Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Koldewey, Robert
Die Tempel von Babylon und Borsippa: nach den Ausgrabungen durch die Deutsche Orient-Gesellschaft — Leipzig, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4122#0008
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I. Einleitung.

Eine eingehendere Besprechung des Stadtplanes von Babylon ist gegenwärtig noch nicht
am Platze. Genaue Darlegung der Einzelheiten müßte vorangehen. Dagegen sei eine all-
gemeine Orientierung gestattet, auch wenn ich dabei Bekanntes wiederholen und Unbekanntem
vorgreifen muß. Vergfl. den Plan auf Tafel I.

Die drei schon äußerlich und auch noch heutzutage am meisten hervorragenden Ruinen
sind „Babil" im Norden, „Kasr" in der Mitte und „Amran" im Süden. Babil deckt ein späteres
Schloß Nebukadnezars. Auf dem Kasr liegt das alte Schloß, das Nebukadnezar in wesentlicher
Erweiterung von seines Vaters, Nabupolassars, Palast erbaute, sowie der Tempel der Ninmach,
und unter dem Hügel Amran ruht der größte Tempel Babylons „Esagila". Der Amran ist
auch derjenige Teil der Stadt, der am längsten und bis in das arabische Mittelalter hinein
kontinuirlich bebaut und bewohnt war. In der Nähe, südöstlich, liegen die beiden Tempel
„Z" und Epatutila.

Eine sichtbare Gleichmäßigkeit geht durch die Richtung der Gebäude, deren Nordlinie
meistens nicht genau, sondern etwas, ungefähr 150, nach Westen hin abweichend angelegt wurde.
Diese Eigentümlichkeit geht auf das Straßennetz von Babylon zurück, dessen Eigenschaften die
Grabungen der letzten Jahre im „Merkes" klar ans Licht gebracht haben, und dieses Straßen-
netz ist im großen ganzen zu Nebukadnezars Zeit dasselbe, wie es zur Zeit der altbaby-
Ionischen Könige war. Die Gebäudemauern der oberen Stadtschicht verlaufen durchgängig
in derselben Himmelsrichtung wie die 10 und 12 Meter tiefer darunter liegenden.

Die ganze Stadt war durch die äußere Stadtmauer im Osten geschützt und ein innerer
kleinerer Teil der Stadt ebenfalls im Osten durch die innere Stadtmauer. Alle diese
Ruinen liegen auf dem östlichen, linken Ufer des Euphrat, der auch im Altertum ungefähr
an derselben Stelle floß, ursprünglich wohl näher am Kasr und besonders näher an Babil
vorbei. Ob die Stadtmauer auf das rechte Euphratufer hinübergriff, läßt sich heute nicht er-
kennen. Im Süden scheinen einige Mauerreste darauf zu deuten. Sie sind noch nicht aus-
gegraben.

In der älteren Zeit schloß die innere Stadtmauer an die Befestigung des Kasr an, so-
daß damals alle hauptsächlichen Baulichkeiten, von denen sich heute noch Reste finden, auf
der linken, östlichen Euphratseite lagen. Das änderte sich aber, wie es scheint, in der späteren,
nämlich der persisch-griechischen Zeit, wo der Euphrat das Kasr östlich umspülte. Jetzt lag
also das alte Schloß Nebukadnezars, das Kasr, mit dem Tempel der Ninmach auf dem
rechten, das neue Schloß Nebukadnezars, Babil, und der Tempel Esagila und andere auf dem
linken Euphratufer. Diese in den Ruinen noch wohl erkennbaren Zustände lösen die Wider-

Koldewey, Tempel von Babylon. j
 
Annotationen