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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Schumann, Paul: Dreizehnter Tag für Denkmalpflege, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0023

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Dreizehnter Tag

für Denkmalpflege

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wie grundsätzlich mehr als bisher die Mitwirkung ge-
schichtlich geschulter und künstlerisch empfindender
Architekten. Mehr noch als sonst ist angesichts des
so unbarmherzig zerstörenden Krieges auf diesem
Zweiggebiete der Denkmalpflege, wo so große und
unersetzliche Werte der Vergangenheit auf dem Spiele
stehen, eine bauwirtschaftliche Fürsorge dringend nötig,
wollen wir nicht den Fluch einer um ihr Erbteil be-
trogenen Nachwelt auf uns laden.

Geh. Baurat Dr.-Ing. Karl Sch mi dt-Dresden be-
richtete über die Wiederherstellungsarben am Zwinger
und an der katholischen Hofkirche zu Dresden. Der
tonige und mergelige Cottaer Sandstein dieser berühm-
ten Barockwerke hat sich gegenüber den Niederschlägen
aus der Luft und aus den Feuergasen wenig haltbar
erwiesen. Bei Ersatzteilen muß daher wetterbestän-
digster, besonders kieseliger Sandstein verwendet
werden. Seit der Einführung des Portlandzements
um 1862 verwendete man diesen nebst deckendem
Ölanstrich. 1898 verwarf man dieses zerstörende Vor-
gehen. Seit 19 to wird die Architektur und Plastik
dieser Bauten planmäßig erneuert; dabei handelt es
sich vor allem um die Wiederherstellung der Ein-
heitlichkeit des durch Zement und Ölfarbe vielfach
geschädigten und zerstörten Baudenkmals. Die gleich-
artigen Arbeiten sind am Japanischen Palais abge-
schlossen, an Chiaveris katholischer Hofkirche seit
1902/03 noch im Gange. Die 4 Meter hohen Fi-
guren auf dieser Kirche sind bei Zerfall eine schwere
Gefahr für die Vorübergehenden, der Ölanstrich ver-
hindert das Erkennen des Zerfalls, wird also entfernt.
Über einen etwaigen zuverlässigen Ersatz fehlen noch
die endgültigen Ergebnisse der Versuche, einstweilen
hat man eine Figur nach dem Vorgange Kölns mit
gebleichtem Leinölfirnis getränkt. Im übrigen hat
man alle überflüssigen Maßregeln — vor allem die
Reinigung der Schauseiten sowie Altmachung neu-
hergestellter Sandsteinstücke durch Übermalung — bei
den Zwingerbauten neuerdings aufgegeben, damit
künftig die Patina des Sandsteins als schönster
Schmuck des Baudenkmals erhalten bleibe. Auch
das Innere der katholischen Hofkirche ist zugunsten
einer harmonischen Gesamtwirkung stilgerecht er-
neuert worden.

Den letzten Vortrag hielt Prof. Hermann Schütte-
Hildesheim über Baugewerksmeister und Denkmalpflege.
Er benutzte diese Gelegenheit vor allem, um für ein
deutsches Baumuseum zu werben, das in Modellen
die geschichtliche Entwicklung der deutschen Baukunst
darstellen solle. Der Gedanke wurde indes als ganz
unausführbar von mindestens acht Rednern so ent-
schieden bekämpft, daß er wohl als endgültig erledigt
betrachtet werden kann. Auch die Ausstellung großer
Modelle von Hildesheimer Häuserschauseiten (im Maß-
stab 1 :5), die in der Dominikanerkirche veranstaltet
worden waren, konnte niemand von der Notwendig-
keit und Möglichkeit eines solchen Museums über-
zeugen. Nicht ein Haus, sondern eine ganze Stadt
wäre nötig, um die Riesenmenge der Modelle aufzu-
nehmen, bei denen überdies die ganze Umgebung
fehlen würde, die den Häusern an Ort und Stelle erst

ihren Wert und ihre Wirkung geben. Entschieden
bekämpft wurde auch der Irrtum, daß man durch Hin-
weis auf alte Baudenkmäler Künstler erziehen könne.

