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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1852 (Nr. 84-94)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1512#0002
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men, dem Dombau-Borstaude vor und ersucht zugleich ergebenst um Auf-
nahme jeues Lufsatzes in das„Kölner Domblatt" zu der Seit, welche dem-
nächst näher festgestellt werden soll.

„Einer hochgefälligst baldigen Descheidung hieruber entgegensehend,
hat die Ehre, mit voller Hochachtung zu zeichnen

„EineS Wohllöblichen Central-Dombau-Vereins-Vorstandes
„gehvrsamstcr 0. Garthe.

„Köln, 19. Januar 1852.

„Vorläufige Anzeige.

„Durch eine gnädige Verfügung Sr. Eminen; deS Herrn CardinalS und
Erzbischofs und de« hohen Dom-Capitel« dahier ist es nunmehr festge-
stellt worden, daß der in allen Ländern und Reichen so derühmt gewor-
deue Faucault'sche Versuch,

durch welche», für Jeden gleich anschaulich, ein directer Beweis für
die Umdrehung der Erde um ihre Achse geliefert worden — hier im hoheu
Domchore — zur Belehrung deS gebildeten Publicums vom Unterzeich-
neten auSgeführt werden darf. Der Gegenstand ist für jeden Denkenden
vom höchsteu Jnteresse, waS sich auf das glanzendste in allen großen
Städten des Jn- und Auslandes durch die massenhaften Zuströmungen
der Wißbegierigen zeigte. wo man diesen Versuch zur Ausführung
brachte. Köln bietet nun durch seinen herrlichen Dom cine Dertlichkeit
zur Anstellung dieses Bersuches dar, wie sie sich schwerlich auf der Erde
haufig wiederfinden möchte, und es kann daselbst ein Pendel von 160
Fuß Höhe, geschützt vor jedem Windzuge, frei aufgehangen, znm Ver-
suche benutzt und von den Zuschauern alles das genau wahrgenommen
werden, was zur Belehrung gehört.

„Der Unterzeichnete glaubt sich indeß nicht mit Anstellung jenes Ver-
suches allein bcgnügen zu dürfen. Er beabsichtigt vielmehr, in einem
Ȋher zu bestimmenden Saale das Lhema:

die Achsendrehung der Erde,

z« besprechen, zu crläutern und dann jenen Hauptversuch im Dome selbst
zum Schlusse beizufügen. Er will in ciner oder höchstens zweiVorlesun-
gen durch eine Reihe gcordneter Erpcrimente alles das zusammendrän-
gen und vcranschaulichen, was den Gegenstand zu einer klaren Uebcrsicht
«nd Einsicht erhebt. Er will vor Allem anstreben, den ganzen Vortrag
populär zu halten, damitWiele und, wie er es sehr wünscht, auch die
Damen sich daran betheiligen mögen.

„Der Zutritt zu diesen Vorlesungen und der Beiwohnung des Haupt-
versuches im Dome würde einem Jeden für den geringen Beitrag von
20 Sgr. gestattet; bei Betheiligung mehrerer Mitglieder derselben Fa-
milie soll eine Ermäßigung de« Preises cintreten, und der Ertrag zum
Besten dcS Dombaue« bestimmt sein. Auch später soll aus der vlei-
benden Einrichtung drr Bersuchs-Lusführung durch den ferneren Besuch
Einheimischer und Fremder der Dombau-Caffe ein namhafter Zuschuß er-
wachsen. Sinn für Kunst haben die Külner von jeher gezeigt, und viel-
fach in fruchtbringender Weise auch für Las materielle Wohl des Ganzen
und Einzelnen; hier bietet sich eine treffliche Gelegenheit, mit ähnlichem
Erfolge auch eincm glänzend gelös'ten Problem Ler Wissenschaft seine
öffentliche Anerkennung zu geben. 0. Garthe."

Der Worstand nimmt diesen Vorschlag dankbar an.

Der Präsident eröffnet Lie Besprechung des Borschlages von Herrn
ProfessorWalter, Ler bereits im letzten Domblatte veröffentlicht wurde.

