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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0025

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Grossherzog Ernst Ludwig

Engländer und Franzosen, haben wohl ge-
wusst, warum sie der ästhetischen Durch-
bildung so ausserordentlichen Wert bei-
massen. Auch ihnen, wie neuerdings den
Amerikanern, galt die bildende Kunst und
vornehmlich die Kunst, in welcher sich die
kulturellen Elemente am stärksten und un-
mittelbarsten zum Ausdrucke bringen, als
ein unersetzliches Mittel zur Stärkung der
werbenden Kraft der Nation. In den grossen
Seestädten zeigt sich nunmehr auch in Deutsch-
land die gleiche Tendenz und man hat dort
Institutionen der verschiedensten Art in An-
regung gebracht, die darauf berechnet sind,
das ästhetische Niveau der gebildeten Volks-
kreise zu heben. Bezeichnender Weise hat
diese Bewegung in Hamburg schon einigen
Aufschwung genommen und es ist daher
kein Zufall, wenn von den Darmstädtern
»Sieben« zwei aus Hamburg stammen. Dass
solche Tendenzen, die in ihrem tiefsten Grunde
auf Machtfragen von nationaler Bedeutung

zurückgehen, sich allmählich in den gebildeten
Kreisen des deutschen Volkes gebieterisch
durchsetzen, ist eine zuverlässige Gewähr für
die Zukunft und breite Entwickelung der
angewandten Kunst. Es wird die Zeit
kommen, wo man einsehen muss, dass eine
Förderung der künstlerischen Kultur gleich-
bedeutend ist mit einer Steigerung der
werbenden Kraft der Nation, In dieser
Perspektive gesehen gewinnt das Unter-
nehmen des Grossherzogs von Hessen eben-
falls eine symptomatische Bedeutung. So
entrollt sich denn auch nach, dieser Seite hin
vor uns ein heller Ausblick in die Ferne
einer grossen schöpferischen Kultur-Ent-
faltung, an deren Anfang sich Grossherzog
Ernst.Ludwig gestellt hat, die vorzubereiten
er eine Schar junger Künstler zu sich berief,
die anzukündigen und einzuleiten er die
Ausstellung auf der Mathilden - Höhe zu
Darmstadt im Jahre 1901 veranstalten hiess.
Georg Fuchs—Darmstadt.

die enTSTEHuns der KansTteR-KOtonie.

Schon bald nachdem der allzufrühe Tod des
Vaters den jungen Fürsten-Sohn plötz-
lich zur Regierung berufen, war es denjenigen,
welche ihm näher standen, bekannt geworden,
dass denselben ernste Pläne beschäftigten,
welche eine künstlerische Gründung bedeut-
samer, neuer Art in der Residenz Darmstadt
zum Ziele hatten und die der hohe Herr auch
Künstlern gegenüber zum Ausdruck brachte,
namentlich dem leider schon in jungen Jahren
dahingeschiedenen genialen Maler und Zeich-
ner Heinz Heim und dem Bildhauer Ludwig
Habich gegenüber. Ein Kenner der eng-

lischen Kunst und der grossen ästhetischen
Bewegung, welche in der Heimat seiner
edlen Mutter zu so ausserordentlichen Er-
gebnissen kultureller Art gelangt war, suchte
er einen Weg, der auch Deutschland, der
insbesondere sein Hessenland zu einer glück-
lichen Entfaltung seiner schöpferischen Keime
und Gaben führen könnte. Er sah ein, dass
die Kunst nicht länger losgelöst vom eigent-
lichen Leben ein Schein-Dasein in Ateliers,
Ausstellungen und Kritiken führen dürfe;
er wollte sie wieder als treibende, allbefruch-
tende Kraft in die Mitte aller höheren Lebens-
 
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