Hörner, Ohren und Schwanz kennzeichnen, elastisch über den Boden hin, wie von dem selbsterfun-
denen Tacte fortgetragen und ganz hingegeben an die Lust der rhythmischen Bewegung. Man
hört ordentlich, wie er selbstvergessen und trunken auf und ab walzt und dazu ein Liedchen
vor sich hersummt, als wollte er zeigen, wie man’s machen soll: er schmunzelt behaglich,
seine Augen leuchten vor hellem Vergnügen.
(3) Der trunkene Satyr (Fauno
linken Arm auf einen Schlauch gestützt, über
briaco), halb sitzend und halb liegend, mit'äem
den eine Löwenhaut geworfen ist, und mit den
Fingern seiner rechten Hand der ganzen Welt ein Schnippchen schlagend, als wollte er dem Erden-
pilger zurufen — iss, trink und amüsire dich, alles übrige ist Schwindel und nicht so viel
werth (Reliqua ne digitorum quidem strepitu digna sunt)! Das war die Devise Sardanapal’s, die
auf seinem Grabstein geschrieben stand. Das Schnippchen (Crepitus) wird durch eine Reibung
der Spitze des Daumens am
Mittelfinger hervorgebracht, es
war im allgemeinen ein Aus-
druck der Gleichgiltigkeit und
der Verachtung, andere Male
diente es dazu, die Aufmerk-
samkeit zu erregen und nament-
lich einen Sclaven herbeizurufen,
genau so wie man im Orient
dem Diener mit den Händen
zu klatschen pflegt. Wir selbst
schnipsen gelegentlich einem
Hunde. Der Satyr ist als solcher
nicht nur durch das struppige
Haar, die Hörneransätze, die
Thierohren und die Stumpfnase,
sondern auch durch grosse
Warzen am Halse charakterisirt.
Eine Marmorreplik in der Glyp-
tothek zu München.
(4) Silen als Fuss
eines Gefässes, welches er mit
Silen als Gefässfuss.
aller Macht in die Höhe hält, ge-
funden 1864 zu Pompeji. Das Ge-
stell bildet eine Schlange mit Pal-
metten. Gehört nicht der Kunst,
sondern dem Kunstgewerbe an.
(5) Die Knöchelspie-
lerin Astra-
gali, lateinisch Tali, französisch
osselets, heissen Knöchelchen,
welche in den Gelenken der
Thiere enthalten sind, der Fuss-
wurzelknochen und das Sprung-
bein ; beide Geschlechter brauch-
ten sie im Alterthum und
brauchen sie noch in der Gegen-
wart zum Spielen, wie wir sagen,
zum Knöcheln, wie die Griechen
sagten, zum ’Ä&cQayaXi&iv. Auf
einem Gemälde, das man in
Resina entdeckt hat, sieht man
zwei Mädchen sich damit ver-
gnügen , dass sie die Knöchel
in die Luft werfen und beim Herabfallen auf dem Handrücken auffangen. Bei uns knöcheln
und datscheln die Kinder besonders in der Osterzeit mit den Knöcheln der Osterlämmer. Aber
weder im Alterthume noch jetzt blieb es bei einem einfachen Kinderspiele: man bezeichnete
die Knöchel mit Ziffern und spielte mit ihnen wie mit Würfeln oft um grosse Summen, doch
darf man Knöchel (Tali) und Würfel (Tesserae) nicht verwechseln. Im Weimarischen Regierungs-
blatte vom Jahre 1865, Seite 358 wird das Knöcheln neben dem Würfeln, und Paschen als
Hazardspiel aufgeführt. Zwar pflegen auch die Würfel aus Knochen und Elfenbein hergestellt
zu werden, aber sie haben eine ganz andere Form, nämlich sechs Flächen, während der an den
Seiten abgerundete Knöchel nur vier besitzt, zwei oben und zwei unten. Das Material thut’s
nicht, denn die Knöchel wurden auch in Stein und Bronze nachgemacht, wie man sich in der
Sammlung der kleinen Bronzen überzeugen kann. Also obgenannte vier Flächen der Knöchel wurden
mit Augen oder Zahlen, respective Buchstaben versehen, die beiden einen mit Eins und Sechs,
die andern beiden mit Drei und Vier; Zwei und Fünf markirte man nicht. Jeder der beiden
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denen Tacte fortgetragen und ganz hingegeben an die Lust der rhythmischen Bewegung. Man
hört ordentlich, wie er selbstvergessen und trunken auf und ab walzt und dazu ein Liedchen
vor sich hersummt, als wollte er zeigen, wie man’s machen soll: er schmunzelt behaglich,
seine Augen leuchten vor hellem Vergnügen.
