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M 51.

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Dienstag, den 25. Juni 1839.

Düsseldorf i>n 1839.

Ein Flügelbild auf Goldgrund, welches sich neuer-
lich zum Zwecke der Restauration hier befand, hat d:e
Aufmerksamkeit der Freunde der älter» Kunst auf sich
gezogen. Es ist aus der Kölner Schule und der Zeit
nach in die Periode zwischen dem Veronikabilde in Mün-
chen (Meister Wilhelm) und dem Dombilde (Meister
Stephan) zu setzen. Die Ausführung ist sorgfältig und
zart, das Kolorit klar und tief. Es ist sehr wohl erhal-
ten. Neben diesen äußern Vorzügen gibt aber die eigen-
thümliche, gelehrt-scholastische Behandlung des Gegenstan-
des ihm eine besondere Bedeutung. Es enthalt nämlich
nicht etwa einen einfachen Hergang oder eine der gewöhn-
lichen Zusammenstellungen heiliger Gestalten, sondern in
einer künstlich symmetrischen Anordnung eine Menge ein-
zelner Darstellungen, welche durch ihre Verbindung sich
aneinanderschließen und gleichsam wie ein Hymnus auf
die Jungfrau lesen lassen. Symbolische Verbindungen
sind auf Gemälden des Mittelalters freilich sehr gewöhn-
lich, in dieser Ausführlichkeit aber dürften sie dennoch
nicht leicht gefunden werden.

In der Mitte der Haupttafel sieht man in einem
viereckigen Raum von etwas größerer Höhe als Breite
die Jungfrau auf dem Throne, im blauen Gewände, die
Mondsichel zu ihren Füßen, auf ihrem Schooße das Kind,
in ziemlich bewegter Haltung. Zwölf Sterne umgeben
ihre Krone, und Sonnenstrahlen gehen von ihr aus. Die
Einfassung des Vierecks enthält die lateinische Inschrift
aus Apokal. 12. V. l. und 5: „Ein Weib, mit dcrSonne
bekleidet und der Mond unter ihren Füßen, und auf
ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen; und sie
gebar einen Sohn, der alle Völker sollte weiden mit
eiserner Ruthe.« Dies erste Viereck ist von einem Rhom-
bus dergestalt umschrieben, daß vier Dreiecke entstehen,
von denen jcbeö. ein Thiersymbol enthält. Zuerst der
Phönir in den Flammen, mit der Umschrift: Er so! fe-

liiceas succendai fervidus alas; sic ego flauuna fureus

sum ciuiciis corda pernrens. Dann das Einhorn, den
Kopf in den Schooß einer sitzenden Jungfrau legend, mit
der merkwürdig naiven Umschrift: linicomis sum, sig-
liificoque deum; virgineis digitis langende fit hec
fera «litis. Darauf der Pelikan,, der aus seiner vom
Blute reichlich strömenden Brust seine Jungen füttert.
Die Umschrift, im Vordersätze nicht mehr ganz deutlich,
gibt im Nachsatze die Erläuterung des Symbols,'„da
Blut aus dein Wein, Fleuch aus dem Brode werde.«
Endlich zulezt eine Löwin vor ihren Jungen, welche sie
durch Gebrüll erweckt, als Anspielung auf die Auferste-
hung. So wenigstens wird dies mir sonst unbekannte
Symbol in der Umschrift erklärt: ist ico rugitu prestat
viviscere proli . sic te xpe pr (Christe pater) iriduo de
morte vocavit. Man sieht, daß in diesen Symbolen die
Beziehung auf Christus selbst vorherrscht. Die nächsten
gehen dagegen ausschließlich auf die Jungfrau. Auf lcder
Seite des Rhombus ist nämlich ein von einem Kreis-
bogen begrenztes Feld mit einer Darstellung aus der alt-
testamentarischen Geschichte. Moses vor dem feurigen
Busche (Reims virescit, sed non minus igne calescit);
Aaron vor einem Altar; auf welchem seine blühende Gerte
steht («ec contra morein produxit virgula fiorem);
Ezechiel vor einem Thurm, dessen Thor nicht bloß ge-
schlossen, sondern mit einer goldenen Kette versehen ist
(nach Ezechiel a. 2. Dieses Thor soll verschlossen bleiben
— denn Jehova ist dadurch eingegangen, «ec porta
clausa permansit non sine causa); endlich Gideon betend,
neben ihm das Vlies, an welchem ihm der Herr das
Zeichen gab, daß es vom Thau naß wurde, während
Alles umher trocken blieb («ore madet vcllus, sed per-
manet arida tellus). Man sieht, diese theils wohlbekann-
ten, theils selteneren Symbole deuten sammtlich auf das
von beit Scholastikern so gründlich besprochene Mysterium
der vorigen Jungfräulichkeit und der unbefleckten Em-
pfängniß der Goltgebäreriu, und man könnte, da bekannt-
lich die Dominikaner und Franziskaner über diese bedenk-
liche Frage getheilter Meinung waren, auf die Herkunft
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