Jm Schweiße deines Angesichtes sollst dn
dcin Brod essen.") ,.Iu ckolors puris3 Üli08 st 8ul> viri pot68tuts
sri8." („Jn Schmerzen sollst du Kinder gebären und unter der Ge-
walt des Mannes sein,")

Gegenüber auf der Nordseite neben dem Fenster das Opfer Kain's
und Abel's und der erste Brudermord, mit der Schrift: „Obtulit
Ouiu cls Iruotiliu8 tsrrus, iLbsI cls. priiuoZsuitis ZrsZis 8ui. liit
rs8psxit I)oiuiuu8 ocl iVbsI, uä Ouiu autsiu uou rs8psxit. Lt oou-

8urrsxit Ouiu uävsr8U8 krutrsiu st iutsrksoit suiu." („Kain opferte
dem Herrn Gaben von den Früchten der Erde, und auch Abel opferte
von den Erstlingen seiner Heerde. Da.sah der Herr auf Abel und
seine Gaben, aber auf Kain sah Er nicht. Und Kain erhob sich wider
seinen Bruder und erschlug ihn.")

Diese Urgeschichte der Menschheit setzt sich sowohl im einzelnen
Menschen, wie i»r ganzen Geschlechte bis zum Ende der Zeiten fort
und findet daher im Anschlusse an die beiden letztgenannten Bilder
ihre bildliche Fortsetzung (auf der Südseite) in der Darstellung von
Kunst und Gewerbe, als der Hauptmittel, wodurch die Menschheit,
zur Arbeit verurtheilt, ihren Lebensunterhalt erwerben muß; und auf
der Nordseite (unter Kain und Abel) in der Darstellung des Krieges,
der ebenfalls als Folge der Sünde zu betrachten ist, und in dem
Brudermorde sein erstes Beispiel findet. Diese beiden Bilder werden
erläutert durch die Jnschrift: „IN in suäors viiltus lalioi'aiit st
ciuasrsntes viotiim psriia.viAo.nt niari8 st sxotioa apportant Iiona,

anrum, lapiclso prstio808 st psllss st auruin arAsiituingus psn-
clunt." („Sie arbeiten im Schweiße des Angesichtes; um ihren Unter-
halt zu geminnen, durchsegeln sie Meere, bringen sremdländische Güter,
Gold, edle Steine und Pelzwerk, und wägen-und münzen Gold und
Silber.") „lct oppicla olisiclsut, tsrras sxpiiAnant, viros oooiclunt

iu Iisllo ksrooi st agros ilovastant.

Ooininus snini inaleilixit agro

Iioininis oausa." („Und belagern Städte, erobern Länder, todten die
Männer im wilden Kampfe und verwüsten die Felder. Denn der
Herr hatte das Land verslucht um des Menschen willen.")

Hieran schließt sich in den Gewölbezwickeln gewissermaßen als
weitere Jllustration zur Geschichte des menschlichen G'eschlechtes die
Darstellung von vier kulturgeschichtlich besonders wichtigen Städten,
nämlich Jerusalem, Rom, Köln und Nürnberg; letztere für unser
deutsches Vaterland von besonderer Bedeutung.

1. Jerusalem, die Olottesstadt, wo die Rathschlüsse Gottes und
Seine Verheißungen crfüllt, wo das große Werk der Erlösung voll-
bracht, und die Sünde Adam's mit allen ihren schlimmen Folgen ge-
getilgt wurde. Die darüber schwebende allegorische Figur trägt als
Symbol das Kreuz, das Zeichen der Erlösung, und die Ueberschrift:
,,/ion, äoimis Olii'isti, tii niagna ni/stsria viäisti." („Sion, Wohnung
des Gesalbten, du hast große Geheimnisse geschaut.")

2. Rom, einst Mittelpunkt und Beherrscherin der ganzen bekannten
Welt, später, nach Untergang des heidnischen Götzendienstes die Metro-
pole der ganzen Christenheit und Residenz des Statthalters Christi
auf Erden. War Rom früher der Schlüssel der Welt gewesen, so
führt es jetzt die Schlüssel des Himmels. Daher hat die über der
Stadt angebrachte weibliche Figur als Spmbol die Schlüssel und die
Ueberschrift: „lloiva, oapiit muiicli, I'SAIS 01'Iiis ki'sua rotiiiicli."
(„Rom, Hauptstadt der Welt, du führest die Zügel des Erdkreises.")

3. Köln mit der Krone und Ueberschrift: „lks Oolovia saiiota
sanotis tsstilius olara." („Heilig bist du, Köln, ausgezeichnet dnrch
so viele heilige Blutzeugen.") Die große Menge der heiligen Märtprer,
Bekenner und Jungsrauen, welche in Köln gelebt und deren Gebeine
in seinen Kirchen ruhen, hat gleichsam der ganzen Stadt die Martpr-
krone erworben.

