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IX. KATALOG
wenn ausnahmsweise Simson im Rathaus erscheint - wie in Köln um 1360 dann als Held (von
Paulus unter die alttestamentlichen Helden eingereiht: Hebr. 11,32) und nicht als ein Opfer der
Weiberlist (vgl. K. Simon, Abendländische Gerechtigkeitsbilder, Frankfurt a.M. 1948, S. 44ff.,
hier S. 60f. über Cranach; von mir nicht konsultiert: U. Lederle, Gerechtigkeitsdarstellungen in
deutschen und niederländischen Ratshäusern, Diss. Heidelberg 1937).
Die Moral des Bildes «Simson und Delila» (gemäss Richter 16) lautet auf einem Gebäckmo-
del von 1510: «hettestu verswigen dein heim[lich]keit so were dir nit gesehen leid» (F. Arens, in:
Mainzer Zs., LXVI. 1971, S. 117f., Nr. 28. Taf. 30). also: verschwiegen soll man sein, zudem von
der Liebe nicht entwaffnet. In einer Serie von Holzschnitten Hans Burgkmairs gehört «Simson
und Delila» mit folgenden Liebestorheiten zusammen: «David und Bathseba», «Salomos
Götzendienst» und «Aristoteles und Phyllis» (H. Burgkmair. Kat. Augsburg/Stuttgart 1973,
Nr. 112-119: C. Dodgson. in: Jb. d. kgl. preuss. Kunstsammlungen, XVIII. 1897, S. 185f.; RDK,
I, 1937, Sp. 1028ff.). Der Vergleich zwischen «Simson und Delila» und «Herkules bei Omphale»
(vgl. Nr. 473) wie auch zwischen des Simson und des Herkules Löwenkampf (vgl. Nr. 507ff.)
wurde schon von Ambrosius gezogen (Lexikon f. Theol. u. Kirche, IX, 1937, Sp. 158; Lexikon d.
christl. Ikonogr., IV, 1972, Sp. 30f.). Der Apfelbaum, unter dem Simson in den Armen Delilas
ruht, weckt die Erinnerung an den Sündenfall (Apfelbaum ebenso auf den späteren Varianten:
Nr. 472, Abb. 297. und Sotheby-Kat., London. 14. Juni 1961, Nr. 107, mit Abb.); analog der
Apfelbaum bei «Venus und Cupido» 1527: Nr. 570. Das auffällige Rebhuhn-Paar (wie auch das
Schwanen-Paar auf dem See im Hintergrund) ist vermutlich Symbol der Wollust wie bei den
«Quellnymphen» (Nr. 544, Farbtafel 17. u.a.); Bushart meint «Symbol der Wachsamkeit». - Zu
den «Stangenbäumen» vgl. S. 154. Zur leicht dämmrigen Himmelsfärbung vgl. Bemerkungen bei
Nr. 290.
472 Lukas Cranach d. J.
Simson und Delila Abb. 297
Um 1540. Bez. mit Schlange mit liegendem Flügel. Auf Holz. 74,5 X 121 cm.
Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie (1929).
FR. 288e. - M. Raynal, in: Minotaure. III, Nr. 9. Paris 1936. Abb. S. 13 (ohne Kommentar; vgl.
unser Kap. XI, 2). - Weimar 1953. Nr. 69. - G. Rudloff-Hille, Lucas Cranach, Eine Einfüh-
rung .... Dresden 1953. Abb. 27.
Zur zyklischen Verknüpfung mit «David und Bathseba» und anderen Darstellungen der
«Weibermacht» s. Bemerkungen bei Nr. 469, zur Bedeutung des Themas sonst bei Nr. 471.
473 Hans Cranach (Wittenberg um 1513-Bologna 9. Okt. 1537)
Herkules unter den Dienerinnen der Königin Omphale Farbtafel 21, Abb. 349, 350
Bez. mit Schlange und Initialen HC, dat. 1537. Auf Rotbuchenholz. 57,5 X 85 cm.
Lugano-Castagnola. Sammlung Thyssen-Bornemisza.
FR.226. - Schu.II, S. 132. Nr. 415. und III. S. 91. 202-204. - Lindau. S. 295, Anm. - Glaser 1921,
S. 130-132. - R. Heinemann, Stiftung Sammlung Schloss Rohoncz, Kat. I, Lugano 1937. Nr. 102,
Taf. 55. - W. Schade, Die Stellung der Söhne innerhalb der Werkstatt Cranachs (1534-1538), in:
Cranach-Colloquium, Wittenberg 1973, S. 116-118. - Schade 1974, S. 50. 78. Abb. 179.
Vierzeiler (zum Typus solcher humanistischer Titelverse vgl. S. 426ff.) über dem Kopf des
Herkules: «Herculeis manibus dant Lydae pensa puellae / Imperium dominae fert deus ille suae.
/ Sic capit ingentes animos damnosa voluptas / Fortiaque enervat pectora mollis amor.»
