Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1909

DOI Heft:
Heft 3-4
DOI Artikel:
Dvořák, Max: Restaurierungsfragen: Spalato
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26207#0075
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Restaurierungsfragen

S p a 1 a t o

„Tausende haben hier über das Tassosche Thema Cadono le cittä. ge-
träumt, von Vorzeit, Gesetzen der Geschichte, Landschaftsmalerei und
Menschenlos. Der Ameiseneifer der neuesten Forschung hat inzwischen
die blanken Knochen oder Knochensplitter dieses Kadavers bloßgelegt
und mit Taufscheinen versehen.“ Justi Velazquez I 300.

Seit Jahren kämpft die Z. K. um Spalato.

Der Kampf konzentriert sich auf ein einzelnes
Haus: das alte Episkopium, einen schlichten Qua-
dernbau aus dem XVII. Jh., bei dem nur das wap-
pengeschmückte Portal die Wirkung der schmuck-
losen Monumentalität durch einen Dekor bereichert.
Es ergab sich eine Gelegenheit das Haus zu demo-
lieren und diese Gelegenheit wurde sowohl von
verschiedenen Fachmännern als auch von der sich
ihnen anschließenden Bevölkerung mit Freude be-
grüßt und ihre Ausniitzung im Interesse der Stadt
und ihrer Monumente stürmisch verlangt. Die Z. K.
protestierte dagegen, und allmählich schlossen sich ihr
auch alle übrigen auswärtigen Kunstgelehrten und
Kunstfreunde an. In Spalato selbst verlangt man
aber nach wie vor die Abtragung des Baues, und
zwar mit einer Vehemenz und Leidenschaftlichkeit,
wie sie kaum bei einer anderen Angelegenheit der
österreichischen Denkmalpflege beobachtet werden
konnte oder ähnlich in unzähligen Zeitungsartikeln,
Flugschriften, öffentlichen Versammlungen, Resolu-
tionen und Protestkundgebungen ihren Ausdruck fand.
Es wurde sogar versucht den Palazzo anzuzünden.

Nicht minder stark war aber die Unnachgiebig-
keit der Kämpfer für die Erhaltung des Baues.
Noch auf seinem Sterbebette bat mich mein Lehrer
und Vorgänger im Amte Hofrat Riegl, in der Epi-
skopiumfrage keine Konzessionen zu machen, eine
Weisung, der ich nicht nur aus Verehrung für den

unvergeßlichen Mann, sondern auch aus innerer
Überzeugung treu nachgekommen bin.

Dieser andauernde und heftige Streit wäre un-
verständlich, wenn es sich nur um das Episkopium
handeln würde. Die Denkmalpflege in Österreich ist
leider auf Kompromisse angewiesen, denen des
Friedens und auch anderer wichtigerer Interessen
wegen oft schon bedeutsamere Denkmale als das
Bischofshaus in Spalato geopfert werden mußten, und
auch die Advokaten der Demolierung des Baues dürf-
ten kaum eine so weitgehende und nachhaltige Opposi-
tion erhoben haben, wenn es sich nur um die graduell
abweichende Einschätzung der Bedeutung eines ein-
zelnen Baues gehandelt hätte. Es handelt sich aber
eben nicht nur um das Episkopium, sondern um die
ganze Altstadt von Spalato. Zwei diametral ver-
schiedene Auffassungen der Pflichten dem merk-
würdigen Stadtgebilde gegenüber, das die Mauern
des alten Imperatorenpalastes umschließen, stehen
sich da unversöhnlich gegenüber, und dieser Ver-
schiedenheit der Auffassung liegt der wichtigste
Kampf zu Grunde, den unsere Zeit um alte und
neue Kunst auszufechten hat.

Wie überall bei solchen Fragen, hat man auch
in Spalato von Verkehrsrücksichten, von der Not-
wendigkeit der Assanierung der Stadt durch die
Schaffung neuer Plätze und Gassen gesprochen. Es
ist wohl klar, daß die Demolierung eines einzelnen
Baues solchen Aufgaben gegenüber nur als ein An-
 
Annotationen