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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1852 (Nr. 84-94)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1512#0011
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nach auf eine Weise suchen, wodurch das Denkmal, welches ihnen gelun-
gen, kunstreichen Vorfahren zu stiften, für die Zukunft gestchert und der
gebildeten Welt im deutschen Waterlande zugänglich bliebe. Dies konnte
nur durch Werkauf an einen unserer Fürsten geschehen, und so kam die
Sammlung im Zahre 1827 i» de» Besttz des großartigsten Kunstbe-
schüHers neuerer Zeit, König Ludwig's von Baiern, der schon als Kron-
prinz vom Jahre 1815 her seine Änfmerksamkeit darauf gerichtet hatte.

Jn München beschäftigte Melchior Boifferöe sich noch mit der Lcitung
und Vollendung des lithographischen Werkes, welches, aus 114 Blättern
bestehend, 1834 mit der 38. Lieferung geschlossen wurde. Dasselbe hat,
wie man weiß, durch die treueste, von Strirner und seinen Genoffen be-
sorgte Nachbildung und fleißigste Äusführimg vermittels verschiedener
Platten sich den Werth und den Ruhm eines der ausgezeichnetsten Pracht-
werke errungen.

Aber neben dieser Beschäftigung wurde Melchior in München schon
1829 zu anderen Kunst-Unternehmunge» hingezogen. Eine neue Ärt von
Glasmalerei, welche damals erfunden wurde, erregte seine ganze
Kheilnahme.

Durch die von Kö'nig Ludwig angeordneten Ärbeiten zur Wiederher-
stellung der verloren gegangen Kunst der Glasmalerei war nicht nur die
alte vollständig wieder entdeckt, sondern noch übertroffen worden — wie
denn die dem Dome von Regensburg, der Kirche der münchener Worstadt
Au und dem Domc von Kö'ln geschenkten Fenster davon die glänzendsten
Beweise geben —, sondern man hatte zugleich auch die Mittel gewonnen,
alle Farben in der grö'ßten Kraft und der zartesten Abstufung mit dem
Pinsel auf ei'ne weiße Lafel aufzutragen, so daß ma» die sonst noth-
wendige ZusammenseHung der verschicdenfarbigen Gläser mit Blei ver-
meiden und alle Forderungen der Kunst unbehindert erfüllen konnte. Da
diese neue Art von Glasmalerei aus technischen Gründen für jede ihrer
Darstellungen stch auf eine Lafel von mäßigem Umfange beschränken
muß, so eignet sie stch nur zu Cabinetsstücken, nicht aber zu großen mo-
numentalen Fenstergcmälden. König Ludwig hatte für seine Zwecke allein
Liese letztereu im Auge; so stand es Melchior und seinem Freunde Ber-
tram frei. auf Versuche einzugehen, ibelche die Vorsteher der kö'niglichen
Glasmaler-Lnstalt, Gärtner und Heß, ihnen in der neuen Art vorschln-
gen. Die Gemälde, die hierauf von der Hand der Maler Wehrsdorfer
«nd Ainmüller zu Stande kamen, übertrafen alle Erwartung. Melchior
wurde dadurch bewogen, mehrere der vorzüglichsten Wilder von der ehe-
mals eigenen Sammlung aussühren zu lassen; weil jedoch die genannten
Maler bald zu sehr für den König in Anspruch genommen wurden, so
ergriff er bereitwillig die Gelegenheit, welche ihm die Begegnung mit
dem schon früher in der Glasmalerei thätigen Maler Vö'rtel aus Dres-
den darbot. Dieser in der lTechnik bereits sehr erfahrene Künstler fand
stch schnell in die neue Art von Glasmalerei, und Melchior beschäftigte
ihn mehrere Jahre, ja, er gewann allmählich ein solches Gefallcn an
der Sache, daß er stch von Vörtel mit allen Erfordernissen nnd Bedin-
gungen der Glasmalerei bekannt machen ließ, die Bereitung der Farben
und Flüsse, namentlich des Goldpurpurs selbst, vornahm und das Bren-
nen der gemalten Glastafeln in einem eigens dazu erbauten Ofen in
seiner Wohnung veranstaltete. Hierbei kam ihm seine frühere Neigung
für Chemie nicht wenig zu Statten.

Der kunststnnige Mann sah auf diese Weise unter seinen Augen nach
und nach eine ncue Sammlung von Gemälden entstehen, die ihre Urbilder
an Kraft und Herrlichkeit Ler Farbe weit übertrafen. Aber je mehr er
sich von der Mannigfaltigkeit Ler Mittel und von Ler Weite des Um-
fangs überzeugte, welche die neus Art der Glasmalerei darbot, desto
mehr fand er stch bewogen, nicht bei der Nachbildung altdeutscher und
niederländischer Gemälde stehen zu bleiben, sondern seine Versuche auch
auf die ältere italienische und die neuere einheimische Kunst auszudchnen.
Vörtel, Joseph Schercr und Sänftle waren ihm dazu behülflich, die
beiden ersten mit dem glücklichsten Erfolge, und es zeigte stch, daß die
Glasmalcrei auch mit gemäßigten, gedämpften Farben eine überaus gün-
stige Wirkung hervorbringen kann, wenn Luft und Licht selbst eine
bedeutende Stelle im Bilde einnehmen. Den schönsten Beweis hiervon geben
unter andern die Glasgemälde nach Rottmann's Anstcht von Reggio, nach
Guido Reni's Himmelfahrt der Jungfrau und nach Raphael's Madonna
di S. Sisto.

