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Kleinpaul, Rudolf; Heinrich Schmidt & Carl Günther [Contr.]
Neapel und seine Umgebung: mit 142 Illustrationen — Leipzig: Heinrich Schmidt & Carl Günther, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.55172#0107
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Werk und ein wahres Wunder der Kunst. Mit- und Nachwelt, sagt Goethe, der das Mosaik kurz
vor seinem Tode kennen lernte, werden nicht hinreichen, es richtig zti commentiren, und, wir
nach auf klärender Betrachtung und Untersuchung immer wieder zur einfachen, reinen Bewunderung
zurückzukehren genöthigt sein.

ZWEITES KAPITEL.

Die Bronzestatuen.

Statuenbronze — der ausruhende Mercur — der tanzende und der trunkene Satyr — die Knöchelspielerin — Narciss
— die Ringer und die sechs Mädchen von Herculanum — Köpfe: Plato, Seneca, Scipio, Berenice — der Pferdekopf,

ein Wahrzeichen der Stadt.

Wenn wir in unserer Zeit von Statuenbronze sprechen, so verstehen wir darunter eine
Legierung von Kupfer mit Zinn und Zink, wohl auch mit Zinn, Zink und Blei; die antike Bronze

bestand nur aus Kupfer
und Zinn. Die Alten
gewannen ihre Bronze
zweifelsohne, indem sie
Gemenge von Zinn- und
Kupfererzen verschmol-
zen, das gewöhnliche Ver-
hältniss war 88 Kupfer
und 12 Zinn. Eine solche
Legierung nannten die
Griechen meist schlecht-
hin XaUös, die Lateiner
Aes; im Mittelalter ent-
stand der Ausdruck Bron-
zium, italienisch Bronzo,
französisch Bronze, letz-
tere beide Masculina,
daher auch wir, die wir
das Wort von den

Romanen entlehnten, cor-
recter der Bronze sagen
würden. Woher der
Ausdruck stamme, ist
eine noch unentschiedene
Streitfrage: die Meisten
leiten ihn von brunitius,
bräunlich, ab; ich schlage
eine andere Deutung vor,
auf die mich eben die
neapolitanische Form des
Wortes bringt. Die Nea-
politaner sagen Avrunzo,
und Avr-un-zo dürfte
so viel wie schlechtes
Gold bedeuten. Die
beiden letzten Silben
könnten Suffixe sein, die
sich oft in pejorativem


Der ausruhende Mercur.

Sinne combiniren, man vergleiche Medic-on-zo-lo, Quacksalber; Avr wäre Aur-urm Gold, aus-
gesprochen wie im Neugriechischen. Aus Avronzo entstand mit Leichtigkeit Vronzo und Bronzo.
Auch Messing wurde Aurichalcum, italienisch Oricalco, das ist, Golderz genannt; und hat nicht die
Legierung ein schönes, goldähnliches Ansehn? — Es ist wahr, dass Bronze selbst wieder typisch für
eine bräunliche Gesichtsfarbe geworden ist, die Franzosen sprechen von einem Teint bronze par
le soleil und die Kunstgeschichte kennt mehrere Maler namens Bronzino. Uebrigens ist die Goldfarbe
nicht das Schönste an unserer Legierung. Den Einflüssen der Witterung ausgesetzt, überzieht
sich die Bronze bald mit einem herrlichen blaugrünen Rost, der mit der Zeit immer glänzender
wird und den Werth des Metalles steigert, daher die Alten eine alte Bronze höher schätzten als
eine frisch gegossene: dieser Rost hiess auf griechisch To? auf lateinisch Aerugo nobilis,
die Italiener nennen ihn das alte Grün {Verde antied} oder die Patina. Je mehr Feuchtigkeit
hinzutreten kann, um so heller wird die Patina; daher sind in unserem Museum die Bronzen aus
Herculanum, wo eine massive Decke darüberlag, mehr schwarzgrün, die aus Pompeji, wo die Decke
leichter war, mehr blaugrün gefärbt.

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