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3ir. 10.

Berlin, den 3. März 1807.

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Lyrischer


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«Imleiclende!

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Mo»Iaü. den 4. März.
Waldcck. ruck, ruck, ruck an meine grüne
Ich hält' dich gar ju gern, ich mag dich

Dienstag» den 5. März.

Gera, guck, guck, guck mir in die grünen
Denn das Alleinsein thul^dir gar «ix

Mittwoch, den 6. März.

Braunschweig, schau, schau, schau, wie
meine Pulse stiegen

Für dich so warm und schnell — ich muß
dich kriegen!

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XX. Jahrgang.

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TU unfcO-lfafEiiber.

Donnerstag, den 7. März.

Lippe, bau, bau, bau aus meine treuen
Sinnen;

Verlieren kannst du nix, kannst nur ge.
winnen.

Freitag, den 8. März.
Coburg, bitt', bitt', bin', besinn' dich
nicht zu lange;

Dir wird sonst vor dir selbst am End'
noch bange!

Sonnabend, den g. März.
Rostock, tritt, tritt, tritt in meines Zolles
Schranken;

Ich geb' dir gern dasür srei — die Ge
danke»!

Kladderadatsch.

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Humoriflisch-sa1yrische5 Wodjeiiöfatt.

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage,
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se von Erfurt

. Stolze & Co. i n Erfurt

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ilcn-Extract

Die Carncvalsnacht eines Staatsmannes.

(Frei nach Jean Panl.)

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fein hagerer bleicher Mann stand in einer Carncvalsnacht des Jahres 1867 am Fenster und schaute mit dem Blick banger
Verzweiflung aus zum unbeweglichen Sternenhimmel und herab ans die rcliiüirlc Karte von Deutschland, auf welcher jetzt Niemand so rcducirt,
so freudcuarm und srcundlos schien als Er. Denn sein Untergang stand nahe bei Ihm. Er war bedeckt, nicht mit dem frischen Grün
des Lorbeers, sondern mit dem grauen Löschpapier widerrufener SiegeSbulletins; und aus der reichen herrlichen Geschichte
des Deutschen Bundes trug Er nichts davon als coiistitutioncllc Jrrthiimer, parlamentarische Niederlagen, inneren Düppel, einen
geleerten Staatsschatz, eine verödete Börse, eine Brust voll Galle und ein Her; voll Gist.

Die schönen Tage seiner politischen Jugend lehrte» heut als Gespenster zurück und zogen ihn wieder vor den holden Morgen
des 14. Juni, an welchem der Bundestag Ihn zuerst ans den Scheideweg des Lebens stellte, der rechts auf der Sonnenbahn der
Tugend in ein weites ruhiges Land voll heroischer Entsagung, Kaiserlich Königlicher Dankbarkeit und Bcust-Pfordtcn'scher Sym-
pathien, links aber in die labyrinthischcn Maulwurfsgänge der Kriegsoperationcn, in eine schwarze Höhle voll gefährlicher Zufälle,
versagender Zündnadelgewehrc und geschlagener Armeen führt.

Ach! Er hatte gewählt! Er halte bei Königgrätz den Kürzeren gezogen. An Haupt und Gliedern schmerzten Ihn die
wuchtigen Streiche des Kampfesriesen Bcncdek, und auf der Zunge spürte Er die bitteren Wermuthslropfcn süddeutschen Hohnes
ob seiner Niederlage.

Verzweifelnd und mit unaussprechlichem Gram rief Er: „Bencdck, gib mir meine Legionen wieder! Gib mir die alte
Sachlage zurück, Savigny! Laß mich wieder cintrctcn in den Eschenheimer Gassevtempel! Laß mich, Schicksal, o laß mich
»och einmal auf dem Scheideweg, und Ocstcrrcichische MctalligucS aus 83'/« stehen!"

Aber umsonst! Mit des ehrwürdigen Deutschen Bundes Geduld war es längst zu Ende. Er hatte sic allzu stark
hcrausgcsordcrt.

Er sah Irrlichter auf den Sümpfen der Hasenhaide tanzen und in den Sandstcppcn der Panke erlöschen, und er sprach:
..Das sind Klcist-Rctzow's Ideen zur Rettung des Vaterlandes!" — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen, im Falle
schimmern und aus der Erde zerrinnen. „Das ist die voreilig und vergebens geschlagene Sicgcsmcdaille!" — weinte sein blutendes
Herz, und die Schlangcnzähnc der Reue gruben sich immer tiefer in dasselbe ein.

Tic lodernde Phantasie der Neuen Frankfurter Zeitung zeigte Ihm wehklagende Nachtwächter auf den Firsten der
Dächer mit den Posaunen des jüngsten Gerichts, und die Wiener Presse hob drohend ihren Bengel gegen Ihn auf, Ihn zu zer-
 
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