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Nachr ichten ans Hamburg.

Kunsterzeugnisse. Die merkwürdigste Erschei-
nung aus dem Gebiete der bildenden Kunst, welche in Ham-
burg feit einer Reihe von Jahren statt gefunden hat, ist
ohne Zweifel die Entstehung der dortigen Steindruckerey.
Diese erst ins dritte Jahr bestehende Anstalt, begründet auf
den täglichen mannichfaltigen Bedarf einer gewerbreichen
und thatigen Handelsstadt an Druck- und Stichsachcu, hat
neben diesen, Kunsterzeugniffe geliefert, welche, wenn wir
die Münchner Mntteranstalt ausnehmen, die Werke aller
übrigen, so wie die, aus derselben hervorgegangenen Stein-
druckereyen, in der Ausführung übertroffen. Den Beweis
dieser Behauptung wird ein Jeder in den bepdcn vor Kur-
zem erschienenen Heften finden, die unter dem Titel:
„Sammlung einiger Kunstblätter der Hamburgischen Stcin-
druckerey, erste und zweyte Lieferung" auch in den deutschen
Kunst- und Buchhandel gekommen sind, und deren Inhalt
wir mit einigen Worten angeben wollen. Das erste Heft
enthält:

«) Das i8oy von F. C. Grog er in Hamburg ge-
malte, und 1819 von ihm auf Stein gezeichnete Bildniß
Karl's von Villers. Der kühne, herrliche, freymüthige
Mann im Brustbilde, mit keck umgeworfenem Mantel,
freyem, offenen, hell beleuchtetem Antlitz und Stirn, gegen
den Beschauer gewandt. Das Ganze ein Meisterstück kühner
und zugleich zarter Ausführung.

b) Das englische Haus zu Hamburg, einlZebäube aus
dem Anfänge des fünfzehnten Jahrhunderts, zwey Ansich-
ten , die eine, wie es muthmaßlich bei) seinem ersten Aus-
bau, die andere, wie es i8iy vor dessen Niederreissung
ausgesehen batte; auf Stein gezeichnet von dem trefflichen
Perspekrivenmaler D und sen. Dieses Blatt wird zugleich
als Beylage einer nächstens erscheinenden Abhandlung Hir-
nen, über die Geschichte des englischen Hauses imd der eng-
lischen Adventurer-Gesellschaft, der es von der Stadt Ham-
burg seit dem siebzehnten Jahrhundert eingcräumt worden.

r) Ein Christus.bild ganz von Vorn gesehn, mit Strah-
len umgeben, nach Anleitung des Evang. Joh. Kap. xv.
25. 9 — 14. Vielleicht von einem Zeitgenossen oder Schü- s
ler A. Dürer's gemalt, jezt iu des Malers B undse» Be-
sitz, auf Stein gezeichnet von dem Maler Ben di re n, so- ■
wol in Hinsicht der zarten Ausführung, als der durch das
ganze Blalt gleich wohl gehaltenen Behandlung, mit jedem ;
Kupferstiche wetteifernd. |

d) Landschaft mit Kühen »ach Paul Potter, auf
Stein von dem Landschaftmaltr Herterich, einem der *
Eigenthümer der Anstalt, Tondruck mit zwey Platten. Man
kann dreist behaupten, daß der einsichtsvolle, des großen
Malers würdige Zeichner, selbst Landschafter, hier ein Werk
geliefert hat, wie es seit langer Zeit in diesem Gebiete der
Kunst nicht erschienen ist. i

Das zweyte Heft der Steindrucke hat gleichfalls vier
Blätter, nämlich:

«) Bildniß des Malers Grog er, von ihm selbst ge-
malt, von seinem Freunde, dem Maler Aldenrath aus
Stein gezeichnet. Nur dergeniale Kopf ist ansgeführt, alles
übrige blvs skizzirt, das Ganze aber zum Vollendetsten ge-
hörend, was die Skizze nur zu liefern vermag, allein mög-
lich einem so ausgezeichneten Miniaturmaler als der Zeich-
ner ist.

I-) Fünf verschiedene, mehr und minder bedeutende
Ueberbleibsel altdeutscher Baukunst aus Hamburg und der
Umgegend, auf Stein gezeichnet von dem Maler Bund-
se».

c) Eine heilige Familie, Elisabeth und Johannes mit
dem Lamm, von Hardorf erfunden und auf Stein ge-
zeichnet, Tondruck mit zwey Platten. Das Ganze eine
herrliche, völlig im Geiste der Caracci's gedachte, pyrami-
dale Gruppe von großer Lieblichkeit, Anmuty und Schön-
heit der Zeichnung.

ä) Ein Christuskvpf fast Lebensgröße, nach einem der
schönsten, wahrscheinlich von Carlo Dolce in Correggio'«
Geiste gegebenen Christusbilde, auf Stein gezeichnet von
Herterich, Tondruck mit zwey Platte». Der Vorstellung
liegt das Geber am Oelberg« Luc. Kap. xxn. V. 42 zum
Grunde, trefflich gehalten ist der Ausdruck des sausten
Schmerzes in dem schonen Angesichte, und das herrliche lo-
ckige Haar überaus wochl gelungen.

Auster diesen Blättern hak die Steindruckerey mehrere
nicht in den Handel gekommene treffliche Vllbmffe auswär-
tiger Fürsten und Fürstinnen und Hamburgischer angesehe-
ner und würdiger Männer, auf Wunsch »nv Bestellung der
Verwandten und Freunde derselben geliefert. Besonder«
ausgezeichnet ist unter diesen das Bildniß des Bürgermei-
sters Heisein der altdeutschen, reichen, aus Sammc und
Pelzwerk bestehenden Amtstracht für den Winter, von G rö-
ger auf Stein gezeichnet.

.Einen rühmlichen Beweis der ungesnchteu und unpar-
tepischen Anerkennung der Vorzüglichkeitdreier und anderer
Bildnisse und Werke lieferte folgender Vorfall. DieNach-
gebliebenen und Freunde des durch Mörderhand zu früh ge-
fallenen Malers v. Kügelgcn wünschten zur Erinnerung,
an denselben, dessen Bildniß, und wandten sich an den
Professor Hartmann in Dresden, um ihnen einen Kupfer-
stecher zu diesem Bebufe vvrzuschlagen. Dieser stellte ihnen
unumwunden die Seltenheit vorzüglicher und unbeschäftig-
ter Kupferstecher, mid die zum Stiche einer Kupferplatte
erforderliche Zeitlänge vor. Er schlug ihnen dagegen in lez-
terer Hinsicht den Steindruck, wie in ersterer den Hambur-
gischen, als besonders ausgezeichnet durch die Trefflichkeit
der dort gelieferten Bildnisse vor, indem er ihnen seinen
in Hamburg lebenden Freund Hardorf hiezu empfahl.
Der aus so berufene» und vollgültigen Händen kommende
Vorschlag wurde augenblicklich angenommen, und so eben,
zwey Monate nach geschehener Bestellung, hat der empfoh-
lene Künstler ein ähnliches und höchst anziehendes Bildmst
zur vollkommene» Zufriedenheit der Nachgebliebenen gelie-
fert, welches auch wahrscheinlich, bcy der allgemeinen Lheil-
nahme an Kügelgens Schicksale, durch den Kunst Handel zu
beziehen seyn wird.

(Der Beschluß folgt.)
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