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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1909

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Heft 3-4
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https://doi.org/10.11588/diglit.26207#0120
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i87

Notizen

I 88

münsterer Bilde stimmen die meisten Einzelelemente
mit dem Iglauer überein; der weichliche Epheben-
körper des Knaben, der geknickt stehende und aka-
demisch frisierte Abraham, der im Helldunkel ver-
schwimmende Engel. Aber die Komposition zeigt
doch bei gleichbleibender allgemeiner Tendenz ein
deutliches Streben nach größerer Straffheit; die
Hauptgruppe des Knaben mit dem Vater wirkt sehr
stark als Dreiecksauf bau und bedeutet eine deut-
lichere Annäherung an die Absichten des aufkom-
menden sogenannten Kiassizismus, als wir sie sonst
bei Schmidt anzutreffen gewohnt sind.

Das Martyrium der hl. Barbara, einer in Öster-
reich so viel verehrten Heiligen, hat Schmidt wieder-
holt gemalt4); von den mir bekannten oder erinner-
lichen Ausführungen scheint mir das 1774 für die
Melker Pfarrkirche gemalte, jetzt im Prüfungssaale
des Stiftes Melk aufbewahrte Altarbild5) mit derSkizze
am meisten Verwandtschaft zu besitzen (Fig. 47). Die
Heilige selbst, die Frau vorn, der eindringliche Greis
mit dem Götzenbilde, auch der Henker sind in bei-

4) Altarbilder in Melk, Scheibbs, Waidhofen an der
Ybbs, Groß-Stetteldorf, S. Leonhard bei Spital a. Pyhrn,
Kathedrale in Brünn. Ant. Mayer, Der Maler Martin Jo-
hann Schmidt, Wien 1870, S. 57, 5&> 61, 64, 71, 81.

5) Österreichische Kunsttopographie III, 356.

den Bildern ähnlich. Die Komposition ist verschie-
den; beim Melker Bild typischer und der oben ge-
schilderten entsprechend, bei der Iglauer Skizze
straffer und durch die vielen Diagonallinien zu-
sammengehalten.

In dem dritten Briefe Schmidts findet sich eine
Stelle, die einer Aufklärung bedarf; es werden
„2 Landschafftl von meins Bruders“ erwähnt. Daß
ein Bruder des Kremser Schmidt Maler gewesen
wäre, ist nicht bekannt; einen Maler Franz Schmidt
hat Johann Martin porträtiert und die Radierung
Koloman Felners nach dieser Zeichnung nennt ihn
P'rangois Schmid peintre de Vienne de paysans.

Dieser Franz Schmidt kann aber kein Bruder
unseres Meisters gewesen sein; ob er identisch mit
dem Landschafter Fr. Schmidt ist, von dem sich z. B.
zwei Aquarelle, Ansichten von Aggstein und Schön-
bühel, im gräflich Beroldingischen Schlosse Schön-
bühel befinden6), ist gleichfalls eine jener zahlreichen
— wichtigen und nebensächlichen — ungeklärten
Einzelfragen, deren allmähliche Lösung das durch
lange Vernachlässigung unserer heimischen Kunst
verdunkelte Bild unserer Barocke nach und nach
aufhellen soll.

Hans Tetze

6) Daselbst III, 430 und Fig. 448.
 
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