Der Beifall, den diese neue Art der Glasmalerei in München erhielt,
führte schr zahlreiche Kunstfreunde in Lie fo ganz eigenthümliche Samm-
lung, welche Melchior Boisseree zugleich mit einer Reihe hoch erhabener
Bildwerke aufgestellt, die sein geist- und erfindungsreicher Freund, Lud-
wig Schwanthaler, nach Gegenständen der christlichen Legende ausgeftthrt
hatte. Go erlebte er mit Bertram die Freude, wenn auch in einem engeren
Kreise, die alte Gastfreundschaft für Kunstgenuß wieder ausüben zu kön-
nen, die sie früher, verbunden mit Sulpiz, in so großcm Maßstabe ge-
pflogen. Aber nicht nur gastfrei, sondern auch hülfreich und freigebig
war unser Freund, besonders gegen junge Künstler, und wo es, wie bei
der Galvanographie, Gelegenheit gab, ein verdienstliches Unternehmen
nachdrücklich zu unterstützen, da blieb er nicht zurück.

Das Jahr 1841 brachte durch Bertrams Hintritt die erste Trennung
für die seit 40 Jahren vereinigten Freunde. Vier Jahre später zogen die
beiden Brüder von München wieder an den Rhein nach Bonn; aber die
Hoffnung, auch in der Heimat dem Gedeihen der Kunst, namentlich dem
Fortbau des kölner Domes, recht folgen zu kö'nnen, sollte ihnen auf Las
traurigste getrübt werden, indem Melchior dort sehr bald einen Schlag-
anfall erlitt, der seine LcbenSkraft und Khätigkeit hemmte. Jedoch ließ
er stch durch dieses Unglück nicht abhalten, den größten Theil seiner Glas-
gcmälde aufzustellen. Ja, er vermehrte dieselben noch mit einer Nachbil-
dung der Giardiniera von Raphael, welche zu dem schönsten Schmucke der
Sammlung gehört. Der jctzt in Stuttgart beschäftigte Joseph Scherer
führte sie in den Jahren 1848 und 1849 meisterhaft aus. Melchior nahm,trotz
der Hemmung, an der er litt, immer noch Lheil an allem, was am Rhein
zur Fö'rderung höherer Kunst geschah; so gewährte es ihm stets eine
wahre Befriedigung, den Dombau in Kö'ln und die Arbeiten von Deger
«nd de» übrigen Malern auf Lem St. Apollinarisberge zu besuchen, und
wie sehr freute er stch noch, als Ainmöller die herrlichen, von Kö'nig
kudwig geschenkten Glasgemälde in den Dom brachte! Den Genuß seiner

Sammlung theilte Melchior auch in seiner letzten Lebenszeit noch immee
freundlichst mit besuchenden Kunstfreunden. Er hö'rte nie auf, alles, wa»
er besaß, als ein Gemeingut zu betrachten, womit er Andern Freude ma-
chen oder nützlich sein konnte!

I» dem Kleeblatt der drei kö'lner Kunstfreunde war Melchior der
rüstigste und werkthätigste, der nach jeder Seite hin aushalf und zusam-
menhielt, wo dnrch Krankheit, wie oft der Fall war, eine Unterbrechung
entstand oder durch Widerstreit der Meinungen Gefahr drohte; ohne
seine Ausdauer, ohne seine, auf die edelste Gestnnung gegründete Selbst-
verläugnung wäre das, was die Freunde gemeinsam und was sie jeder
einzeln geleistet, nicht zu Stande gekommen. Einer ergänzte den Andern,
und Melchior war das vereinigende Band; er war der liebevollste Bru«
der und der treueste Freund. Jedcr, der ihn gekannt, wird seiner einneh-
menden, gefälligen Erscheinung, seines wohlwollenden, sanften Wesens,
seiner ganzen großmüthigen Art, zu sein, gern «nd in Ehren gedenken.

(A. Allg. Atg.)

Cine kölnische Urkunde vom Jahre 1218.

Jn dem durch den gelehrten und verdienstvollen Hrn. M. Guenard zu PariS
herausgegebenen und auf KosteN der französischen Regierung gedruckteu
„Curiuluire <Iv I'e^Ii-e kiotre-vnme" findet sich auch eine Urkunde, wodurch
das Domcapitel zu Kö'ln im Jahre 1216 dem Capitel zu Paris ein kost-
bares Gefäß aus Noth verkaufte. Wohl fragt man: wie konnte das
Erzstift in solchen Rothstand gerathen, daß es ein reiches Kirchengefäß
verkaufen mußte? oder war der Erlös vielleicht schon für den Kirchenbau
bestimmt, der dem damaligen Erzbischofe so sehr am Herzen lag?

