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Des jetzigen Schlosses ein großes, aus Backsteinen errichte-
tes Gebäude mit einem plumpen Dache, in dem Styl, wel-
cher ungefähr nm die Zeit Wilhelms III. in England cin-
gefuhrl worden, mir Gärten nach dem damaligen Geschmacke
umgeben, wovon sich unter Kip's Prospekten eine Zeichnung
findet. Der gegenwärtige edle Besitzer hat an deren Stelle
einen Park im neueren Geschmack angelegt, welcher mit der
umgebenden Landschaft.harmonirt, und durch eine künstliche
.Bucht verschönert wird, welche der Fluß Dee zwischen der
östlichen Fronte des Schlosses und dem Park bildet. Bey
dieser Umänderung aber hat man eines ehrwürdigen, gegen
Westen liegenden, Baumgangcs geschont, und solchen sogar
ln jener Richtung bis nach einer, ungefähr zwev Meilen
vom Hauptgebäude entfernten,.am Dürflein .Beigrave gele-
genen Halle fortgeführt. Nach einer andern Halle, in dem-
selben Styl, gelangt man auf einer vtraße, welche von
diesem Baumgange ab, nach der Richtung von Chester hin-
führt, und sich durch den Park, zwischen herrlichen Pflan-
zungen fortwindel, durch welche inan hier und da die ent-
zückendsten Aussichten auf das Waleser und Brvrtoner Ge-
birge mir dem reizendsten Vorgrund genießet. Den ange-
nehmsten Weg aber, der nach dem Schlosse führt, hat nian,
von der nordöstlichen Ecke des Gebäudes, durch die Pflan-
zungen gehauen, so daß dasselbe hier ganz in Perspektive
erscheint. Das Schloß selbst, mit Älisnahme des gewölb-
ten Grundgeschosses, und eines Theils der alten Halle, ist
nach den Planen des Hrn. Wilchelm Pordeo, aus ei-
nem hellfarbigen Stein, von-dcm.ungefähr zehn Meilen ab-
liegenden Manlep-Bruch, neu erbaut. Beyde Fronten
bestehen aus einem großen Mittelbau von dre» Geschossen,
wovon der obere Tiwil mit achteckigen Thürmcheu und
spitzauslaufenden Wtderkagpseilern gezierer ist, an den
beyben Seiten folgen sodann auf dieselbe Art ausgeführte
Flügelgebaude. Der westliche Eingang ist unter einem ho-
hen, gewölbten Portal, worin eine Kutsche Raum sinder.
Znm östlichen führt eine prächtige Treppe, die sich in drey
reich gezierten, hohen Bogen endiget, welche den Mittel-
punkt eines außerordentlich schönen, gewölbten Ganges bil-
det, wodurch die bcvden Flügel mit dem Mittelbau >» Ver-
bindung stehen. Durch diese Bogen gelangt man zu einem
großen Saal, dessen Fenster auf eine über zZo Fuß lange
Terrasse gerichtet sind, von welcher sich die Aussicht auf die
schönste Landschaft karbicrer, welche der Deeflnß in seinem
ganzen Laufe durch dieses Land berührt. Der Styl des
Gebäudes ist durchaus der spitz-gothische; der Plan aber ist
weder nach einem Schlosse, noch nach irgend einem kirchli-
chen Gebäude, noch nach der bürgerlichen Bauart neuerer
Zeit, auch .ist be» der Bildung der Bogen nicht auf den
Stvl eines bestimmten Zeitraumes Rücksicht genommen
worden. Der Baumeister hatte sich eigentlich den Styl
ans der Zeit Heinrichs lll (1216 - 1276) znm Muster ge-
nommen , stand aber doch nicht an, davon abzugehen, wenn
er eS für yöthig hielt, um eine günstige Wirkung hervor-
zubringen. Die innere Einrichtung ist folgende: Von dem
gewölbten Portal, an der westlichen Fronte, führt eine
Treppe in den, zwey Geschosse einnehmenden Hauptsaal
mit einer gewölbten Decke, welche auf den Stellen, wo-sich
die Rippen durchkreuken, Familien-Devisen zieren. Der
Fußboden besteht aus vielfarbigem Marmor, gvthisch einge-
legt; auf leder Seite befinden sich vier Nischen mir Fnßge-
stelle» und Baldachinen, zwischen welchen über verzierten
Lauiingesiwsen, West's Gemälde der Auflösung des langen