(3) Der trunkene Satyr (Fauno
linken Arm auf einen Schlauch gestützt, über
briaco), halb sitzend und halb liegend, mit'äem
den eine Löwenhaut geworfen ist, und mit den
Fingern seiner rechten Hand der ganzen Welt ein Schnippchen schlagend, als wollte er dem Erden-
pilger zurufen — iss, trink und amüsire dich, alles übrige ist Schwindel und nicht so viel
werth (Reliqua ne digitorum quidem strepitu digna sunt)! Das war die Devise Sardanapal’s, die
auf seinem Grabstein geschrieben stand. Das Schnippchen (Crepitus) wird durch eine Reibung
der Spitze des Daumens am
Mittelfinger hervorgebracht, es
war im allgemeinen ein Aus-
druck der Gleichgiltigkeit und
der Verachtung, andere Male
diente es dazu, die Aufmerk-
samkeit zu erregen und nament-
lich einen Sclaven herbeizurufen,
genau so wie man im Orient
dem Diener mit den Händen
zu klatschen pflegt. Wir selbst
schnipsen gelegentlich einem
Hunde. Der Satyr ist als solcher
nicht nur durch das struppige
Haar, die Hörneransätze, die
Thierohren und die Stumpfnase,
sondern auch durch grosse
Warzen am Halse charakterisirt.
Eine Marmorreplik in der Glyp-
tothek zu München.
(4) Silen als Fuss
eines Gefässes, welches er mit
Silen als Gefässfuss.
aller Macht in die Höhe hält, ge-
funden 1864 zu Pompeji. Das Ge-
stell bildet eine Schlange mit Pal-
metten. Gehört nicht der Kunst,
sondern dem Kunstgewerbe an.
(5) Die Knöchelspie-
lerin Astra-
gali, lateinisch Tali, französisch
osselets, heissen Knöchelchen,
welche in den Gelenken der
Thiere enthalten sind, der Fuss-
wurzelknochen und das Sprung-
bein ; beide Geschlechter brauch-
ten sie im Alterthum und
brauchen sie noch in der Gegen-
wart zum Spielen, wie wir sagen,
zum Knöcheln, wie die Griechen
sagten, zum ’Ä&cQayaXi&iv. Auf
einem Gemälde, das man in
Resina entdeckt hat, sieht man
zwei Mädchen sich damit ver-
gnügen , dass sie die Knöchel
in die Luft werfen und beim Herabfallen auf dem Handrücken auffangen. Bei uns knöcheln
und datscheln die Kinder besonders in der Osterzeit mit den Knöcheln der Osterlämmer. Aber
weder im Alterthume noch jetzt blieb es bei einem einfachen Kinderspiele: man bezeichnete
die Knöchel mit Ziffern und spielte mit ihnen wie mit Würfeln oft um grosse Summen, doch
darf man Knöchel (Tali) und Würfel (Tesserae) nicht verwechseln. Im Weimarischen Regierungs-
blatte vom Jahre 1865, Seite 358 wird das Knöcheln neben dem Würfeln, und Paschen als
Hazardspiel aufgeführt. Zwar pflegen auch die Würfel aus Knochen und Elfenbein hergestellt
zu werden, aber sie haben eine ganz andere Form, nämlich sechs Flächen, während der an den
Seiten abgerundete Knöchel nur vier besitzt, zwei oben und zwei unten. Das Material thut’s
nicht, denn die Knöchel wurden auch in Stein und Bronze nachgemacht, wie man sich in der
Sammlung der kleinen Bronzen überzeugen kann. Also obgenannte vier Flächen der Knöchel wurden
mit Augen oder Zahlen, respective Buchstaben versehen, die beiden einen mit Eins und Sechs,
die andern beiden mit Drei und Vier; Zwei und Fünf markirte man nicht. Jeder der beiden
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