Professor Walter entwickelte ausführlich seinen Vorschlag. Derselbe
gehe in der Sache dahin: eine Geld-Lotterie von Lrei Millionen Loosen,
daS Loos zu fünf Silbergroschen, einzurichten, so daß von der Gesammt-
summe Ler Einsätze 200,009 lLhaler zu Gewinnen von 50,000, 10,000 biS
100 Lhalern abwärts verwendet würden, die übrige» 300,000 Lhaler dem
Dombau-Fonds zufielen. Zur AuSführung solle ein Lermin von zwei Zah-
ren festgesetzt werden. WaS den Namen beträfe, so könute man daS
Uuternehmen, wie auch in anderen Fällen geschehen, als eine große Col-
lecte zur Vollendung deS Dombaues mit Prämien-Verloosung qualificiren,
wodurch vielleicht die Concession der Staats-Regierung «rleichtert oder
entbehrlich gcmacht und anderen Bedenklichkeiten begegnet würde. Als
Beispiel wieS er darauf hin, daß nach der <ies iriduiisux vom

27. November 1851 eine solche Lotterie, daS Loos zu 1 Franc, zum Bau
einer Kirche zu Loulouse unternommen worden *); eben so nach dem
zoarnel äes vebnts vom 9. L. Mts. zum Bau der Kathedrale zu Melun.
Die Wahrscheinlichkeit des Erfolges hange allerdingS von dem Zusam-
menwirken der Kräfte ab, die dabei thätig sein können und werden.
Diese seien vor Allem die Dombau- und akademischen Dombau-Bereine,
denen in dem Absatz der Loose eine weit leichtere Lhätigkeit zu Lheil
würde, alS in dem Einholen von Geldgeschenken. Ferner sei wesentlich
iu Lnschlag zu driugen, daß die Geringfügigkeit de« Beitrags die Bethei-
ligung der großen Massen, woran es bis jctzt eigentlich gefehlt, in Aus-
sicht stelle. worauf durch die Geistlichen, Schullehrer und Schulen hin-
gewirkt werden könne und würde. Ferner böte der Vorschlag die Mög-
lichkeit dar, durch Deponirung vou Loosen an angemessenen Orten und
durch entsprechende Lffichen auch den reichen Fremdenverkehr und die
Besucher des Dombaues zur Betheiligung heranzuziehen. Es sei auch zu
erwarten, daß bei der Lheilnahme, dcren sich der Dombau in den höheren
und höchsten Kreise» erfreue, von dort auS eine mannigfaltige Fö'rderung
dieseS bei seinem Gelingen die rasche Vollendung deS Dombaue« mit
Einem Mal sichernden Unternehmens ausgehen werde. Nicht minder könne
bei dcm vorauszusetzenden guten Willen die weit verzweigte Lhätigkeit
der für den Dombau sich iuteressirenden Banquierhäuser überauS wirksam

*) Die Ankündigung lautet hier: Cas uourell« loteris a e>e »uloriseo
p»r I, gvnvoraemellt, I» lotori« Tollloll«»illo; I'»lltori»s»isll s etö
äollllöo » I, ville lollloll», »prös I« roeu »»prim« p»r I« co»s«il
Mllllicip»! et p,r 8. 8. I« c»räill,l ä'Astro», »rckeröqlle <le IvlllollS«.
l<» but priacip»! «,t I'scberemeot cko I'oglise 8»i»t-Aubio, dLti« ,ur
<l'»ncioll, cimetiöro», et qui ,,r» I'ull 6», plll, be»ur monumell, reli-
gieoi <1, I» kr»llc«. tzui pourr»,t oe p», cöäer » I'»ttr»it plli,»»llt ck«
oootribller » ua« veurr» ömioemmellt vbrttieon» »t »rtistiqu», ea oeu-
r»»l I, cdsoce ck« xsxoer cent millv kr»nc» pour u, kr»nc! — Rach der
i» derselben Nummer «nthaltenen Ankündigung find dazu 1,200,000
kvvse ausgegebeu.

