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lichen, die in angeborenen Vertiefungen der Seele schich-
tenweise eingeklemmt sind, wo sie so lange unthätig
ruhen, bis sie unversehens aufgeschnttclt werden und nun
plötzlich nach ihrem Ursprünge znrückverlangen; geber-
deten sie sich wirklich so seltsam, dann thäten sie wohl,
im Schooße des Endlichen fortzuschlummern. Es wird
aber in und mit ihnen nichts weiter ausgesagt, als daß
die Phantasie, getroffen von einer großen Berührung,
unaufhaltsam in rin geistiges All versetzt wird, worin
das angcschaute Werk eine besondere Stelle cinnimmt,
so daß es sichlbar den Uebergang bahnt zu allen Kunst-
erscheinungen, die in einem ähnlichen Sinne entweder
wirklich bestehen oder vorstellungsweise bestehen könnten.
Da der gegebene Gegenstand sich in der Phantasie zu
einem Vorbilde ablöst, das die vollbrachte Verkörperung
wieder vergeistigt, so sucht die Seele im Wege der Jdeen-
affvciation dasselbe Geschäft fortzusetzen, Heller oder dunk-
ler, nach Maßgabe ihres Vermögens. Indem sie diesem
inner» Bildungsdrange folgt, ihm das Gesammtreich des
Kunstwahren unterwirft, gleichviel, ob in einer hinblitzen-
den Ahnung oder in einer nachhaltigen Stimmung, er-
wacht in ihr das Vewußtseyn einer allgemeinen Regel-
mäßigkeit, eines kanonischen Zusammenhangs, kraft dessen
sie nicht umhin kann, gewisse Vorbilder anzunehmen, die
Wirkliches und Mögliches unter sich befassen, sollten es
auch nur heuristische Hypothesen seyn, in denen sic die
Gesetzlichkeit der erkannten Ordnung andcutet. Die
Einwürfe, Fragen, Spöttereien der äußern Erfahrung
machen sie nicht irre; letztere ist bloß Richterin auf ihrem
eigenen Gebiete und kann darüber nicht hinaus. Der
Knoten der Entscheidung scheint ganz anderswo zu liegen,
in der geheimen Zusammenwirkung der Vernunft und
Phantasie. Jene gibt die systematischen Fäden zu dem
Gewebe her, diese überspinnt sie mit ihrer schaffenden
oder nachahmenden Kraft.

(Der Beschluß folgt.)

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wandt, und dieses auf's möglichste durch die Kunst
vergeistigt.

Solchem strebe Jeder an seinem Theile nach.

*

In allen bedeutenden Landschaftgemälden und histori-
schen Bildern sah ich stets beim Vorgrund die stärkste
Kraft und markigste Tiefe angewandt, bei den Abstufun-
gen der Ferne aber die delikateste, sanfteste Verschmel-
zung gleichsam hingehauchter Töne.

Bei dem, was viele Neuere bieten, ist cs umgekehrt.
Sie trauen sich mit ihrer Nähe nicht in tiefes Helldun-
kel hinein; dagegen sind ihre Fernen, ihre Lüste recht
handgreiflich, so, daß die Phantasie durch derbe Farben
ganz außer Thätigkeit gesetzt wird.

6 i l d n c r c i.

Der Bildhauer David hat im August zu Paris die
Statue eines jungen griechischen Mädchens, welches am
Grave des Markos Bozzaris trauert, ausgestellt und das.
Werk sodann nach Griechenland avgescndct, wo cs auf dem
Grave des Helden seinen Play finden soll. Hr. David be-
fand sich im Oktober zu Berlin, wo er die kolossale Büste
Rauch's inodellirte. Sic ist etwas kleiner als die vor meh-
reren Jahren von ihm in Weimar gearbeitete Büste Goethe's,
welche l» Marmor auSgcfübrt al« ei» Geschenk des Künstlers in
der dortigen großherz. Bibliothek ausgestellt ist. Von Berlin
ist Hr. David nach Dresden gegangen, wo er die Kolos-
salbüste von Ludwig Ticck niodellirt hat. Mit seltener
Gewandtheit in der Porträtbilbnerei hat er auch seit län-
gerer Zeit eine große Anzahl Medaillons von 5 bis 6 Zoll
im Durchmesser gefertigt, welche die berühmtesten seiner
franzbsischcn und auswärtigen Zeitgenossen auf eine sehr geist-
volle Weise Larstcllcn.

Zu Trianconrt (Dep. de la Mcusc) hat man dem ver-
storbenen Lcinaire, Herausgeber der Sammlung lateini-
scher Klassiker, ein Denkmal errichtet, welches ans seiner
Büste unter einer von vier Säulen getbagcnen Bedachung
besteht. Die Basis des Monmncnts bildet einen Brunnen.
Die Zeichnung ist von dem Architekten Pcyre und dieAnS-
führung in Marmor von Dcricke.

A p Ij o v i s m c n.

Wenn von Einfalt, Würde, höchster Tiefe die
Rede ist, so denke, daß sie den berühmtesten Meistern
einer später» Zeit nicht zngestanden werden will, daß
selbst ein Raphael, hätte er länger gelebt, diesen hohen
Forderungen wahrscheinlich untreu geworden wäre.

Welche sorgfältige Untersuchung gehört also dazu,
diese künstlerischen Eigenschaften aufzufindcn, zu würdi-
gen; — welche Strenge gegen sich selbst, sie sich anzu-
eignen?

Nur in den allcrschönsten Werken ist von Stoff
gerade nur das Erforderliche, Nothwendigste ange-

Nekrolog.

Am 27. April d. I. starb zu London der englische
Künstler Stothart, im 7osten Jahre. Er war 1755 in
London geboren und gehört zu den Geistern, die sich ans
der Tiefe hcraufarbeiten mußten. Im vierzehnten Jahre
kam er zu einem Kattundrucker in die Le»rc, und blieb
nach dem Tode des Meisters bei der Wittwc, der er
zum Spaß Zeichnungen machte, welche sie auf dem Ka-
min anfstellte. Dies fiel einem Besucher der Fabrik ans,
und von da an bekam Stothart Anträge von den Buchhänd-
lern, denen er Vignetten und Anderes zu vielen Meister-
werken zeichnete. 5000 Zeichnungen hat er gefertigt, und
sooo davon sind gestochen worden.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Schorn.
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