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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 1
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Scheffler, Karl: Max Pechstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0032

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MAX PECHSTEIN, STILLEBEN, 1913

MIT ERLAUBNIS VON FRITZ GURLITT, BERLIN

Eingeweihten als die eigentlichen Vertreter der
neuen Kunstidee bezeichnet werden. Pechsteins
Kunst lässt sich kritisch fassen, nicht nur als Äusse-
rung eines dunklen Triebes, sondern auch von
sehen der Form und des Handwerks.

Bevor sie im einzelnen betrachtet wird, emp-
fiehlt es sich, auf das Wollen zu blicken, das da-
hinter steht und was darin eine gewisse Allgemein-
gültigkeit für einen grösseren Kreis junger Künstler
hat. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Art
einer Kunst, das ist also die Richtung des Willens,
das Stilgefühl, überhaupt nicht kritisiert werden
kann. Die Art ist stets das Ergebnis eines innneren
Müssens, ist der freien Wahl entzogen und somit
ein Stück Schicksal. Kritisieren lässt sich nur der

Grad, das ist das Können,
die Fähigkeit ein Wol-
len zu realisieren. Die
Art lässt sich nur insofern
kritisch betrachten, als
man untersuchen kann,
ob sie echt sei. Im Falle
Pechstein leidet es nun
keinen Zweifel, dass das
Wollen dieses Künstlers
echt ist, dass er muss,
was er will. Dafür bürgt
schon die natürliche Ein-
heitlichkeit seiner Kunst-
formen. Es bleibt also zu
untersuchen, welche An-
triebe ihn beseelen, was
ihn — und neben ihm
manchen Genossen —
zwingt, so zu sehen, wie
er sieht.

Pechstein geht offen-
bar bei der Bildkompo-
sition in der Regel von
ein fachen, kräftigen Klän-
gen aus. Es kann ein
Farbenklang sein, oder
ein Formenklang, oder
auch beides zugleich. Der
Klang wird sinnlich ge-
nossen bis zur Erregung
und wird vom Auge
dann mit Fleiss von der
Umgebung abgesondert.
Diese Absonderung hat
die Wirkung, dass der
Klang die Phantasie zu sich hinzieht, dass, was
zuerst nur ein Reiz war, zu einer sinnlich
geistigen Sensation wird, die alles andere aus-
schliesst, dass an diesem begrenzten optischen Er-
lebnis das ganze Lebensgefühl teilnimmt, und dass
ein ursprünglich nur ornamentalischer Klang in der
endgültigen Darstellung eine gewisse Wucht und
Monumentalität gewinnt. In dem Maasse, wie der
Klang dem Künstler bedeutend wird, wie das Far-
ben- oder Formenornament in die Sphäre des
Geistigen emporgehoben wird, erscheint das Ge-
setz verkörpert — und dadurch kommt in die
Wirkung etwas Geheimnisvolles. Die Gegenstände,
woran der Klang geheftet ist, erhalten durch Ab-
sonderung und Übersteigerung ein unheimliches,

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