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Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt — 43.1890

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Hefte 29-32, Juli 1890
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https://doi.org/10.11588/diglit.2271#0269
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Hc. 29.

fierltn, den 6. Juli 1890.

JüorfienRnfcnifcE.

Montag, den 7. Anti.

Wie verändert ist die Lage
Ter ReichShauplsladt! ES genügt
Zur Kennzeichnung dieser Tage,

Daß Berlin bei Pankow liegt.

Dienstag, den 8. Anti.

Wo bisher die kleine Pauke.

Spärlich floß durch das Revier.

Wenig eignend sich zum Tranke.

Fließt in Strömen heur das Bier

Mittwoch, den 9. Anti.

An Vergnügen ist kein Mangel
Für das Aug' und für das Oyr.
Carrousscl und Tingeltangel.

Fetlweib. Nies' und Zw.-rg und Mohr!

fDotflcnHafemfer.

Donnerstag, den 1«. Sufi.

Deutsche Schlitzen, fremde Gäste.

Die ihr kam't selbst übers Meer. -
Mög'S euch wohl sein auf dem Feste!
Trinkt die vollen Becher leer!

Freitag, den 11. Sufi.

Laßt erschallen srohe Lieder!

Vivant Freiheit, Licht und Recht!

Alle Menschen werden Brüder.

Wo man schießt und singt und zecht.

Sonnavend, den 12. Aufi.

Ach. schon geht das Fest zu Ende.

Das so herrlich war und schön.

Nun zum Abschied reicht die Händel
Noch ei» GlaS — auf Wiedersehn!

Kladderadatsch.

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Bs zog vom Lchwabenlande

Freiherr von Münch zur Spree;
Nicht ahnt' er, das; in Schande
Cr kam' und bittres Weh.

Leicht war seinSinn und hol; seinMnth,
Erst fünfundzwanzig Lahre
War alt das junge DIut.

Doch als auf die Tribüne
Cr kecklich sich gewagt,

Da ward das Her;, das kühne,
Urplötzlich ihm verzagt;

Zwei Worte sprach er inhaltsschwer,
Die Worte „Meine Herren!"

Drauf kam nichts weiter mehr.

Doch kam mit dem Getränke
Der Lüngling auch nicht weit,

Dald stimmten alle Danke
Ein in die Heiterkeit;

Noch manchmal rief er ins Gebraus
Wehmüthig: „Meine Herren!"

Da war die Nede aus.

Wohl riethen ihm zu schweigeir
Die Freunde Mann für Mann,

Cr aber rief: „Zn zeigen
Verlangt mich, was ich kann!
Dreitausend Mark Hab' ich für Dier
Gezahlt im heisien Wahlkampf,

Letzt will ich reden hier!"

Cin Glas mit klarem Master
Ersah der junge Held,

Das sich der Ludenhaster
Von Liebermann bestellt;

Cr nahm Las Glas und trank es leer,
Da schallte lautes „Dravo!"

Lm L'aale rings umher.

Die Sache thät verdriefzen
Die Herrn vom Schwabenbund.
Aus ihrer Mitte stiesien.

Den Lüngling sie zur Stund.

Will sich in künft'gen Tagen nun
Der Herr von Münch blamiren,
Musi er's als Wilder thun.

Da sprach mauch alter Schwabe
Am Neckar: „Necht geschehn
Lst ihm! Was braucht der Knabe
Denn nach Derlin zu gehn?
Warum begibt sich in Gefahr
Der Thor, der alt geworden
Lust fünfundzwanzig Lahr!

Cs kommt mit vierzig Lahren
Der Schivab' erst zu Verstand,
Am Freiherrn hat's erfahren
Letzt wieder mal das Land.
Hat dieses Älter er erreicht,
So mag er wieder reden,

Dann glückt es ihm vielleicht!"


Kladderadatsch.
 
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