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Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt — 43.1890

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Hefte 1-4, Januar 1890
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CCrr Aus öcn Heftern eines Keheimraths. /cX)

I. Trüge Siliiefferßetrachtung.

Wehmuthvoll entlock' ich heule meiner Leier Klagetöne,

Ach, aufs Neue steige» alle Mieihen, Tages-, Arbeilslöhne.

Täglich in den Blättern finde ich mit schmerzlicher Erregung
Vorverfamnilung, Streike, Streike, immer neue Lohnbewegung,

Und was ist davon die Folge? Um ein Sechstel, Viertel, Drittel
Steigen gleich im Preis Petroleum, Holz und Kohlen, Lebensmittel.
Voller Kummer seh' ich wieder sich den Jahresring erneuern,

Denn aufs Neue wird das Leben ganz erheblich sich veitheuern.
Doch wie ringsumher die Preise rasend In die Höhe gehen,

Mein Gehalt, es bleibt hartnäckig auf derselben Stufe stehen.

Wird nun mehr stets auSgcgeben, aber nicht mehr eingenommen,
Jslls genau, als hält' ich Ivieder etwas weniger bekommen.

Und vorläufig constatire knirschend ich und voll Bestürzung
Für daS nächste Jahr dreihunderlsünfzig Mail Gehaltsverkürzung.

2. Mich fies 3leptn|enfnfionsfrie6e6.

Entsetzlich, nein, nein!

Muß wirklich es sein?
Erfordert wahrhaftig —

So [rage mit Kraft ich —
Die Ehre des Standes,

Die Wohlfahrt des Landes,
Die Stellung, der Name,

So theure Reclame?

O Reputation,
Repräsentation,

Das ist nun dein Fluch!

So treibl's denn der Krug
So lang, bis er bricht.
Entsetzliche Pflicht!

Nichts Aergres im Leben,
Als Feste zu geben!

An jeglichem Tage
Mit Schreck Überschläge
Ich sämmtliche Posten,

Was wird es nur kostenl?
Die Feurung, das Licht
Fällt schwer ins Gewicht,
Noch schwerer das Futter,
Die Schlackwurst, die Butter,

Die Schüsseln voll Klopses,

Die Rollen des Mopses,

Die Brötchen mit Käschen,

Die fälschlichen Häschen,

Die fetten Bücklinge
Und sonstigen Dinge,

Als Spickaal und Eier.

Ach Himmel, wie thener
Ist jetzo der Schinken!

Und nun erst das Trinke»!

Da gilt's zu bestellen
Den Cognac, den Hellen:

Da trinkt bi« zum Platzen
Man Hofer des Patze»:

Da strömt der Bordeaux,

Als hält' man's nur so.

Dann gilt'S, noch sechs Wochen
Zu nagen die Knochen,

Den Beutel zu schonen,

Soll das sich wohl lohnen?
Ganz krumm dann zu liegen,
Ist das ein Vergnügen?

Ich dächte doch, nein.

Aber ach, es muß sein!

Geheimrath Müller, der mein Vordermann,
Ist gestern sactisch decoriret worden.

O holdes Traumbild, sehnsuchtsvoll erstrebt,
Ob ich dich wirklich einmal greifbar sasie?

Vor meinen wonnetrunknen Blicken schwebt
Der roihe Adlerorden vierter Klaffe.

ES klingt ganz entsetzlich und außer dem Tact
So wild auS dem Hinteren Zimmer;

Das ist meine Fünfte, den Czerny sie hackt —

Ach, käme doch morgen der Stimmer!

Ich halt's nicht mehr aus, und ich frage ergrimmt,
Jndeß mir die Nerven erbeben,

Warum denn die Ada Klavierstund« nimmt,
Anstatt lieber solche zu geben?

5. Znt wort.

Aha! Also doch! Na, ich dachte es mir,

Die 91 b a — das ist es ja eben,

Lernt dariim mit furchtbarer Verve Klavier,

Um später selbst Stunden zu geben.

Doch wehe, mir weissagt mein skeptisch Gemüth,
Nicht« bringt »ns d,e Tastenbeschinutziing:

Die einzige Nutzung, die daraus erblüht,

Ist die Pianinoabnutzung.

ü. Das grohe glück.

Ein solches Glück ivie das heutige Glück
Passirte mir nicht seit Jahren:

Heul bin ich mit Excellenz ein Stück.

Aus dem Tram zusammen gefahren.

Die Excellenz sahen prachtvoll auS,

Sie blühten wie eine Rose,

Braun ivar der Wolfspelz, der Schnurrbart kraus,
Modern gestreift ivar die Hose.

3. Zn mein Nnopstoch.

Wie schaust du mich so leer und öde an,

Mit Schwermuth grüßt mich dein gesäumtes Rändchen,

Ach, daß ich dir nicht einverleiben kann

Den kleinsten Vogel, nicht das kleinste Bändchen!

Geheime süße Ahnung rührt mich an,

Am Ende kriegst du doch noch einen Orden.

So dies und jenes Merkmal, man kennt's
Und versteht in den Mienen zu lesen:

Noch niemals waren die Excellenz
So liebenswürdig gewesen.

Sie drückten zum Abschied die Hand mir so warm
Und lächelten, ach, so gnädig-

Ich habe sechs Töchter, daß Gott erbarui,
Und Excellenz sind noch ledig.

Deutsche

Miliiairilieitji-

llerMermiM-Niijsall

in Hannover.

Zweck: Wesentliche Verniinderung der

Koste» des ein- wie drestährigen Dienstes,
Unterstützung von Berufssoldaten, Versorgung
von Juvalidcu, Ncscrvistcii-Uebuiigs- bezw
Kriegsdienst Eutschävigliug. Rur Knaven
unter 12 Jahren finden Ausnahme. Ver-
sicheiung in den erste» Lebensjahren am vor-
ihkithasleslen. Von 1878 bis Ende 1889
N'Uidcn versichert 147 OOO Knabe» mit
100 000 000 Mk Eine so große Betheili-
gung hat nie e,n Deutsches Versicherungs-
Institut gesunden. — Prospccle versenden kosten-
frei die Direktion und die Vertreter.

Violinen.
 
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