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GÖTTINGEB BRONZEN.

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eine halbkugelTörmige Kappe, die auf Kaisermünzen einen länglichen konischen
Hut1). Im gewöhnlichen Leben wurde der Pileus, eine Mütze aus Filz oder
Leder, wie der %llo^ der Griechen, von Schiffern, Handwerkern, überhaupt den
niedern Ständen, getragen. W. Heibig hat nun a.a.O. nachzuweisen versucht,
daß sowohl der priesterliche wie der Pileus Libertatis auf eine altitalische Tracht
der Vornehmen zurückgehe, welche, aus dem Osten nach Italien gekommen, all-
mählich ihren exklusiven Charakter eingebüßt habe und zur Tracht der niederen
Stände herabgesunken sei. Einen Beweis für den Pileus als altitalische vor-
nehme und Festtracht glaubte er in einigen Gemälden der älteren Gruppe der
mit Wandmalereien ausgestatteten Gräber von Corneto - Tarquinia zu finden
(S. 497 ff.) und die so für das Etrurien des VI./V. Jahrhunderts bezeugte Sitte
ohne weiteres auf das alte Rom übertragen zu dürfen.

Helbigs Beweisführung hat sich allgemeinen Beifalls zu erfreuen gehabt, ist
jedenfalls ohne Widerspruch geblieben. Zunächst aber kann der Nachweis, der
Pileus sei einstmals bei den Etruskern als vornehme Festtracht in Gebrauch ge-
wesen, nicht als gelungen gelten2). H. geht ferner in zwei Punkten von irrigen
Voraussetzungen aus. Einmal ist der Pileus als Zeichen der Freiheit der Form
nach nicht von der gewöhnlichen Kopfbedeckung der unteren Stände zu trennen;
daß der Pileus Libertatis auf den Münzbildern in stilisierter Form erscheint,
nämlich steif, der im Alltagsleben historischer Zeit gebräuchliche in den Dar-
stellungen dagegen meist weich und dem Drucke nachgebend, ist ohne Belang.
Der Gebrauch, dem Sklaven bei der Freilassung einen Pileus aufzusetzen, geht
offenbar auf eine Zeit zurück, in der nur den Freien erlaubt war überhaupt
eine Kopfbedeckung zu tragens). Zweitens aber ist die mit demselben Gattungs-

1) Die Nachweise bei Ilelbig, Über den Pileus der alten Itäliher. S. Ber. d. K. bayer. Ak.
d. W, Phil.-hist. Kl. 1880. S. 490 f.

2) In der tomba del morto in Corneto (Mon. d. It.. II, 2 ; Mus. Greg. A II, 91, B I, 99) trägt
der Tote nicht einen Pileus, über welchen der Mantel gezogen ist, sondern nur einen Mantel mit
Kapuze, der dem cueuMus der Römer entspricht. In der tomba delle iscrisimi (Mus. Greg. A II,
92, B I, 103J tragen drei der tanzenden Männer einen Pileus, darum geschlungen eine Binde; die
andern nicht. Es kann sich also nicht um eine allgemein übliche Festtracht handeln und die mit
ihr versehenen Teilnehmer können nicht allein als freie Etruskcr angesehen werden. Die Binde,
mit der der gelagerte Tote in mehreren Gräbern geschmückt ist (so in der tomba de' vasi dipinti
Mon. d. I. IX, 13, der tomba del veechio ib. 14 u, a.) ist nicht als Ersatz des Pileus anzusehen,
sondern entspricht lediglich der Taenio der Griechen als festlicher Schmuck.

Helbigs Auffassung der Darstellungen in der tomba del barme (Mus. Greg. A II, 93, B I, 100)
als Abschiedsszenen kann ich nicht teilen. Vielmehr scheint mir deutlich, daß der sich auf einen
Flötenspieler stützende Mann mit der Schale der verstorbenen Gattin libiere (nach H. 502
wäre vielmehr der Mann der Verstorbene); ebenso, daß die zwei Jünglinge mit den Pferden auf
der 1. Längswand eine adorierende Gebärde zu der zwischen ihnen stehenden Frau (vielleicht der
Mutter) machen. Über die Kopftracht der Frau, den tutulus, s. unten.

3) Die Sitte, daß an den Saturnalien jedermann diese, sonst nur noch bei den niederen Ständen
gebräuchliche, Mütze trug, sollte, wie auch die Bewirtung der Sklaven an diesem Feste, an die
„goldene Zeit" erinnern, in der es keinen Unterschied der Stände gab, sondern alles gleich war.
 
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