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unternahm, den Leichnam der Stadt zum Leben zurückzurufen, iſt der Inhalt
dieſes Gedichts. Ein unzeitiger Aderlaß beſchleunigle den Verlauf der Krankheit,
die nur wenige Tage dauerte. Raffael bereitete ſich auf den Tod vor und ordnete
Alle ſeine Angelegenheiten aufs ſorgfältigſte. Am Karfreitag (6. Aprih des
Jahres 1520 verſchied er. Er hatte die Schwelle des reifen Mannesalters noch
nicht erreicht und hatte doch eine Tätigkeit hinter ſich, wie ſie ſo reich kaum
jemals einem Künſtler im Lauf eines langen Menſchenlebens beſchieden geweſen iſt.

Ganz Rom ſprach von nichts anderem als von Raffaels Tod, man erzählte
ſich, daß der Vatikaniſche Palaſt in der Nacht ſeines Hinfcheidens Riſſe bekommen
habe und den Einſturz drohe. Der Schmerz war allgemein; denn jeder, der
ihm nahe geſtanden, hatte den Liebenswürdigen geliebt. Der Papſt weinte bitter-
lich, und die fremden Geſandten ſchickten ihren Herren ausführliche Verichte über
den Trauerfall. Die Leiche wurde in der Werkſtatt aufgebahrt, zu ihren Häupten
ſtand das Gemälde der Verklärung Chriſti. Als Begräbnisplatz hatte Raffael
ſich das ſchönſte Gebäude Roms, das beſterhaltene Baudenkmal des Altertums
ausgewählt: das Pantheon. Nach ſeinem Vermächtnis führte der Bildhauer
Lorenzetto ein Maxmorſtandbild der Madonna aus, das zwiſchen den Porphyr-
ſäulen eines der ſchönen alten Tabernakel aufgeſtellt wurde. Daneben wurde
eine einfache Inſchriftplatte in das Marmorgetäfel eingelaſſen, um die Stelle der
Sruft zu bezeichnen. Kardinal Bembo hat die lateiniſche Grabſchrift verfaßt.
Sie enthält nur wenige Zeilen, mit einem Diſtichon als Schluß. Die Schönheit
und Kürze des Ausdruckes läßt ſich durch keine Überſetzung wiedergeben.

„Dem Raffael Sanctius, Johannes' Sohn, aus Urbino,
dem Maler, der über alle hervorragt und mit den Künſtlern des Altertums wetteifert,
deſſen lebenatmende Bilder dich in ihrem Anblick einmütige Verbindung von Natur und
Kunſt erſchauen laſſen.
Der Päpſte Julius II. und Leos X. Ruhm mehrt er durch Werke der Malerei und der
Baukunſt.
Er lebte 37 Jahre, vollkommen, wie ſein Weſen, war das Zeitmaß.
An dem nämlichen Tage, an dem er zur Welt kam, hörte er auf zu ſein,
am achten Tage vor den Iden des April 1520.

*

Hier iſt jener Raffael, von dem Allmutter Natur fürchtete, daß ſie bei ſeinem Leben
beſiegt würde, bei ſeinem Tode ſterben müßte.“

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