sei», und es sei dreseS die einzige Form, in welcher noch vom Auslande
eine Beihülfe zu erwirken stehe. Die Leichtigkeit des Bertriebes der Loose
werde bewirke», daß sich während der Ausführung selbst hülfreiche HLnde
regten, woran man jetzt noch nicht dächte, besonders wenn aufden Loosen
selbst in eindringlrchen Worten die Bitte an den Jnhaber auSgedrückt ser,
durch Wort und Lhat das Unternehmeir fördern zu helfen. Der recht
energisch hervorzuhebende Gedanke, daß mrt dem kleinen Beitrage die
Steine zum letzten Giebel emporgehoben würden, werde seirren Reiz nicht
verfehlen, bei Anderen auch der Gedanke an die Möglichkert des Gewin-
nenS eine Auziehungskraft ausüben. Der Erfolg hange von Ler kräf-
tigen Handhabung und der Benutzung des großen Hülfsmittels der Pu-
blicität ab, wo namentlich die Ankündigungen und Loose in drei Sprachen
zu drucken seisn. Die Bedenklichkeit, daß eine Art von Glücksspiel zu Lie-
sem Zwecke benutzt werde, verschwinde gegenüber der Gerirrgfügigkeit deS
Beitrages und neben der Betrachtung, daß Lotterieen zu milde» Zwecken
allgemein üblich, auch schon vom akademischen Dombau-Vereine felbst
gebraucht worden. Die Besorgniß, daß durch das Unternehmen der Er-
folg der bisherigen Lhätigkeit beeinträchtigt würde, erscheine nicht be-
gründet, weil das Publicum desselben und das der Dombau-Vereine
größtentheils ein ganz verschiedeneS sein werde, auch nicht abzusehen sei,
weßhalb diejenigen, welche biS dahin treu zum Dombau gchalten, eS
nicht auch ferner thun würden. Besorge man, daß nicht alle Loose abge-
setzt würden, so könne man für diesen Fall im Plane vorbehalten, daß
dann der ganze Gewinnplan verhältnißmäßig vermindert würde, also z. B.
bei cinem Absatz von nur einer Mrllion Loose dem Dombau noch immer
ein Zuschuß von 100,000 Lhalern verbleibe, was wohl eineS VersucheS
werth sei. Eben so könnte für den Fall, daß noch mehr Loose verlangt
würden, eine verhä'ltnißmäßige Erweiterung des GewinnplaneS vorbe-
halten sein. Wolle man endlich die Unsicherheit des Erfolges entgegen-
stellen, so mö'ge man doch auch die Unsicherheit des gegenwärtigen Zu-
standes in die Gegenwagschale legen, die Schwankungen der Beiträge, die
während der noch erforderlichen langen Rcihe von Jahren unvermeidlich
sci, die Einwirkung einer politischen Krisis u. dergl., wogegen man
aber, wenn das Unterr^M?» gelalkge, mit Einem Mal sicher gestellt sei»
würde. Anderes, namentlich Ler Kostenpuncr, gehöre zur Ausführung
und könne später besprochen werden.

Hr. Lhissen tritt dem Vorschlage entgegen, indem er sich verwahrt,
hiedurch die Achtung vor dem Herrn Antragsteller zu verletzen. Das Un-
ternehmen sei des Dombaues unwürdig und zugleich unzweckmäßig. Un-
würdig, weil der Haupthebel dieser Art von Betheiligung am Baue doch
nur die Gewinnsucht sei, während bisher nur die edelsten Motive unserer
Lhätigkeit zu Grunde gelegen und in diesem Jahre eine neubelebte Reg-
samkeit gezeigt hätten. Es scheine daher sehr gefährlich, dieses edlere
Feld der Lhätigkeit zu verlassen, um auf minder edlem Wege solche zu
gewinnen, die bisher dem besseren Geiste des Unternehmens fremd waren.
Selbst die Gefahr bestehe, daß die bisher aus hö'herem Grunde fließende
Lhätigkert, alsdann bei Manchen diesem unedlen Motive weichen möchte.
Die neueste Erfahrung zeige, wie viel zum Beispiel Ler HirtenbriefSr.
Eminenz zur Wiederbelebung jener edlen Motive vermvcht habe, so daß
die Leichtigkeit klar erscheine, womit bei einem etwaigen Zurückgehen
der Lhätigkeit diese besseren Motive fi'ch wieder beleben und steigern
ließen. Es erscheine doch wohl unpaffend, daß in späteren Zeiten die
Geschichte sagen solle: Den Dom zu Köln,welchen Religion, Kunstsinn und
Patriotismuß nicht zu vollenden vermochten, hat endlich ein Hazardspiel
vollenden müssen! Darum stimme Redner entschieden gege» den Vorschlag.

