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in der Schweiz sagen: „es braucht Marks" d. b. Cer-
vello. Ich nahm meine Maaßregeln und dekretirte im
Monat Juli dieß Jahr als ein Freyjahr, wo man an
Nahrungssorgen gar nicht denkt, und es fehlte mir Gott-
lob! nicht der Muth, in einem Monat 42 Scudi zu ver-
brauchen, was sonst nie bcy mir der Fall gewesen ist.
Dafür befinde ich mich im Monat August wie ein König
und arbeite an der Vollendung meiner pallazzuolischcn
Gedichte von 1808.
Wie das alles zusammenbängt, darüber wäre viel zu
sagen, genug der Geist Gottes hat mich nicht verlassen,
und einem menschlichen Herzen geht überall Freude auf,
dafern man es nur nicht mit dem Belzebubsgefchlecht
(Buben trauts keinem!) zu thun bat. Ich habe mir
einst die Fingerstumpfen verbrannt, nun wachsen daselbst
Müden und Kohlrabi und in der Hauskapelle wird soll
Deo glori« gesungen. Wahrlich ich bin nicht nur ein
anderer, sondern fast derselbe Mensch, der ich 1808 war.
Die Erfahrungen des Lebens sind nicht ohne Frucht ge-
blieben und das Herz ist nicht erkaltet, ja es bat wohl
hie und da Feuer gefaßt, wie in dem feurigen Busch,
wo Moses die Schuhe ausziehen wollte.
So viel genug von mir im Allgenieinen. Aus Rom
Hab' ich eins und das andere nachzuholen, das jedoch nur
für unser altes Trifolimn gehört. Die Kunst liegt sehr
darnieder, gleichwohl hatten auch einige deutsche Künstler
die El',re der Einladung zu einem Fest, das der Prin-
cipe Gabrielli im Capitol zu Ehren des Königs von Rom
veranstaltete. Es waren dabev Zü Personen. Auch unser
Eberhard war dabey. Nach Lisch ging aber der Kredenz-
Teller herum, und jedem wurden zwep Scudi abgcfor-
dert, um den französischen Restaurateur für das Essen
und den Wein, von dem die unten saßen nichts gutes
sahen, zu bezahlen. Bestellungen sind sehr selten. Der
Genera! Miollis hatte einiges de» französischen Künstlern
bestellt. Er hat die Villa Aldobrandini gekauft. Schick
erkrankte über der Ausführung seines neuesten historischen
Bildes, das ich in einer Anzeige von seinen Arbeiten
beschrieben habe (im Morgenbl.) Er sollte nach Einegen
sogar die Wassersucht haben. Indessen ist er nach Mo-
naten nothdürfcig hergestellt und wird nach Deutschland
ziehen mit Frau und Kindern. Von Maler Müller weiß
ich nichts, als daß ihm die lezte Ausgabe seiner Werke
zwey- oder dreyhuudert Louisd'vrs eingetragen haben
soll. No», sara- poi tanio! Reinhard und Sicklcr, leztern
wirst du gesehen haben, gaben zwey Jahre lang einen
Almanach heraus, der zwar vielen Widerspruch in Rom
fand,- aber dock besonders im rten Tbeil viel Schätzbares
enthält. Die Sache ist cingeganaen, und nun scheint
Hr. v. Ramdohr der sich in Rom niedergelassen hat, den
gelehrten Antignar machen zu wollen Ich kemie ihn
nicht. Glücklicher Weise leb" ich so- unbekannt, dass mich
Niemand belästigt, und meine guten Freunde sorgen
dafür, daß nichts Gutes an mir bleibe. Gott lob! dass
sie mir nicht die Freude des Herzens am Leben und den
Geist Gottes nehmen können. So viel von Rom. Cba-
ractcristisches Andere zur Zeitgeschichte gehörig, such' in
dem Morgenblatte auf.
Nun höre was von Pallazzuola. Ich zog hieher mit
einem geschickten Landschaftsmaler Hrn. Steinkopf aus
Stuttgart, der lange in Rom war. Eberhard, sein vor-
züglicher Freund, begleitete uns, wie auch ein Hr. Wer-
rem aus Bremen, der vom Minister des Innern in Frank-
reich den Auftrag hat, die sämmtlichen Gefängnisse und
Spitäler des Reichs zu besuchen. Wir fanden in Pallaz-
zuola mit Noth nur zwey Betten und zwar nur Stroh-
säcke und Rohrkissen, übrigens das alte gute Herz. Fra
Giovanni Battista und Fra Francesco find längst fort.
