Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
U « Ö JO CT


•••* 18 6 7, r

s die Leute dcjtiei deniren!

Dari man drn Virnich«» to* ni*i fagcn

denkt: Adieu Prestigel ER bin ich nicht mehr! Er ist ER!

Franlrtich

denkt: Aus Königgrätz schmeckt keine Weltausstellung! Wir haben die dort
auSgetheiltm Hiebe vielleicht noch mehr gefühlt, als das daran gewöhnte

England

dmkt: Komme was da — Eisen, Kohlen, Baum — wolle!

Pius und Compagnie

denken: Unser Fallissement verdanken wir doch nur dm langen Sichten der
Firma Dreysc, Moltke et Comp.

Rußland

dmkt: Ein Riese mit thöncrnen Füßen kann cinmZwerg mit assen-
ähnlicher Geschwindigkeit auch nicht mehr ganz — übersehen!

Dir Spanische Camarilla

denkt: Durch dm Beichtvater der Königin — Eanalisation, und durch die
Maitresse des Königs — Abfuhr!

Die Lesterreichcr

dmken: Denken — daS ist nicht unsere Sache! Aber schlimmer kann'S
nicht werdm, also nur besser!

dmkt: Ehrcn'Psordten hin, Ehren-Psordten her — wenn man nur
mit Ehren fort kommt!

Darmstadl

dmkt: Mag wer da will für eigmc Rechnung und Gcsahr Europäische Politik
Ireibm — ich spiele nicht mehr mit!

Die Depoffedirten

dmkm: Ach, die langen Winterabende!

Tic Hohe Pforte

denkt: Ich möchte auch hinterladcn; aber mein „kranker Mann"
leidet'S nicht!

dmkm: Bon der
n wohl geheilt '

Sehnsucht nach Oesterreichischm Erzherzogen i

denkt: Wen» ich verbreiten lasse, daß ich eine Armee zur Wiedereroberunz
meines Landes in England organisire, so (allen die nach London verlockten
Hannoveraner den Werbern für Mexico in die Hände, verstärken die Armee
Maximilians, der dadurch Kaiser von Amerika wird und mir —
Preußen vernichten Hilst!

Herr von Brust

denkt: Ich habe einmal gesagt: „DaS Deutsche Lied ist eine Macht!"
Singen wir also vorläufig: „Noch ist Polen nicht verloren!"

Dir Annectirlen

denken: Wie lange noch?

Die Wickelsraucn

denken: Wenn nur die Kinder nicht nächstens noch mit Zündiiadel» auf die
Well kommen!

Die Bcrliorr

denken: Berlin wird Wellstadt! Wenn nur — die Droschkenthüren
besser aufgingen!

Tie Photographen

denken: Bismarck, Moltke, Roon abgejetzl — in 500,000 Exemplaren k
Was kcmint denn nanu?

Die Zischet

dmken: Also darf man für seine drei Thaler nicht einmal mehr — der Clague
Ruhe gebieten? Das Jahr 1867 sängt gut an!

Zlsadderadntsch.

x Anö der großen Kinderstube.^

Europa ries, als wiederum ein Jahr
Zur Neige ging, zu ihrmi Throne
Al? ihre Kinder; als ui» sie die Schaar
Versammelt war, sprach sic in ernstem Tone:
Ihr Kinder, hört! Ich möchte gern ein Wort
Der Mahnung an euch Alle richten.

Was sinnt ihr immerdar aus Kamps und Mord,
Und strebt, einander zu vernichtm?

Könnt ihr nicht einmal still sein? Kann denn nie
Das Eine sich dein Ander» fügen?

Säh' ich doch einiiial nur, daß Alle, die
Mein Schcoß geboren, stiedlich sich vertrüge»!

Frankreich, voll Eifersucht und Neid
Siehst du den Nachban, Ruhm gewinnen!
Bezähme deine Eitelkeit
Und richte deinen Blick »ach innen!

Wo ist die Zeit, als eine Lmchtc schien
Dein Wort jeLwedein Volk aus Erdm?

Jetzt ist dein eisrigstes Bemüh»,

Wo möglich — SEINER werth zu werdm!

England, ich sag' dir's offen, mir gefällt
Seit cin'ger Zeit nicht mehr dein Lebmswandel;
Du hast für nichts mehr Sinn als für das Geld,
Und alt' dein Handeln dreht sich um dm Handel.
Allmächtig dünkst du dich — »imin dich in Acht,

Daß dich die Selbstsucht nicht verblende!

Eh' du noch warst, sah ich schon manche Macht
Gleich dir erblühn und — iah ihr Ende!

Rußland, ich weiß, wohin du zielst:

Willst dich an Bildung mit den Schwestern messen.
Dir geht ein Helles Licht aus, und du suhlst
Nicht »ichr den Trieb — es auszuessen.

So fahre fort und lern', was nützlich ist!

Ich möchte gern was Rechtes aus dir machen;
Doch eh' d» nicht noch sehr viel weiter bist,
Misch' dich nicht ein in sremdcr Leute Sachen.

Oe streich, ich sch' dich trauernd und gebeugt,
Noch blutend aus unzähl'gm Wunocn:

Dein Stem, der einst so hell erglänzte, neigt
Sich nieder — säst ist er verschwunden.

Wo suchst du Hilsc? Nur des Geistes Krast,

Der frei und ledig aller Kcttm,

Des Fleißes Hand nur, welche rastlos schafft —
DaS sind die Aerzte, dich zu rettm.

Borussia, wie so stolz! Ich gratulir'!

Du hast dir brav geholsm durchs Gedränge.

Doch hör einmal, im eignm Haus bei dir
Siebt es noch gar zu dürftig aus und enge,
i Du kannst cs ja, von dir nur hängt es ab,

Jetzt hinter Keinem mehr zunickzubleibm;

Gib aus dein Jnnres was, sei nicht so knapp!'
Du mußt jetzt wirklich etivaS Luxus treiben!

Stalin, du hast viel Glück gehabt
In, Unglück selbst: frei bist du deiner Bande.
Dich hat Natur wie sonst kein Land begabt —
Jetzt halt' dich brav und mach' mir keine Schande!
Und all' ihr Kleinen, die mein Aug' hier sieht.
Seid still und klug, laßt nicht z»»> Uebmnuthe
Verlocken euch, sonst — wißt ihr, was geschieht!
Doch brauch' ich ungem nur die Rutbe.

Ja, Kinder, glaubt'S, ich Hab siünvahc genug
Gejehn von Mmschm-Kunst und Leben,

Seit Zeus als Stier durchs blaue Waffer trug
Die Jungfrau, die dm Namen mir gegeben.
Stcigm und fallen sah ich manch Geschlecht;
Doch keinen bcffem Rath als diesen sänd' ich:

Ihr Mächtigen, seid mäßig und gerecht!
Gehorchmde, denkt billig und verständig!

Europa sprach'S, und durch der Kinder Schaar
Ging sie hinaus mit niajestät'schmi Gange;

Und als sie ebm aus der Thüre war,

War Alles mäuschenstill und blicb's — wie lange?

Kladderadatsch.
 
Annotationen