Da Niemand weiter das Wort begehrt, so theilt der Präsident eineu
Worschlag des eben wegen Unwohlseins abgctretenen Herrn Rolshausen
mit, des Znhaltes:

„Der Vorstand wolle in Berücksichtigung der im letzten Jahre in erfreu-
licher Weise wiederum gesteigerten Lheilnahme an unserem Dombau und
mit dem Ausdrucke der begründete» Hoffnung, daß die freiwilligen Bei-
träge derDombau-Freunde nachhaltig eingehen und sich nochmehren wer-
den, die Errichtung einer, in ihrer Ausführung schwierigen und von der
Genehmigung der Staats-Regierung abhängigen Zahlen-Lotterie zurZeit
unnö'thig erklären und den Beschluß darüberaufunbestimmteZeit vertagen."

Der Präsident theilt die Gründe mit, welche Herrn Rolshauscn bei
Stellung seines Antrages geleitet haben. Antragsteller hält das Unter-
nehmen für schwer ausführbar und glaubt, daß es zur Zeit nicht nöthig
sei, an derartige Mittel zu denken, da sich jetzt gerade noch so viele an-
dere Hülfsquellen zureichender erwiesen. Der Worschlag sei allerdingS
nicht ganz zu verwerfen, sondern nur zu vertagen, bis die unverhoffte
Nothwendigkeit eintrete, an solche Mittel ernstlicher zu denken.

Hr. Zwirner bemerkt in Bezug auf die Aufforderung, den Worschlag
zu vertagen, daß bereits Alles zur Unterstützung und alles Geeignete als
Einspruch gegen das Project vorgebracht worden sei. Die große An-
strengung, mit welcher bisher bei schwankendem Erfolge das Unterneh-
men des Baues im Gange gehalten worden sei, zeige, wie nothwendig
es sei,. fjjr chie Ungewißheit der Zukunft jedes Mittel genau zu beachten,
HuS^nur sich darbiete. Es sei noch gar viel am Dome zu thün und noch
MancheS für dke ZuLunft zu fürchten. Daher möge man diesen Bor-
schlag nicht fo ohne Weiteres abweisen, sondern zusehen, wie man auch
durch ihn bei Zeiten wirken kö'nne, ehe es zu spät sei, den Gefahren der
Zukunft vorzubeugen. Das Religiö's-Schickliche liege dem Ermessen einer
höheren Competenz zur Prüfung vor, nicht dem Vorstande. Die Schwie«
rigkeiten der Ausführung dürfteu nicht abschrecken. Redner stimme gege»
die Vertagung.

Hr. Lhissen bemerkt, daß eS Sache des Vorstandes sei, den Plan mit der
Bergangenheit und mit dem Zwecke deS Domes zu verglcichen. SechS
Jahrhunderte hätten das Unternehmen nur aus edleren Motiven betrach-
tet, dazu passe die »un vorgeschlagene Mitheranziehung der Gewinn-
sucht nicht.

Hr. v. Groote vertheidigt den Walter'fchen Vorschlag gegen deu
Borwurf, daß sein Hauptmotiv die Gewinnsucht sei. Zcder könne sich
an dieser Lotterie aus edeln Motiven betheiligeu, wie man sich auch biS-
her au Verlosungen für den Bau betheiligt habe. Mancher werde sogar
seinen Gewinn dem Dome wiederschenkeu. Ws die Schwierigkeiten uud
Kosten der Siurichtungeu betreffe, so schlage Redner vor, hierzu de» de-
ponirteu Bestand deS Dom-Sroschen» zu verwenden.
 
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