Deutsch: «Den Händen des Herkules teilen die lydischen Mädchen Arbeit zu [pensa = Tagesar-
beiten der Wollspinnerinnen, abgewogene Wolle]; die Herrschaft seiner Herrin erduldet jener
Göttliche. So ergreift verderbliche Wollust mächtige Geister, und selbst die tüchtigsten Gemüter
werden von der weichen Liebe entkräftet.» Gezeigt wird also Herkules im Kreis der Dienerinnen
IX. KATALOG
wenn ausnahmsweise Simson im Rathaus erscheint - wie in Köln um 1360 dann als Held (von
Paulus unter die alttestamentlichen Helden eingereiht: Hebr. 11,32) und nicht als ein Opfer der
Weiberlist (vgl. K. Simon, Abendländische Gerechtigkeitsbilder, Frankfurt a.M. 1948, S. 44ff.,
hier S. 60f. über Cranach; von mir nicht konsultiert: U. Lederle, Gerechtigkeitsdarstellungen in
deutschen und niederländischen Ratshäusern, Diss. Heidelberg 1937).
Die Moral des Bildes «Simson und Delila» (gemäss Richter 16) lautet auf einem Gebäckmo-
del von 1510: «hettestu verswigen dein heim[lich]keit so were dir nit gesehen leid» (F. Arens, in:
Mainzer Zs., LXVI. 1971, S. 117f., Nr. 28. Taf. 30). also: verschwiegen soll man sein, zudem von
der Liebe nicht entwaffnet. In einer Serie von Holzschnitten Hans Burgkmairs gehört «Simson
und Delila» mit folgenden Liebestorheiten zusammen: «David und Bathseba», «Salomos
Götzendienst» und «Aristoteles und Phyllis» (H. Burgkmair. Kat. Augsburg/Stuttgart 1973,
Nr. 112-119: C. Dodgson. in: Jb. d. kgl. preuss. Kunstsammlungen, XVIII. 1897, S. 185f.; RDK,
I, 1937, Sp. 1028ff.). Der Vergleich zwischen «Simson und Delila» und «Herkules bei Omphale»
(vgl. Nr. 473) wie auch zwischen des Simson und des Herkules Löwenkampf (vgl. Nr. 507ff.)
wurde schon von Ambrosius gezogen (Lexikon f. Theol. u. Kirche, IX, 1937, Sp. 158; Lexikon d.
christl. Ikonogr., IV, 1972, Sp. 30f.). Der Apfelbaum, unter dem Simson in den Armen Delilas
ruht, weckt die Erinnerung an den Sündenfall (Apfelbaum ebenso auf den späteren Varianten:
Nr. 472, Abb. 297. und Sotheby-Kat., London. 14. Juni 1961, Nr. 107, mit Abb.); analog der
Apfelbaum bei «Venus und Cupido» 1527: Nr. 570. Das auffällige Rebhuhn-Paar (wie auch das
Schwanen-Paar auf dem See im Hintergrund) ist vermutlich Symbol der Wollust wie bei den
«Quellnymphen» (Nr. 544, Farbtafel 17. u.a.); Bushart meint «Symbol der Wachsamkeit». - Zu
den «Stangenbäumen» vgl. S. 154. Zur leicht dämmrigen Himmelsfärbung vgl. Bemerkungen bei
Nr. 290.
472 Lukas Cranach d. J.
Simson und Delila Abb. 297
Um 1540. Bez. mit Schlange mit liegendem Flügel. Auf Holz. 74,5 X 121 cm.
Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie (1929).
FR. 288e. - M. Raynal, in: Minotaure. III, Nr. 9. Paris 1936. Abb. S. 13 (ohne Kommentar; vgl.
unser Kap. XI, 2). - Weimar 1953. Nr. 69. - G. Rudloff-Hille, Lucas Cranach, Eine Einfüh-
rung .... Dresden 1953. Abb. 27.
Zur zyklischen Verknüpfung mit «David und Bathseba» und anderen Darstellungen der
«Weibermacht» s. Bemerkungen bei Nr. 469, zur Bedeutung des Themas sonst bei Nr. 471.
473 Hans Cranach (Wittenberg um 1513-Bologna 9. Okt. 1537)
Herkules unter den Dienerinnen der Königin Omphale Farbtafel 21, Abb. 349, 350
Bez. mit Schlange und Initialen HC, dat. 1537. Auf Rotbuchenholz. 57,5 X 85 cm.
Lugano-Castagnola. Sammlung Thyssen-Bornemisza.
FR.226. - Schu.II, S. 132. Nr. 415. und III. S. 91. 202-204. - Lindau. S. 295, Anm. - Glaser 1921,
S. 130-132. - R. Heinemann, Stiftung Sammlung Schloss Rohoncz, Kat. I, Lugano 1937. Nr. 102,
Taf. 55. - W. Schade, Die Stellung der Söhne innerhalb der Werkstatt Cranachs (1534-1538), in:
Cranach-Colloquium, Wittenberg 1973, S. 116-118. - Schade 1974, S. 50. 78. Abb. 179.
Vierzeiler (zum Typus solcher humanistischer Titelverse vgl. S. 426ff.) über dem Kopf des
Herkules: «Herculeis manibus dant Lydae pensa puellae / Imperium dominae fert deus ille suae.
/ Sic capit ingentes animos damnosa voluptas / Fortiaque enervat pectora mollis amor.»
Deutsch: «Den Händen des Herkules teilen die lydischen Mädchen Arbeit zu [pensa = Tagesar-
beiten der Wollspinnerinnen, abgewogene Wolle]; die Herrschaft seiner Herrin erduldet jener
Göttliche. So ergreift verderbliche Wollust mächtige Geister, und selbst die tüchtigsten Gemüter
werden von der weichen Liebe entkräftet.» Gezeigt wird also Herkules im Kreis der Dienerinnen