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Künstle, Karl; Friedrich <I., Baden, Großherzog> [Gefeierte Pers.]
Die Kunst des Klosters Reichenau im IX. und X. Jahrhundert und der neuentdeckte karolingische Gemaeldezyklus zu Goldbach bei Ueberlingen: Festschrift zum 80. Geburtstage seiner koenigl. Hoheit d. Grossherzogs Friedrich von Baden — Freiburg i. Br. [u.a.], 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7735#0021
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L Die Kunstgeschichte des Klosters Reichenau im 9. und 10. Jahrhundert

7

seinen Angaben so zuverlässig zeigt, zu zweifeln. Demnach bestand schon in
der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts in Oberzell ein Klösterlein mit einer Kapelle;
und wenn wir fünfzig Jahre später von größeren Bauten unter Hatto III. ebenda
hören, so kann darunter, zumal andere Baunachrichten lehlen, nur der Umbau
des kleinen Heiligtums in eine dreischiffige Basilika mit Westapside gemeint
sein. So erklärt sich auch viel besser, daß sich Hatto III. von .Arnulf ansehn-
liche Stiftungen verschaffte, sich für Oberzell von Papst Formosus das Haupt
des hl. Georg erbat und den König selbst zur Weihe einlud.

Daß Hatto I. sich auf der Insel, aber fern vom Hauptkloster, ein kleines
Heiligtum errichtete, ist wohl zu begreifen, da dieser gefeierte Mann im Jahre 823
auf seine Abtswürde und den bischöflichen Stuhl von Basel verzichtete. Er
konnte und wollte jetzt ebensowenig mit den übrigen Mönchen im Kloster zu-
sammenwohnen, als Egino dort eintreten konnte, als er auf das Bistum Verona
verzichtet hatte. Wie dieser sich im Jahre 802 in Niederzell ein Eigenklösterlein
errichtete, so tat dies I Iatto I.
im Jahre 823 in Oberzell.
Bei Hatto III. lag die Sache
anders. Als er in Oberzell
zu bauen begann, war er
eben Abt geworden; bald
darauf berief ihn Arnulf zur
W ürde eines Reichskanzlers
und Erzbischofs von Mainz.
Wohl legte er jetzt die

Abtswürde nieder, aber die Mönche wählten ihn aufs neue. Er brauchte also
keine Eigenzelle.

Bild 3. Kirche zu Reichenau-Niederzell. Grundriß.

Es geht nicht

an.

mit Neuwirth1 mit Hilfe der Gemälde das Langha

US

in das Ende des 10. Jahrhunderts zu verlegen, denn diese lassen sich aus
inneren Gründen nicht datieren, und Kraus bestimmt ihre Zeit lediglich auf
Grund der Adlerschen Ausführungen, deren Unrichtigkeit wir erkannt haben.

Diesem hier gewonnenen Resultat steht die Notiz Hatto III fundavit ec-
clesiam s. Georgii 2 keineswegs entgegen, wie Neuwirth meint3; denn Hatto III.
ist tatsächlich der Fundator der Georgskirche im doppelten Sinne des Wortes,
und der Chronist konnte ihn so nennen, auch wenn jener die alte Hatto-Zelle,
die nicht dem hl. Georg geweiht war, schon vorfand, um so eher, als bei
den Umbauten in den Jahren 888 — 890 die älteren Ostpartien so vollständig
in das Ganze einbezogen wurden, daß sie äußerlich als frühere Bestandteile
nicht mehr zu erkennen waren.

Die Bautätigkeit der Kloster St Gallen etc. 56.

2 Mone. Quelleosammlune I 308.

3 A. a. (). 55.
 
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