4. Nürnberg, im Mittelalter eine Hauptstätte der Kunst für Süd---
deutschland, berühmt durch seine zahlreichen Baudenkmale, gegenwärtig
Sitz des für die ganze Kulturgeschichte Deutschlands wichtigcn ger-
manischen Museums, hat als Symbol den Zirkel und die Aufschrift:
„iVi'tilius idioi'is olara lauclsm Oomiiii para." („Durch norische Künste
berühmt, bereite das Lob des Herrn."

II. Aas Kauptlchijf der Kirche.

Die prophetischc Wiederhvtmig der Vcrhcifimig Moriens mid dic Darstcllmig

ihrcr Ahncii.

An die Vertreibung aus dem Paradiese und die erste Verheißung
der Erlösung schließt sich die Sehnsucht des alten Bundes nach dem
verheißenen Messias an. Eine Verheißung des Erlösers erhielt Jakob,
als er im Traume die Himmelsleiter sah, auf welcher die Engel zur
Erde nieder- und von dieser zum Himmel aufstiegen. Da rief der Herr
dem Jakob zu: „Jn dir und deinem Samen sollen gesegnet werden
alle Völker der Erde." Die Himmelsleiter, die Verbindnng des Himmels
mit der Erde, ist ein Vorbild Mariens, durch welche Christus, vom
Himmel niedersteigend, Mensch wurde; die Brücke, durch welche die

Verheißungen erfüllt wurden. Diese Himmelsleiter ist daher am Ge-
wölbe des Mittelschiffes angebracht von der Westseite bis zur Mittel-
kuppel, wo Maria mit dem Jesuskinde dargestellt ist. Jni Gewölbe
rings um die Himmelsleiter sind eine Anzahl Stellen aus der heiligen
Schrift des alten Bundes, in denen sich die Sehnsucht nach dem Er-
löser ausspricht, oder die Ankunft Desselben vorhergesagt wird, oder
die sich auf Maria beziehen, durch welche dcr Erlöser zur Erde nieder-
gestiegen. Diese Schriftstellen werden auf Spruchbändern gehalten von
den Personen, welche jene Aussprüche verzeichnet haben oder in naher
Beziehung dazu stehen. Es sind folgende:

1. Gcwölbe: Moses (Osii. 24, 44). „Ipsa 68k miilisr, guam
prasparavit Domiiius." („Diese ist das Weib, das der Herr be-
reitet hat.")

Jakob (Osn. 28, 14). „Ilsvscliosntur in ts oniietas tribus
tsrras." („Jn dir sollen gesegnet werden alle Völker der Erde.-")

2. Gewölbe: Balaam (dlum. 24, 17.). „Oristur stslla ex
.laool)." („Ein Stern geht auf aus Jakob.")

Jeremias (23, 5). „Lusoitado Davick Zsrmsn iustum." („Jch
werde dem David einen gerechten Sprößling erwecken.")

Judith (13, 20). „dlou psrmisit Domiuus auoillam suam oo-
iu«iuiiiari." („Der Herr ließ nicht zu, daß Seine Magd befleckt würde.")

Salomon (oaut. 2, 2). „8iout lilium intsr spiuas, sio amioa
msa iutsr ülias." („Wie eine Lilie unter den Dornen, so ist meine
Frenndin unter den Töchtern.")

Jsaias (45, 8). „Ilorats oosli clssupsr, st uubss pluaut
iustuui." („Thauet, ihr Himmel, von oben; die Wolken mögen regnen
den Gerechten.")

Baruch (4, 36). „Vicls iuounclitatsm a Domiuo tibi vsni-
sutsm." („Siehe, wie dir Freude kommt von Gott dem Herrn.")

Michüas (1, 3). „Dsus SAroclistur cls looo suo sauoto."
(„Siehe, der Herr wird ausgehen von Seinem heiligen Orte.")

Amos (9, 11). „8u8oitabc> talisrnaouluui Davicl, guocl esoiclit."
(„Jch ivill die Hütte David's, die versallen, wieder aufrichten.")

3. Gcwölbc: I. Sirach (24, 5). „DZo sx ors Vltissimi pro-
clivi, priiuoAsnita auts ouiusm orsaturam." („Jch bin aus dem
Munde des Allerhöchsten hervorgegangen, zuerst gezeugt vor aller
Schöpfung.")

Jsaias (7, 14). „Doos virZo oouoipiet st parist ülium."
(„Siehe, eine Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären.")

Habakuk (3, 18). „Iu Domino »auckslio st sxultabo iu Dso
llssu mso." („Jch will mich freuen in dem Herrn und frohlocken in
Gott, meinem Heilande.")

SophoNias (3, 14). „Daucla, tilia 8ion, lastars st sxulta,
ülia llsrusalsm." („Sage Lob, Tochter Sions, freue dich und froh-
locke, Tochter Jerusalems.")

Aggäus. (2, 8). „Vsuit ässictsratus ouuotis Asutilius st im-
plsdo äomiiui istam Aloria." („Es wird kommen der von allen
Völkern Ersehnte; und Jch erfülle dieses Haus mit Herrlichkeit.")
 
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