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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 5
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0208

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das hätte sich vermeiden lassen und man versteht nicht,
wie das Berliner Museum sich diese herrliche „Heilige
Nacht", das berühmteste Bild der Sammlung von Kauf-
mann, entgehen lassen konnte. Da es kein Geheimnis
ist, dass bei solchen Gelegenheiten das Berliner Museum
von den Versteigerern etwas geschenkt bekommt und
zwar keine Kleinigkeit, und da solche Geschenke keine
Überraschungen, sind, sondern bestimmt geäusserten
„Wünschen" entsprechen (das ist beinahe so, wie wenn
ein Minister etwas „wünscht"), warum nahm das Muse-
um denn diese "heiligeNacht" nicht?Natürlich muss das
Museum selbst am besten wissen, was es am dringend-
sten braucht und die böhmische „Kreuzigung" ist sicher
ein hervorragendes und brillant erhaltenes Bild, und
das Männerbildnis von Hans von Kulmbach, das es sich
ausserdem noch schenken Hess, füllt gewiss eine fühl-
bahre Lücke glücklich aus. Aber die Volksstimmung
erwartete nun einmal, und mit Recht, dass die schöne
und berühmte „Heilige Nacht", die alle Besucher der
Sammlung als ein Hauptstück kannten und als festen
Berliner Besitz ansahen, in Berlin blieb und an das
Museum kam. Bas war aber auch so ziemlich der ein-
zige Regiefehler, den die Öffentlichkeit zu beklagen
hat. Den Nikolas Froment, der nach Wien ging, ver-
schmerzt der Laie viel leichter. — Rembrandt und
Frans Hals, Giovanni Bellini und Dürer, Holbein der
Jüngere und Tizian waren ohnehin nicht vertreten,
und die Cranachs, die Dresden wollte, hat es bekommen,
ebenso wie den schönen Holbein den Alteren. Ja, so-
gar München hat den Breughel bekommen, trotzdem
es nur ein Drittel der Kaufsumme aufwenden konnte.
Aber da haben Freunde geholfen, und zwar Ausländer.
Der bekannte holländische Sammler Lanz, der grosse
Chirurg, hatte erfahren, dass München reflektierte und
sorgte dafür, dass München das Bild bekam. Er bat die
ausländischen Sammler,1 den Rest zusammenzuschiessen
weil es sozusagen erfreulich wäre, in dieser Zeit, wo das
neutrale Ausland infolge von Valutafragen in Deutsch-
land so vorteilhaft kaufen könne, auch Deutschland
einmal eine kleine Gegenleistung zu erweisen. Die
also Angeredeten zahlten und mit ihrer Hilfe und
mit Hilfe der Besitzerin kam die Pinakothek in den
Besitz eines der wenigen echten Breughel (es giebt
keine zwei Dutzend), eines Bildes, das so gut ist wie
einige der Wiener Bilder und besser als das Berliner.
Diese That von Ausländern verdient, gebührend erwähnt
zu werden. Hätten wir das Ausfuhrverbot schon, das
im preussischen Landtage angeregt wurde (was hat der
preussische Landtag eigentlich damit zu thun? Wäre
das nicht Sache des Reichstags? Oder wollen die Herren
nicht, dass Preussen Bilder ans Ausland verkauft? Und
glauben Sie nicht, dass dann die Verkäufe über München
gehen?) — hätten wir also dieses Ausfuhrverbot schon,
so wäre diese Schenkung wohl nicht erfolgt. Sicher
nicht.

Es war also einmal wieder nicht so schlimm mit der

Auktion von Kaufmann wie es von den sensations-
lüsternen Leuten vorher verbreitet wurde und da
Stücke von allgemeiner Weltgeltung in der Sammlung
fehlten, da nicht um einen späten Rembrandt, um einen
zweifelhaften Lionardo oder um Lenbachs seinerzeit
auf so merkwürdige Weise erworbenen Tizian gekämpft
wurde, blieb bei der Auktion die erwartete grosse Sen-
sation aus. Die Bilder wurden ausgerufen und die Preise
stiegen, weil die Bilder meistens gut waren und die
Nachfrage nach Bildern gross ist. Auch dass mässige
Stücke durch das Auktionsfieber mit hochgerissen wer-
den, hat heute nichts Uberraschendes mehr. Wenn zwei
alte Stühle 40000 Mark kosten — das ist eine Sensation,
aber eine im schlechten Sinne; nicht, dass es Breughel
mit 3 10 000 Mark bezahlt wird. Neu war nur die hohe
Schätzung für italienische Primitive, die noch bei der
Auktion Moll sehr schwankend gewesen war. Doch
hatte man die Konsolidierung der Preise für dieses Ge-
biet längst erwartet, weil das Stärkerwerden des Inter-
esses für diese Kunst durchaus der geistigen Tendenz
der modernen Kunst entspricht. Die Zeiten der Auk-
tion Moll, wo Frankfurt italienische Primitive billig
bekam (billig im Verhältnis zu den Schätzungen des
internationalen Marktes vor dem Kriege), eben wegen
der Unsicherheit der Wertung gegenüber diesen bei
uns seltenen Dingen, diese Zeiten konnten natürlich
nicht dauern.

Hohe Preise, niedrige Preise, das alles ist natürlich
relativ. Wenn heute in Deutschland eine im wesent-
lichen museal orientierte Bildersammlung, die in einer
Zeit angelegt wurde, wo es in Deutschland eigentlich
weder Sammlertum noch Kunstmarkt gab, das Vielfache
ihres Anschaffungspreises bringt, was müssten dann die
ganz grossen, weltbedeutenden Sammlungen auf einer
Auktion erst bringen? In dem Augenblick, wo die Ga-
lerie Havemeyer in New York unter den Hammer
käme, wären die Kaufmannschen Millionen vergessen.

E. Waldmann.

»

„Auktionsmissbräuche."
Die Auktion Heymel. Berlin 18.—20. September bei
P. Graupe.

Einige Wochen nach der Auktion von Heymel und
einige Wochen vor der Auktion von Kaufmann ver-
öffentlichte der Büchersammler Dr. von Kaufmann, der
Sohn des Bildersammlers, unter obigem Titel eine
Zeitungsnotiz, um einen Missbrauch zu brandmarken.
Der Missbrauch bestand darin, dass ein Buch, das auf
der Auktion von Heymel versteigert worden war, ein
Exemplar mit handschriftlicher Widmung, einige Wochen
später auf einer andren Auktion wieder auftauchte und
abermals ausgeboten wurde. Was bei diesem Vorgang
missbräuchlich gewesen sein soll, ward damals nicht
recht klar und ist auch heute noch nicht ganz klar.
Wahrscheinlich war die Sache doch so, dass es bei der

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