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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1909

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Heft 3-4
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https://doi.org/10.11588/diglit.26207#0111
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N O T I Z E N

Denkmäler der deutschen Kunst

Als der Anfang der Verwirklichung des großen
Programms (vide Beiblatt 1908, Heft 2) sind vier
Abteilungen eingerichtet worden, welche mit ihren
Arbeiten begonnen haben. Herr Professor Clemen in
Bonn hat mit den Vorarbeiten für die Publikation
der kaiseriichen Pfalzen begonnen, die sich deshalb
sehr schwierig gestalten, weil bei einzelnen Pfalzen
weitgehende Ausgrabungen unternommen werden
müssen, von denen ein beträchtlicher Teil im vorigen
und heurigen Sommer durchgeführt wurde. Herr
Professor Goldschmiedt hat die Arbeiten für ein
Korpus der karolingischen und romanischen Elfen-
beine, mit denen er sich seit Jahren beschäftigt und
die er dem deutschen Vereine zur Verfügung stellte,
so weit abgeschlossen, daß mit dem Drucke der
Tafeln begonnen werden konnte. Unter der Leitung
des Gefertigten stehen zwei Abteilungen, für die
Herr Dr. W. Köhler und Herr Dr. H. Zimmermann
als ständige Mitarbeiter gewonnen wurden und deren
Aufgabe ein Korpus sämtlicher Miniaturhandschriften
der Völkerwanderung und der karolingischen Kunst
bildet. Es sind bisher von den beiden Mitarbeitern
die belgischen und ein großer Teil der französischen
Bibliotheken durchforscht worden, die eine überaus
reiche Ausbeute an bisher unbeachtetem, wichtigem
Material geboten haben.

Als Anfang der Veröffentlichung der Kunstwerke
aus späteren Perioden der deutschen Kunst wird im
Laufe des Jahres von Professor Ganz eine Gesamt-
publikation der Zeichnungen Holbeins d. J. erscheinen.

Max DvoS.Ak

Ein Denkmalszerstörungsgesetz

Ein Denkmalschutzgesetz wird in Österreich
allem Anscheine nach nicht so bald geschaffen werden.
Nicht deshalb, weil es viele Feinde hätte. Mit geringen
Ausnahmen dürften ihm weder politische Parteien
oder öffentliche Faktoren, welcher Art immer, noch

einzelne Persönlichkeiten widersprechen, und wenn
man ein Plebiszit anrufen würde, so fände das Gesetz
ohne Zweifel eine imposante Majorität. Und doch
wird das Gesetz nicht geschaffen, weil es, wie jede
kulturelle Reform, einen zielbewußten, zum Fort-
schreiten entschlossenen Willen und Entscheidungs-
mut, eine überzeugungsvolle Tatenfreude erfordert,
die bei dem schwerfälligen Apparate unserer Legisla-
tive und Verwaltung nicht zu finden sind.

Weit mehr Aussicht auf Annahme hat eine
andere Gesetzesvorlage, die man als das Denkmal-
zerstörungsgesetz bezeichnen könnte. Es ist dies eine
im Reichsrate von der Regierung eingebrachte Vor-
lage eines neuen Hauszinssteuergesetzes.

Mit der steigenden Wertschätzung alter Orts-
und Stadtbilder, mit der zunehmenden Verehrung
der alten künstlerischen Kultur, die auch dem privaten
Dasein eine ästhetische Form zu verleihen wußte, ist
auch die Bedeutung der alten Privatbauten für die
Denkmalpflege im Wachsen begriffen. Man beklagte
es in der letzten Zeit zuweilen, daß die Steuer-
befreiung der Neubauten eine Art Prämie für die
Demolierung alter Profangebäude war. Nun, die neue
Vorlage gibt sich damit nicht zufrieden, sondern be-
steuert auch mit einer drakonischen, unerschwing-
lichen Steuer die Erhaltung der alten Gebäude, wie
aus folgenden Grundsätzen zu ersehen ist:

1. Die Bauten werden nicht nach ihrem
Ertrag, sondern nach der Zahl und der Größe
der Räume, und zwar mit einer ungeheueren
Progression besteuert. Wer das Unglück hat,
ein Haus mit geräumigen, gesunden Zimmern zu be-
sitzen, wird daftir bestraft.

2. Die Steuer richtet sich nicht n ach der
Anzahl der tatsächlich bewohnten, sondern
nach der Anzahl der bewohnbaren Räume.
Wer das Unglück hat, ein altes Schloß zu besitzen,
in dem er, ohne es bewohnen zu können, nur einige
wenige Räume als Absteigquartier benutzt und das
er nur erhält, weil es sich um ein geschichtliches
und kunstgeschichtliches Denkmal handelt, oder wer
das Unglück hat, in seinem Hause alte, schöne
 
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