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Künstle, Karl; Friedrich <I., Baden, Großherzog> [Honoree]
Die Kunst des Klosters Reichenau im IX. und X. Jahrhundert und der neuentdeckte karolingische Gemaeldezyklus zu Goldbach bei Ueberlingen: Festschrift zum 80. Geburtstage seiner koenigl. Hoheit d. Grossherzogs Friedrich von Baden — Freiburg i. Br. [u.a.], 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.7735#0015
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I.

Die Kunstgeschichte des Klosters Reichenau
im 9. und 10. Jahrhundert.

1. Die Anfänge des Klosters.

S den Untersuchungen zur Geschichte der Abtei Reichenau von
Brandi1 hat sich mit Sicherheit ergeben, daß die Nachricht
in der Vita Pirminii2, dieser angelsächsische Missionsbischof3
habe sich gelegentlich einer zufälligen Begegnung mit dem
vornehmen Alamannen Sintlaz zur Gründune des Klosters Reichenau bestimmen
lassen, keinen Glauben verdient.

Sintlaz ist überhaupt kein historischer Name, der mit der Geschichte des
Inselklosters in Beziehung steht; der Legendenschreiber hat ihn vielmehr aus
der alten Bezeichnung der Insel, Sintlazisauua, frei erfunden. Wenn Sintlaz
im Sinne der Leerende an der Gründung1 Reichenaus beteiligt gewesen wäre,
so müßte sein Name im Verbrüderungsbuch erscheinen4. Gewissenhaft ist
«Pirminius episcopus» als erster unter den verstorbenen Brüdern verzeichnet6;
und «Karolus maior domus», «Pippinus rex», «Karlomannus maior domus»
eröffnen die Liste derer, die zur Fundation des Klosters beigetragen haben6.
Den Namen Sintlaz sucht man aber im Verbrüderungsbuch vergebens. Auch
im Reichenauer Necrologium ist der Name nicht verzeichnet7.

Es war vielmehr kein Geringerer als Karl Martell selbst, der dem hl. Pirmin
im Jahre 724 die Einkünfte von sechs Orten und vierundzwanzig Leuten nebst der
Sintlazisauua überließ, damit er hier ein Kloster gründete, das zugleich ein Bollwerk

1 Quellen und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau. Herausgegeben von der badischen historischen
Kommission. I: Die Reichenauer Urkundenfälschungen, untersucht von I)r K. Brandi, Heidelberg 1890; II: Die
Chronik des Gallus Ühem, bearbeitet von Dr K. Brandi, ebd. 1893. 2 M. G. SS. XV1 1 7 ff.

3 Ilauck, Kirchengeschichte Deutschlands I3 346, zeigt, daß Pirmin ein Angelsachse gewesen sein muß.

4 M. G. I.ibri confraternitatum Sancti Galli, Augiensis, Fabariensis. Ed. Paulus Piper, Berolini 1884.

5 A. a. O. 160, Reihe 24. c A. a. O. 292, Reihe 460.
7 M. G. Necrologia Germaniae I, Berolini 1888, 271 — 282.

Künstle, Kunst des Klosters Reichenau. 1
 
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