Wir theilen die Urkunde selbst hier mit, da das genannte große Ur-
kundenwerk sich wohl nur in wenigen Händen befindet. Einzelnen deut-
schen Historikern ist es vom Ministerium des öffentlichen Unterrichts zw
Paris aufs freundlichste und willfährigste übersandt worden.

0. P. W.

k. vei §rolia Colonisnsis eloelu», omnidus presentos Ii'terss inspee—
tnris, in vomino sslulem. Koverit universits» vsstrs, guoci eontrsttus gui-
äsm intereessit inter espitulum Coloniense et espitulum ksrisisnss, sul»
Iise lorms:

6. msjor in Volonis, «Isesnus et srcdiäiseonus, totumguo espilulum
ssueto Coloniensis eeclesis, universis prssentes literss inspseturis, iu
Ilomino sslutsm. k<overili8 <iuo(I nos, tsm äe spprolisoions reveronrli
pstris L. eleeti nostri, gusm rle eoinmuni sssensu krstrum noskrorum, ven—
riirlimus, pro eviäenti neeessitsts oeelesie nostre, venersdilidus viris es-
pitulo ksrisiensi vss guorirism suroum, eeclesie nostre minus neeesssrium,
Kemmstum sxterius, in morium eslieis. ksctum, eum riuibusäsm Isminis
sureis, ponäeri's cireiter viAinti unius msrclie, pro treoontis soxsgiats li-
dris ksrisiensis monoto eum s nemiuo pius osserrotnr, lieet pudlieo
vonsls s nobis kuisset oxpositum; gusm peeunism integre roeepimus per
msnus k. sddstis 8sncti Victoris ksrisiensis, et in utilitstsm oeelesio
nvstro eonvertimus. kromittimus sutom eiäom espitulo ksrisiensi, nos eos
inäompnes et omnino oonsorvsrs sb omni vieio et eviotione. In eujus rek
testimonium prosentes literss si^i'IIi nostri keoimus imprsssiono roborsrj.
^retum sano Krseio millosimo äueentssimo sexto äeoimo, ot pnbliee reei-
tstum in espitulo oostro, vocstis krstribus noslris, gui oommoäo potersnt
evoesri.

dlos ixitur suprsäicts omnis vots bsbemus; et, esäom spprobsntss, si-
Killi nostri muniminö roborsmus. 4.etum snno inosrnsti Verbi millesimc»
äuoontesimo sexto äseimo.

Der Dom zu Mailand unb seine Ehrenrettung.

(Schluß. - S. Nr. 84 u. 85 d. Bl.)

Aber in dem kö'lner Dome ist doch über den Pfeilern und Bogen noch
etwas mehr vorhanden, als sehr schü'ne Fenster. die dcm mailänder Dome
fast gänzlich mangeln. Es ist im kö'lner Mittelschiffe noch eine sehr
schöne Abwechslung der horizontalen und verticalen Linien über den Bo-
gen, eiii leichtes Spiel von Galerieen und sonstigem Maßwerk. Doch,
wie gesagt, das sind Dinge, die Sie wohl wissen und die ich Jhrer Kunde
sicherlich nicht erst vorhalten darf. Sie waren mir nur ein klein wenig böse,
daß ich den mailänder Dom nicht gehö'rig geschätzt und, wenn Sie die»
auch selbst nicht glaubten, daß das „gebildete Publicum" durch die in
meinem Aufsatze angeführten GrundsäHe, deren Richtigkeit Sie gewiß
nicht bestreiten, irre geführt werden könnte. Und — wer weiß, ob ich
doch nicht am Ende die Abstcht gehabt haben könnte, den mailänder Dom
gerade deßhalb herunter zu setzen, um dadurch den kölner zu heben?
Nein, gewiß nicht. Diese Absicht ließe stch nur schwer aus dem ganzen
Aufsatze herauslesen. Aber dennoch hielten Sie für gut, mich mi't Zahlen
aus dem Felde zu schlagen. Das war eine Weise, die war populär, die
konnte jeder begreifen, uiiL sie ist unumstößlich; da, wo von Zahlen die Rede
ist, müssen auch Zahlen entscheiden. Jch muß gestehen, ste hat auch eini-
ger Maßen auf mich gewirkt. Aber dennoch ist es mir bei dem mailändev
Dome ergangen, wie es fast allen Fremden bei St. Peter in Rom er-
geht, daß man von dem matericllen Umfange erst durch materielles Mes-
sen oder doch durch Vergleiche Gewißheit erlange, die mir vor der Hand
bei meiner ländlichen Einsamkeit nicht zu Gebote stehen. Jch hatte da-
her auch nur de» reinen Kunstwerth beider Werke ins Auge gefaßt, und

^) LnKelbertns cks ^lless.

**) Hr. Guörard bemerkt: Lnviron treuts-six mi!I« kcsncs cko noirs inou-
nsie sctllslle.
 
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