I Parlaments und der Landung Carls II. angebracht find.
I Am Ende des Saales verbindet, über einem bedeckten

i Gange von fünf Bogen, eine Gallone die nördlichen und
südlichen Schlafgemächer des Hauses, ivelche der obere Thcil
des Saales von einander trennt. Unter dieser Galerie füh-
ren zwey offene Bogen rechts und links nach der großen
Treppe, dem Prnnk-Schlafgemach und der zweptcn Treppe.
Diesem Saalthore gegenüber ist der Eingang zum oben-
erwähnten andern Saal. Zn diesem Gemache befin-
den sich drep große, auf den östlichen Bogengang gerich-
tete Fenster, deren oberer Theil aus farbigem Glase beste-
het, welches Collins nach Zeichnungen von Tresham mit
den reichsten Farben gemalt hat. Die Gegenstände-sind
erfundene Bildnisse von Wilhelm dem Eroberer, von dessen
Bruder mütterlicher Seite, üdo, von Gilbert ic Grosve-
nvr, .dem normannischen Stifter dieser Familie, von sei-
ner Gemahlin, von Sir Rodert le Grosvenor, welcher sich
in dem Wappenprozeffe mit Sir Richard le Scrvop so rühm-
lich vertheidigte, und von Johanna de Eaton, in deren
Recht die Familie Grosvenor diese Herrschaft erhielt. Auf
jeder Seite deö Saales befinden sich Vorzimmer, welche zu
den Speise - und Besuchzimmern führen, die die beyden
Enden der östlichen Fronte bilden, zwey prächtige Gemächer,
ungefähr fünfzig Fuß lang und dreyßig Fuß breit, unge-
rechnet einen Erker mit 5 Bogenfenstern mir gefärbtem Glase
geziert. In allen Möbeln herrscht die verschwenderischste
Pracht. Die Decken dieser Zimmer sind mit dem mannich-
faltigsten verschlungenen Leistenwerk geschmückt. Gleich
neben dem Besuch-Zimmer befindet sich im Mittelpunkte
der südlichen Fronte der Lesesaal, mit Bücherschränken aus
englischem Eichenholz im gothischen Geschmacke versehen,
welche manche schätzbare Werke, besonders politische und
dogmatische Streitschriften , nebst mehreren Manuskripte»
enthalten. Dke Zimmer der Familie nehmen den übrigen
Theil dieses Geschosses ein. Zudem Besuchzimmer hängen
zwey Gemälde pChristus aufdem Oelberg von Claude Lorrain,
soviel man weiß, das größte, welches dieser Künstler je
gemalt; und! eine Ansicht eines Hafens ini Mittelländischen
Meere, von Vernet. Im Speisezimmer: Rubens und seine
zweyteFran von ihm selbst; und daü Urtheil des Paris, eine
Cvpie von Peters nach Rubens. Zm dem Ankleidezimmer
des Prunkschlafgeinachs, David und Abigail, gleichfalls von
Rubens. Die günstigsten Prospekte von Eaton erhält man
von der Aldford- Straße und den Ufern der Dee aus, wo
man das große Viereck der Stallungen im Perspektive hin-
ter dem Schlosse gewahr wird, welches zusammen mit den
Lnstplätzen vor dem Schlosse und den herrlichen Ulmen des
Baumganges, welche den Hintergrund schließen, ein großes
achitektoimches Bild darstellt.

Graf Grosvenor ist ein in jeder Hinsicht ausgezeich-
neter Kunstfreund; seine Sammlung von italiänischcn und
niederländischen Gemälden in London gehört zu den schön-
sten und gehaltreichsten, die England auszuweisen hat.

Ein eben so prächtiges und noch größeres Gebäude im
gothischen Styl ist das wahrend dem vorlezten Jahrzehend
erbaute Schloß des Hrn. Beckford in Wiltshire nicht weit
von Salisbury. Dieses hat einigermaßen die Gestalt einer
Abtey, und ist mit einem reichverzierte» Thurme von 276
Fuß Höhe versehen, führt daher auch den Namen Foutyill
Abbe».

Zm Jahr 1812 erschien ein eigenes Werk mit Kupfern
üker dieses Gebäude unter dem Titel: Oeso«i>uon 0f i'on..
lliill Abjjcy with platcs, by Slorer , Kl. Fol. — Vielleicht
können wir später eine nähere Anzeige davon geben.
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