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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 8
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Kunstausstellungen
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MAX LIEBERMANN, BILDNIS SEINES SPRACHLEHRERS HENRY, X
IM BSSITZ DER GALERIE CASPARI, MÜNCHEN

ZWEI BILDNISSE VON LIEBERMANN

Wir bilden zwei Männerporträts Max Liebermanns
ab, die von einander durch ein ganzes Arbeitsleben
getrennt sind. Das erste hat, im Jahre 1866, der Neun-
zehnjährige gemalt; das zweite ist in diesen Wochen
vollendet worden. Dargestellt ist auf der Jugend-
arbeit der Sprachlehrer Henry, dem der junge Prima-
ner und Steffeckschüler manche Anregung auf dem
Gebiete der Musik verdankt; das Alterswerk stellt den
bekannten Berliner Komponisten und Kapellmeister
Richard Strauss dar. Die beiden Werke sind der Auf-
fassung, dem Können, der Vortragsweise und der gei-
stigen Durchdringung nach sehr verschieden; aber sie
sind einander auch wieder sehr ähnlich. Es ist jene
undefinierbare Verwandtschaft darin, die die Jugend-
werke jedes Meisters mit seinen Alterswerken ver-
bindet. Es bestätigt sich wieder einmal, dass das grosse

Talent mit dem Wesentlichen der
Darstellungsgabe geboren wird und
dass in seinen frühesten Äusserungen
schon ein Zug der Meisterschaft ist.
Das Bildnis Henrys ist gewiss in
mancher Weise noch schulmässig,
ja schülerhaft; aber in der leichten
flockigen Malweise, in der sicheren
Charakterisierung und treffenden
Zeichnung ist auch wieder so viel
persönliche Unbefangenheit, dass
die Arbeit als Talentprobe und als
entwicklungsgeschichtliches Doku-
ment unschätzbar wird. Es zeigt
sich schon das Beste, was Lieber-
mann sein eigen nennt, in dem Bild-
chen: die Naivität der Anschauung.

Wie sich diese Naivität dann
in einem fünfzigjährigen Maler-
leben, das wie ein einziger Arbeits-
tag gewesen ist, erhalten hat, davon
giebt das Bildnis von Richard Strauss
Kunde. Man kann einen bedeuten-
den und berühmten Mann nicht
weniger unvoreingenommen, nicht
naiver und zugleich geistreicher,
nicht freier und zugleich sachlicher,
nicht mehr malerisch und mensch-
lich in einem darstellen. Wenn in
dem Jüngling schon etwas von der
Reife des Meisters war, so ist in
diesem noch die Frische und Leben-
digkeit des Jünglings. Das Neben-
einander der beiden Arbeiten ist,
menschlich wie künstlerisch, durch
das, was sie trennt und verbindet,
aufschlussreich und ergreifend.

Das Frühbild tauchte kürzlich
in der Münchener Galerie Caspari auf; das Strauss-
bildnis hat die Berliner Nationalgalerie erworben und
damit einen guten Kauf gethan. K. Sch.

MÜNCHEN

Die Moderne Galerie Tbannbauser veranstaltete
eine Ausstellung Münchener Malerei 1870—1890, in
der neben Werken führender Meister auch eine grosse
Anzahl von Gemälden und Studien von Künstlern ge-
zeigt wurden, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten
oder bisher überhaupt noch nicht die richtige Wür-
digung gefunden haben. Es handelt sich hierbei natür-
lich nicht um grosse Entdeckungen, nicht um Werte
von höchster Bedeutung, es ist aber eine ausgleichende
Gerechtigkeit, wenn heute statt der einstigen Tages-
grössen die ehrlichen allzu Bescheidenen, die sich
nicht recht durchsetzen konnten, mit qualitätvollen

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