Pietro, Paolo, Bernardino, Salvatore find noch da und
andere zugekommen, so daß in Allem eilf im Refectorium
erscheinen. Alles geht nach dem Alten, Via Doro, Boc-
cia, Terra August». Der Wein ist gut, aber die Paura,
in 48 Stunden fort zu müssen, was gestern den noch
übrigen Kapuzinern von Albano Giuzano angedeutet
wurde, vergällt die Freude sehr. Bald hätte ich den
P. Serafino vergessen, der ein Erzmelanchvliker und
fast menschenscheu geworden ist. Gestern batte ich fein-
Bild, das ich heimlich malte, wie er im Refectorium
da si'zt Mit der Unterschrift: il vero rilralio- dcl P. Sera-
Uno nostro quanto sletle in aflliazionibus u, s. w. ZUM
Desert prodncirt. Es kam in einer Rolle aus Rom a\v
und verursachte ein allgemeines Gelächter. Bey der
Gelegenheit wurde des Meisters gedacht, Signor Gic-
vaNNt qnanto cra bravo!
Rom, den 17. August,
Gestern früh marschirte ich in die Stadt. Tags
vorher war in St. Peter große Messe gewesen mit Trom-
meln und „Schulterts Gewehr." Die neapolitanischen
Mißverhältnisse zwischen dem Kaiser und dem Könige
sollen wieder beygelegt sepn. Wir Armen wissen nichts
von so hohen Dingen,
Apropos! Kniep gibt in Neapel mit dem Kupft.v--
stecher Kaiser ein Werk heraus: Anleitung zur Land--
schaftsmalercy nach Studien ans der neapolitanischen
Natur. Es kommen Pflanzen, Mume, Vorgebirge-
Tempel u. s. w. sehr sorgfältig gezeichnet darin vor.
Es läßt fick Gutes erwavten. Sie wünschen das Wcrlt
dem Publikum zur Pränumeration zu emvseM.ir. ZZaK
wäre damit in Eurer Gegend anzusangen? Einer mei-
ner Freunde ist M'.tuntcrncbmer, und. ich-- wün'cpte,, dass
man den Lenren Wsgtz schaffen könnte-, Antwort!' iw
bald hieraus. Morgen früh gehl ich- wieder nach Pailaz--
zuolae Ans- Malen ist nicht zu. denken. Es gebt z.n mm
in der Schweiz sagen: „es braucht Marks" d. b. Cer-
vello. Ich nahm meine Maaßregeln und dekretirte im
Monat Juli dieß Jahr als ein Freyjahr, wo man an
Nahrungssorgen gar nicht denkt, und es fehlte mir Gott-
lob! nicht der Muth, in einem Monat 42 Scudi zu ver-
brauchen, was sonst nie bcy mir der Fall gewesen ist.
Dafür befinde ich mich im Monat August wie ein König
und arbeite an der Vollendung meiner pallazzuolischcn
Gedichte von 1808.
Wie das alles zusammenbängt, darüber wäre viel zu
sagen, genug der Geist Gottes hat mich nicht verlassen,
und einem menschlichen Herzen geht überall Freude auf,
dafern man es nur nicht mit dem Belzebubsgefchlecht
(Buben trauts keinem!) zu thun bat. Ich habe mir
einst die Fingerstumpfen verbrannt, nun wachsen daselbst
Müden und Kohlrabi und in der Hauskapelle wird soll
Deo glori« gesungen. Wahrlich ich bin nicht nur ein
anderer, sondern fast derselbe Mensch, der ich 1808 war.
Die Erfahrungen des Lebens sind nicht ohne Frucht ge-
blieben und das Herz ist nicht erkaltet, ja es bat wohl
hie und da Feuer gefaßt, wie in dem feurigen Busch,
wo Moses die Schuhe ausziehen wollte.
