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iſt allgemein bekannt unter dem Namen „Disputa“ (Auseinanderſetzung); man
hat nämlich in einer Auseinanderſetzung der Theologen über das Altarsſakrament
den eigentlichen Inhalt der Darſtellung finden wollen. Tatſächlich aber iſt die
auf einem Altar aufgeſtellte Monſtranz mit der Hoſtie nur das Bindeglied zwiſchen
der oberen und der unteren Hälfte des Bildes. Oben nämlich erſcheint der drei-
einige Gott in der Herrlichkeit des Himmels; unten iſt um den Leib des Herrn
in Brotesgeſtalt die Kirche auf Erden verſammelt.

In einem goldenen Lichtmeer von plaſtiſch aufgeſetzten Strahlen und glitzern-
den Pünktchen zeigt ſich zu oberſt, von endloſen Engelreigen umſchwebt, Gott-
Vater, die Weltkugel in der Linken, die Rechte ſegnend erhoben, mit einem Haupt,
wie es machtvoller niemals erſonnen worden iſt (Abb. 62). Darunter ſitzt in
einem Strahlenſchein, den Cherubimköpfe umringen, Chriſtus auf den Wolken,
mit einem himmelsſchönen Antlitz voll ungemeſſener Liebe, und hebt beide Hände
empor, um die Wundenmale zu zeigen (Abb. 66); neben dem Erlöſer ſitzen, wie
am Tage des Gerichts, Maria und Johannes der Täufer, jene um Gnade für
das Menſchengeſchlecht bittend, dieſer mit finſteren Blicken Gerechtigkeit herab-
rufend; auf einer tieferen Wolkenſchicht, die von Cherubimköpfen getragen wird,
reihen ſich die Auserwählten im Halbkreis an, Heilige des Alten und des —
Bundes in ſcharf charakteriſierten Prachtgeſtalten. Unterhalb des Erlöſers ſchwebt
die Taube des Heiligen Geiſtes herab zur Erde, von Engeln begleitet, welche
die aufgeſchlagenen Bücher der vier Evangelien tragen. Das alles war ſchon
hundertmal gemalt worden, und Raffael hielt ſich in allen Dingen getreu an den
kirchlichen Gebrauch; noch niemals aber war es in ſolche. Formen gekleidet und
ſo gemalt worden, wie er es tat.

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