Es folgten noch Wahlen. Als Ort der nächsten
gemeinsamen Tagung für Denkmalpflege und Heimat-
schutz wurde Köln gewählt; die Verhältnisse würden
entscheiden, ob sie 1918 oder 1919 ^stattfinden soll.
Den Ort der nächsten Tagung für Denkmalpflege
allein wird der geschäftsführende Ausschuß des Tages
für Denkmalpflege bestimmen. In diesen wurden durch
Zuruf wieder gewählt: Geh. Hof rat Prof. Dr. v. Öchel-
häuser-Karlsruhe (Vors.), Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Paul
Clemen-Bonn (stellv. Vors.), Direktor Dr. v. Bezold-
Nürnberg, ao. Gesandter bevollm. Minister Dr.-Ing.
Frhr. v. Biegeleben-Darmstadt, Geh. Rat Prof. Dr.-Ing.
Gurlitt-Dresden, Geh. Oberbaurat Prof. K. Hofmann-
Darmstadt, Reichsfreiherr v. Kerckering zur Borg M.d.R.,
Oberbürgermeister Dr. Struckmann-Hildesheim, Geh.
Oberbaurat Dr.-Ing. Stübben-Berlin, Reg.- und Baurat
Tornow-Metz; ,Preßausschuß: Prof. Dr. Paul Schu-
mann-Dresden.

Am Abend sprach dann noch über das römische
Augsburg der Direktor der Römisch-Germanischen
Kommission des Kaiserl. Archäologischen Instituts zu
Frankfurt a. M. Prof. Dr. Friedrich Kopp. Die An-
regung zu dem Vortrag hatte ihm die Beschäftigung
mit den Denkmälern der Augusta Vindelicum gegeben,
die zur Vollendung wenigstens dieses einen Abschnitts
des unvollendet kaum begonnen hinterlassenen und
und Bruchstück bleibenden Werkes Friedrich Ohlen-
schlagers über die römischen Überreste in Bayern
führen soll. Der Vortragende legte das Hauptgewicht
auf die Hervorhebung der Aufgaben, die hier zu-
künftiger Bodenforschung noch gestellt sind, sowie
auf die Ergänzung der trümmerhaften Überlieferung
durch die an anderen Orten gewonnene Erkenntnis
und die Einordnung der durch Funde in Augsburg
gebotenen Züge in das Gesamtbild der römischen
Provinzialkultur. Dabei wurden seine Ausführungen
durch zahlreiche Lichtbilder unterstützt.

In der Schlußansprache betonte der Vorsitzende
Geh. Hofrat von Öchelhäuser mit Recht, daß die
Teilnehmer durch die Tagung Neues erfahren und
Neues gelernt hätten, und daß sie ihr das Zeugnis
ausstellen dürften, daß sich die Tagung in jeder Be-
ziehung würdig den früheren Tagen für Denkmal-
pflege angeschlossen habe; und jedem Teilnehmer wird
er aus dem Herzen gesprochen haben, wenn er ver-
sicherte, Augsburg werde allen in bester Erinnerung
bleiben. Mit Unrecht wird Augsburg von den Be-
suchern Bayerns, weil es nicht gerade am Wege nach
München und Tirol liegt, vernachlässigt: in mancher
Beziehung ist es sehenswerter als Nürnberg. Das
wurde vielen Besuchern des Tages klar bei den
Führungen durch die schöne alte Stadt, die pracht-
vollen Kirchen, die Museen und die alten reichen
Privathäuser, die Generalkonservator Dr. Hager, Ober-
baurat Holzer und andere sachkundige Augsburger
Herren in so dankenswerter Weise leiteten. Die
Früchte des Tages werden auch für Augsburg selbst
nicht ausbleiben. PAUL SCHUMANN.
 
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