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Koldewey, Robert
Die Tempel von Babylon und Borsippa: nach den Ausgrabungen durch die Deutsche Orient-Gesellschaft — Leipzig, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.4122#0044
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5. Esagila, der Tempel des Marduk.

Der größte und berühmteste Tempel Babylons, der in zahllosen Inschriften und
auf jedem Ziegel Nebukadnezars genannt wird, liegt tief unter dem „Amran Ibn Ali", dem
südlichsten der drei großen Ruinenhügel Babylons. (Taf. VIII.)

Der im ganzen von Nord nach Süd gestreckte Hügel ist im Süden nicht so bestimmt
abgeschlossen, daß man hier eine genaue Grenze festlegen könnte. Da, wo der höhere,
nördliche Teil in den niedrigeren, südlichen übergeht, liegt das Grab Amrans, des Sohnes
Alis, nach welchem die Örtlichkeit benannt wird (o, p 26—37). Es ist ein größerer und ein
kleinerer Kuppelbau in einem von einer Mauer umgebenen Hof. Zu diesem führt von Süden
her ein einfaches, hübsches Portal. Südöstlich davon liegt die kleine Grabkuppel eines ge-
wissen Ibrahim (r 27). Die Gräber des noch heute benutzten Friedhofes schließen sich süd-
westlich an das Heiligtum an und bedecken namentlich auch die Ebene unterhalb.

Unsere Ausgrabung, die eine tiefe viereckige Grube bildet (o, p 19,20, Taf. VIII),
wurde in die Mitte des nördlichen Teils gelegt, weil man hier am ehesten erwarten durfte,
auf ein etwaiges großes Gebäude im Innern treffen zu können. Und in der Tat kamen,
wenn auch nach langer schwerer Arbeit, endlich die dicken Lehmmauern von Esagila zum
Vorschein.

Die Mauern in dem nordsüdlich verlaufenden Eisenbahngraben und an dessen nördlicher
Beendigung (q 14) gehören späteren griechischen oder parthischen Häusern an, in deren einem
die weiter unten zu besprechenden Onyx- und Lapislazulisachen gefunden worden sind. Sie
liegen etwa 10 m höher als der Fußboden von Esagila. Die Oberfläche dieses Hügelteiles
enthält viele arabische Scherben, die mit leuchtenden grünen und blauen Glasuren in schwarzer
staubiger Erde liegen. Auch die schwarze Schuttschicht, welche in einer Stärke von 10 Metern
Esagila unmittelbar überdeckt, tritt an den Rändern vielfach heraus. Im Sommer ist das alles
fußtiefer Staub. Dagegen zeigt der südliche Teil der Oberfläche die für enggebaute Lehm-
mauerruinen bezeichnende weißlich-graue Färbung. Sie ist fester und enthält weniger Scherben.
Hier liegen viele ältere arabische Gräber, die aber von den Altertumsräubern moderner Zeit
ebenfalls durchwühlt sind.

An die Eb.ene nordwestlich stoßen niedrige Höhenzüge, die den Hügel in Verbindung
mit dem Kasr setzen. Sie sind noch nicht vollständig erforscht.

Im Osten ist der Amran durch eine Niederung von dem weitverzweigten niedrigen
Höhenzuge getrennt, der südlich „Ischin aswad", nördlich „Merkes" heißt. Die Niederung
westlich vom Amran wird durch niedrige, geradlinig verlaufende Höhenzüge abgeschlossen,
 
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