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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0366

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schon früher erkennbaren Rahmen abgespielt. Das
Hauptgewicht liegt nach wie vor auf der guten deut-
schen Malerei der siebziger Jahre, auf Liebermann und
auf Werken der französischen Impressionisten.

Dadurch, dass es möglich war, die Sammlung des in
Hamburg ansässigen Halbbremers, Paul Rauers, auszu-
stellen, wurde das allgemeine Bild in der vorteilhaftesten
Weise ergänzt.

Die Malerei aus der Mitte des neunzehnten Jahr-
hunderts ist glänzend vertreten durch drei Meister-
werke von Spitzweg: Die Serenade (in Querformat).
Den „verdächtigen Rauch" und das ganz locker und
pastos gemalte „Picknick" und daneben durch eine
Landschaft von Waldmüller, „Der Salzberg bei Aussee",
alle vier Bilder aus der Sammlung Rauers.

Wilhelm Leibi als der Vater der neueren grossen
Münchener Malerei ist mit zwei Gemälden zur Stelle:
Dem „Kronenwirt" aus der Mitte der neunziger Jahre
und einem „Mädchenkopf", der bisher nie abgebildet
war, auch in dem grossen Leibikatalog nicht, wo er we-
gen damaliger Unauffindbarkeit nur, als Nr. 155, er-
wähnt wurde, ein prachtvolles Stück Malerei aus der
Mitte der siebziger Jahre. Wenn Leibi mit diesen
Werken natürlich seiner Bedeutung entsprechend nicht
gezeigt werden konnte, so überrascht die grosse Anzahl
von Bildern Trübners, die sich im bremischen Privat-
besitz befinden, wie ja auch die Bremer Kunsthalle
immer auf den Besitz Trübners grossen Wert gelegt
hat. '— Aus den siebziger Jahren ist ein schönes Wald-
bild aus Herrenchiemsee (1874) vorhanden, im Ton
und der Malerei ähnlich den Bildern in der National-
Galerie und in der Düsseldorfer Kunsthalle. Um 1880
wurde das „Kentaurenpaar" der Sammlung Biermann
gemalt, eines der schönsten Exemplare dieser Serie,
und etwas später die Londoner Ansicht von Ludgate
Hill; nicht die bekannte Fassung mit dem vielen
Wagenverkehr im Vordergrund der Strasse, sondern die
ruhigere, einfache, auf der die Paulskirche im Hinter-
grund klar sichtbar wird.

Die zweite Periode von Trübners Landschaftsmalerei
ist mit Meisterwerken wie dem „Herrenchiemsee" von
1891 und dem „Klosterhof der Fraueninsel in Chiemsee"
von 1892 (Sammlung Frau Meta Schütte) glänzend ver-
treten. Aus ungefähr derselben Zeit stammt das grosse
„Rosenstilleben" der Sammlung Rauers, das früher dem
Direktor Fries in Elberfeld gehörte. Ein meisterhaftes
Bild von Schloss Hemsbach und eine Landschaft von Stift
Neuburg vervollständigen den Eindruck der Trübner-
schen Kunst.

Von Schuch hat Herr Rauers zwei schöne Land-
schaften und zwei hervorragende Stilleben geschickt,
darunter ein Blumenstück von allererstem Rang. —
Sperl ist mit einem Hauptwerk, einer grossen Wald-
landschaft mit Mädchenfigur vertreten, sowie mit einer
kleinen Kinderszene und einem Hausdurchblick.

Auch die Bilder von Hans Thoma zeigen den Künstler

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von seiner besten Seite: Eine Ansicht von Säckingen
(1872), das Hauptstück in der Serie; ungewöhnlich, aber
sehr reizvoll erscheint eine „Rivieralandschaft" von
1874; und ein „Schwarzwaldbach" sowie eine Ansicht
von „Siena" sind vollgültige Proben aus der zweiten
Periode von Thomas grosser Landschaftskunst.

Besonders lieb waren den Bremer Sammlern immer
die Werke von Liebermann. Drei Landschaften aus
aus den Anfängen der neunziger Jahre, darunter eine
ganz herrliche Ansicht von Katwjk von 1 892 (Sammlung
Biermann) machen den Beginn, ein „Spaziergang in
Laaren" reiht sich an. Unter den späteren Liebermanns
machten am meisten Eindruck eine Studie aus der
Judengasse die Studie zur „Dünenpromenade" von 1907
und vor allem die schöne träumerische Nordwyjk-
Landschaft, die Herr Paul Schmitz auf der Auktion
Schmeil erwarb. — Eine Anzahl von Pastellen und
Zeichnungen Liebermanns bilden neben Zeichnungen
von Menzel den Hauptanziehungspunkt der graphischen
Abteilung, in der besonders reich auch Max Slevogt
vertreten ist. Von Bildern seiner Hand sieht man nur
eine „Weinberglandschaft" von 191 j, von Corinth eine
Ansicht von Mentone.

Unter den neueren sind besonders bemerkenswert
einige Arbeiten der jung verstorbenen PaulaModersohn-
Becker, einer der persönlichsten Vorläufer des Expressio-
nismus. Dann eine Komposition von Carl Hofer und der
„Schiffbruch" von Max Beckmann und ein Stilleben
von Seewald.

Diesen deutschen Bildern gegenüber, denen sich
noch einige, wenn auch sehr interessante, so doch nicht
im gleichen Maasse hervorragende anreihen, stehen nun
die Franzosen, die ja auch in der Bremer Kunsthalle
eine besonders liebevolle Pflege erfahren haben.

Aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts sind drei
Werke von Delacroix sehr eindrucksvoll, eine kleine
„Büssende Magdalena", eine Replik des „Sardanapal"
und vor allem der „Löwenkampf" eine frühe sehr
leidenschaftliche Fassung des Gemäldes, von dem die
Sammlung Chauchard im Louvre das endgültige Exem-
plar besitzt. Eine hell leuchtende südliche Landschaft
von Corot lässt schon die impressionistische Kunst vor-
ausahnen.

Von Courbet sieht man zwei Landschaften. Manet
ist nur mit einem Aquarell vertreten. Gut dagegen
Claude Monet mit zwei herrlichenGartenbildern (Samm-
lung Wolde und Sammlung Frau Meta Schütte), einer
malerisch besonders schönen Studie von zwei Ruder-
booten zur Grenouillicre und einem grossen Figuren-
bild „Kind in der Wiege mit Wärterin" aus dem Jahre
1867, das Monets ältesten Sohn darstellen soll. Die
beiden letztgenannten Bilder befinden sich in der
Sammlung der Frau Meta Schütte. Zwei Bilder von
Pissaro und eine besonders schöne Flusslandschaft von
Sisley zeigen den französischen Landschaftsimpressio-
nismus von seiner besten Seite, ein Mädchenkopf

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