So viel genug von mir im Allgenieinen. Aus Rom
Hab' ich eins und das andere nachzuholen, das jedoch nur
für unser altes Trifolimn gehört. Die Kunst liegt sehr
darnieder, gleichwohl hatten auch einige deutsche Künstler
die El',re der Einladung zu einem Fest, das der Prin-
cipe Gabrielli im Capitol zu Ehren des Königs von Rom
veranstaltete. Es waren dabev Zü Personen. Auch unser
Eberhard war dabey. Nach Lisch ging aber der Kredenz-
Teller herum, und jedem wurden zwep Scudi abgcfor-
dert, um den französischen Restaurateur für das Essen
und den Wein, von dem die unten saßen nichts gutes
sahen, zu bezahlen. Bestellungen sind sehr selten. Der
Genera! Miollis hatte einiges de» französischen Künstlern
bestellt. Er hat die Villa Aldobrandini gekauft. Schick
erkrankte über der Ausführung seines neuesten historischen
Bildes, das ich in einer Anzeige von seinen Arbeiten
beschrieben habe (im Morgenbl.) Er sollte nach Einegen
sogar die Wassersucht haben. Indessen ist er nach Mo-
naten nothdürfcig hergestellt und wird nach Deutschland
ziehen mit Frau und Kindern. Von Maler Müller weiß
ich nichts, als daß ihm die lezte Ausgabe seiner Werke
zwey- oder dreyhuudert Louisd'vrs eingetragen haben
soll. No», sara- poi tanio! Reinhard und Sicklcr, leztern
wirst du gesehen haben, gaben zwey Jahre lang einen
Almanach heraus, der zwar vielen Widerspruch in Rom
fand,- aber dock besonders im rten Tbeil viel Schätzbares
enthält. Die Sache ist cingeganaen, und nun scheint
Hr. v. Ramdohr der sich in Rom niedergelassen hat, den
gelehrten Antignar machen zu wollen Ich kemie ihn
nicht. Glücklicher Weise leb" ich so- unbekannt, dass mich
Niemand belästigt, und meine guten Freunde sorgen
dafür, daß nichts Gutes an mir bleibe. Gott lob! dass
sie mir nicht die Freude des Herzens am Leben und den
Geist Gottes nehmen können. So viel von Rom. Cba-
ractcristisches Andere zur Zeitgeschichte gehörig, such' in
dem Morgenblatte auf.
Nun höre was von Pallazzuola. Ich zog hieher mit
einem geschickten Landschaftsmaler Hrn. Steinkopf aus
Stuttgart, der lange in Rom war. Eberhard, sein vor-
züglicher Freund, begleitete uns, wie auch ein Hr. Wer-
rem aus Bremen, der vom Minister des Innern in Frank-
reich den Auftrag hat, die sämmtlichen Gefängnisse und
Spitäler des Reichs zu besuchen. Wir fanden in Pallaz-
zuola mit Noth nur zwey Betten und zwar nur Stroh-
säcke und Rohrkissen, übrigens das alte gute Herz. Fra
Giovanni Battista und Fra Francesco find längst fort.
Pietro, Paolo, Bernardino, Salvatore find noch da und
andere zugekommen, so daß in Allem eilf im Refectorium
erscheinen. Alles geht nach dem Alten, Via Doro, Boc-
cia, Terra August». Der Wein ist gut, aber die Paura,
in 48 Stunden fort zu müssen, was gestern den noch
übrigen Kapuzinern von Albano Giuzano angedeutet
wurde, vergällt die Freude sehr. Bald hätte ich den
P. Serafino vergessen, der ein Erzmelanchvliker und
fast menschenscheu geworden ist. Gestern batte ich fein-
Bild, das ich heimlich malte, wie er im Refectorium
da si'zt Mit der Unterschrift: il vero rilralio- dcl P. Sera-
Uno nostro quanto sletle in aflliazionibus u, s. w. ZUM
Desert prodncirt. Es kam in einer Rolle aus Rom a\v
und verursachte ein allgemeines Gelächter. Bey der
Gelegenheit wurde des Meisters gedacht, Signor Gic-
vaNNt qnanto cra bravo!
Rom, den 17. August,
Gestern früh marschirte ich in die Stadt. Tags
vorher war in St. Peter große Messe gewesen mit Trom-
meln und „Schulterts Gewehr." Die neapolitanischen
Mißverhältnisse zwischen dem Kaiser und dem Könige
sollen wieder beygelegt sepn. Wir Armen wissen nichts
von so hohen Dingen,
Apropos! Kniep gibt in Neapel mit dem Kupft.v--
stecher Kaiser ein Werk heraus: Anleitung zur Land--
schaftsmalercy nach Studien ans der neapolitanischen
Natur. Es kommen Pflanzen, Mume, Vorgebirge-
Tempel u. s. w. sehr sorgfältig gezeichnet darin vor.
Es läßt fick Gutes erwavten. Sie wünschen das Wcrlt
dem Publikum zur Pränumeration zu emvseM.ir. ZZaK
wäre damit in Eurer Gegend anzusangen? Einer mei-
ner Freunde ist M'.tuntcrncbmer, und. ich-- wün'cpte,, dass
man den Lenren Wsgtz schaffen könnte-, Antwort!' iw
bald hieraus. Morgen früh gehl ich- wieder nach Pailaz--
zuolae Ans- Malen ist nicht zu. denken. Es gebt z.n mm