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Kleinpaul, Rudolf; Heinrich Schmidt & Carl Günther [Contr.]
Neapel und seine Umgebung: mit 142 Illustrationen — Leipzig: Heinrich Schmidt & Carl Günther, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.55172#0108
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Aus diesen beiden Städten stammen fast alle Stücke der Sammlung, die in Italien, ja in
Europa nicht ihresgleichen findet. Nicht dass man in Pompeji und Herculanum allein in Bronze
gearbeitet hätte; überall und seit den ältesten Zeiten wurde die Bronze nicht nur zur Anfertigung
von Waffen, Schmuckgegenständen und Münzen, sondern auch von Statuen gebraucht, zum Beispiel
Lysippus bediente sich nur der Bronze. Aber ihres Metallwerthes wegen blieben die Bronzen vor

Barbaren und Einheimischen noch weniger verschont, als Marmorbilder, während sie hier unter Asche

und Lava wohlgeborgen waren. Die erhaltenen Reste gewähren eine deutliche Vorstellung von
der Ausdehnung und Vollendung des antiken Bronzegusses; einige darunter gehören zu den

schönsten Bildwerken des
zuerst einen Kern, trug
darauf eine Wachsschicht,
welche der Stärke der
späteren Metallschicht
entsprach, arbeitete in
dem Wachs das Modell
vollständig aus, überzog
dann das Wachs allmäh-
lich mit einer starken
Schicht von Zierlehm, be-
deckte diesen mit gröbe-
rem Lehm und umzog das
Ganze mit eisernen Ankern
und Bändern, um ihm
Festigkeit zu geben. Nach-
dem das Stück ausge-
trocknet war, wurde das
Wachs durch Feuer aus-
geschmolzen, und der Kern
stand nun, durch Anker
mit der Form verbunden,
in derselben frei da, den
leeren Raum für das
Metall offen lassend. Nach
dem Giessen und Erkal-
ten zerschlug man die
Form, sägte die Anker
Gegend der Knöchel (Zh/z)

Alterthums. Sie sind stückweise und


hohl gegossen: man formte
ab und ciselirte die Figur.
In dieser Art wurde noch
der Schlütersche Kurfürst
in Berlin gegossen.
(i) Der ausruhende
M e r c u r (Me r cur io
in riposof in natürli-
cher Grösse, nach Winckel-
mann die schönste Bronze-
statue der Welt, gefunden
in Herculanum, aus der
Zeit und Schule des Ly-
sippus (330 v. Chr.j. Der
vielbeschäftigte flinke Göt-
terbote, der die Luft nach
allen Richtungen hin
durcheilt, hat sich einen
Augenblick auf einen Fels-
block gesetzt, um zu ver-
schnaufen, aber er hängt
gleichsam nur auf seinem
Sitz, er wird sich gleich
wieder davon abschnellen
und anderswohin begeben.
Er ist nackt bis auf die

Der tanzende Satyr. geflügelten Sandalen, die,
weil die Flügel in der
stehn, Calceamenta Talar za, auf griechisch niMa genannt werden.

Streng genommen sind es gar keine Sandalen, sondern nur Flügel, die er trägt, denn die Sohlen

fehlen; ja, er könnte nicht einmal gut auftreten, weil die Haften der Riemen, mit welchen die
Flügel befestigt sind, eine flache Rosette bilden und gerade unter der Fufssohle stehn. Er kann
eben nur fliegen; wie Ariel trinkt er im Flug die Luft und ist zurück, eh zweimal euer
Puls schlägt.

(2) der tanzende Satyr oder schlechthin il Fauna, gefunden 1831 zu Pompeji im Atrium
der nach ihm benannten Casa del Fauno, in der Mitte des Bassins oder des Impluviums (in dem-
selben Hause war die Alexanderschlacht); Pendant zu der Marmorstatue eines tanzenden Satyrs
in der Villa Borghese. Begeistert und mit den Fingern schnippend, schwebt der alte Halbbock, den

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