VORWORT
So einfach das einzelne Monument oft sein mag, so reizvoll ist vielfach die
von einer Kapelle oder einer Kreuzes- und Figurengruppe bekrönte Anlage
insgesamt. Eine alte Volkskunst hat hier ihren Ausdruck gefunden, schlichte
Frömmigkeit gestaltete die Landschaft durch zurückhaltende Formen. Einige
dieser Anlagen haben sich über den Rahmen der Volkskunst hinausgehoben
und sind in der Kunstgeschichte gewürdigt worden, aber dies sind wenige ge-
blieben. Die große Menge dieser in Stationen aufgeteilten Andachtswege fand
nicht einmal heimatkundliche Würdigung, und es gibt sogar solche, zu denen
auch der fromme Beter heute nicht mehr findet. Der Wanderer, der mit dem Auge
des Malers die Landschaft beschaut, mag sich ihrer fast fröhlich anmutenden
Bereicherung freuen, die ein Berg durch die Vielzahl solcher kleiner Bauten
erfährt, aber auch da dürfen wir nur selten den Wunsch erwarten, über Historie
und Sinn genauen Bericht zu vernehmen. End doch haben auch diese Zeugen
künstlerischen Wollens und der Absicht, eine Begebenheit in ihrer tiefen Be-
deutung mit der entsprechenden Seelenstimmung zu höchster religiöser Wir-
kung zu bringen, ein Anrecht darauf, daß ihre Geschichte, ihre fromme Bedeu-
tung, ihre kunsthistorische Entwicklung, die ihre Einzelform als auch ihre
Gruppierung bestimmten, untersucht und betrachtet zu werden.
An den Hängen der europäischen Hoch- und Mittelgebirge, vor allem aber im
deutschen Sprachgebiet, an den Straßen und Wegen besonders süddeutscher
Landschaften, sieht man häufig bescheidene, oft unscheinbare Bildstöcke,
kleine Heiligenhäuslein und Kapellchen, die — obwohl scheinbar regellos er-
richtet — doch durch ihre jeweilige Gleichheit untereinander und durch das
alle Bauten verbindende Thema, das die in ihnen geborgenen Bildwerke be-
handeln, als zusammengehörig und nach einer bestimmten Regel geordnet zu
erkennen sind.
Aus der großen Zahl der Denkmäler sollen wichtige und typische ausgewählt
und miteinander verglichen werden. Nach einer Schilderung ihrer Entste-
hung und der Geschichte des mit ihnen verbundenen religiösen Volksbrauchs,
soll die Betrachtung der architektonischen Form der Einzelmonumente und der
städtebaulichen Anlage der Gesamtgruppen erfolgen. Den reizvollen Ver-
gleich der plastischen Darstellungen mit denen der Malerei, die Feststellung
des Einflusses der Passionsspiele des ausgehenden Mittelalters auf den In-
halt der Bildwerke und alle stilkritischen Untersuchungen außerhalb des rein
1*
So einfach das einzelne Monument oft sein mag, so reizvoll ist vielfach die
von einer Kapelle oder einer Kreuzes- und Figurengruppe bekrönte Anlage
insgesamt. Eine alte Volkskunst hat hier ihren Ausdruck gefunden, schlichte
Frömmigkeit gestaltete die Landschaft durch zurückhaltende Formen. Einige
dieser Anlagen haben sich über den Rahmen der Volkskunst hinausgehoben
und sind in der Kunstgeschichte gewürdigt worden, aber dies sind wenige ge-
blieben. Die große Menge dieser in Stationen aufgeteilten Andachtswege fand
nicht einmal heimatkundliche Würdigung, und es gibt sogar solche, zu denen
auch der fromme Beter heute nicht mehr findet. Der Wanderer, der mit dem Auge
des Malers die Landschaft beschaut, mag sich ihrer fast fröhlich anmutenden
Bereicherung freuen, die ein Berg durch die Vielzahl solcher kleiner Bauten
erfährt, aber auch da dürfen wir nur selten den Wunsch erwarten, über Historie
und Sinn genauen Bericht zu vernehmen. End doch haben auch diese Zeugen
künstlerischen Wollens und der Absicht, eine Begebenheit in ihrer tiefen Be-
deutung mit der entsprechenden Seelenstimmung zu höchster religiöser Wir-
kung zu bringen, ein Anrecht darauf, daß ihre Geschichte, ihre fromme Bedeu-
tung, ihre kunsthistorische Entwicklung, die ihre Einzelform als auch ihre
Gruppierung bestimmten, untersucht und betrachtet zu werden.
An den Hängen der europäischen Hoch- und Mittelgebirge, vor allem aber im
deutschen Sprachgebiet, an den Straßen und Wegen besonders süddeutscher
Landschaften, sieht man häufig bescheidene, oft unscheinbare Bildstöcke,
kleine Heiligenhäuslein und Kapellchen, die — obwohl scheinbar regellos er-
richtet — doch durch ihre jeweilige Gleichheit untereinander und durch das
alle Bauten verbindende Thema, das die in ihnen geborgenen Bildwerke be-
handeln, als zusammengehörig und nach einer bestimmten Regel geordnet zu
erkennen sind.
Aus der großen Zahl der Denkmäler sollen wichtige und typische ausgewählt
und miteinander verglichen werden. Nach einer Schilderung ihrer Entste-
hung und der Geschichte des mit ihnen verbundenen religiösen Volksbrauchs,
soll die Betrachtung der architektonischen Form der Einzelmonumente und der
städtebaulichen Anlage der Gesamtgruppen erfolgen. Den reizvollen Ver-
gleich der plastischen Darstellungen mit denen der Malerei, die Feststellung
des Einflusses der Passionsspiele des ausgehenden Mittelalters auf den In-
halt der Bildwerke und alle stilkritischen Untersuchungen außerhalb des rein
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