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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0250

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PROF. HANS CHRISTIANSEN.

Gewebter Wand - Teppich.

Berns Chrilficmfen und fein Baus,

bro>

JANS CHRISTIANSEN gehört
* zu den Künstlern, die in uner-
schöpflichem Drang- und mit
grosser Unbekümmertheit in
Fülle schaffen und hervorbringen,
Gutes und Geringes, wie es die Stunde gibt,
und die neben der Liebe und Begeisterung
auch viel strenge Urteile über sich ergehen
lassen müssen. Christiansen's Bedeutung liegt
in der Farbe. Wie hoch oder wie niedrig
man die Gesamt-Summe seiner Wirkungen
veranschlagen mag, eins muss ihm unbe-
stritten bleiben: er war den Deutschen auf
seinem speziellen Gebiet ein grosser Farben-
sinn - Erwecken In diesem beschränkten
Sinne könnte man ihn den Böcklin der De-
koration nennen. Und damit wäre eher zu
wenig als zu viel gesagt. Denn Christiansen
hat, um dies gleich vorweg zu nehmen, in
der Malerei Werke aufzuweisen, landschaft-
liche und symbolische Bilder, die zwar, wie
alles was er schaff^ von hohem dekorativem
Werte sind, die aber durch ihren ebenso hohen
Stimmungs- und Ideen-Gehalt in eine andere
Ordnung gehören, als die rein dekorative
Kunst. Dass er der schönen Farbe den

ai

Vorzug gibt vor der »wahren«, und dass er
gern aus den dumpfen und gebrochenen
Naturtönen den ungebrochenen helltönenden
Klang abstrahiert, hindert ihn nicht, den
Karakter einer Landschaft in seiner Sprache
treu und unverkennbar auszudrücken. Ja
seine Vereinfachung und hochgesteigerte
Idealisierung der Farbe befähigt ihn erst
recht, die besondere Seele und Poesie der
Landschaft in sein Bild zu bringen. Selbst
in einigen Bildnis-Köpfen, deren ich mich
erinnere, leidet die Karakteristik nicht unter
der schmuckhaften Farbigkeit des Ganzen.

Aber nichtsdestoweniger ist Christiansen
vor allem dekorativer Künstler. Als solcher
hat er, in gewissem Sinn, epochemachend
gewirkt. Die Hirth'sche »Jugend« bot ein-
mal auf kurze Zeit dem ganzen künstlerischen
Schaffen Deutschlands mächtige Anregungen.
Die ganze strebende Jugend begeisterte sich
an ihr. Mit Erstaunen sah sie — sie hatte
das längst nicht mehr gewusst — dass man
ein Farben - Künstler sein kann, auch ohne
dass man Ölfarben auf Leinwände bringt.

Damals eroberte sich Christiansen mit
einem Schlag die Herzen. Ein neuer Beitrag
 
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