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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Dresdner Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6188#0039

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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 6. 9. November 1917

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

DRESDNER KUNSTAUSSTELLUNGEN

Im Sächsischen Kunstverein sieht man u. a. Sonderaus-
stellungen von Fritz Erler und von Erich Buchwald-
Zinn wald. Der Münchener Erler hat Gemälde und Studien
aus dem Kriege ausgestellt, das Eindringlichste, was wir bis-
her von solchen Werken gesehen haben. Vor diesen Bildern,
die aus der Anschauung gegriffen und dabei zum Allgemein-
gültigen erhoben sind, spricht die Größe und Furchtbarkeit
des Krieges zu uns; mit den Männern, die uns als Helden
voll gefestigter Entschlossenheit entgegentreten, erleben
wir die Größe, den blutigen Ernst, die Schauer des Krieges.
Der Künstler hat den Krieg nicht als kühler Beobachter
gesehen, sondern hat ihn mit tiefer Inbrunst mit erlebt,
das Große, Gewaltige mitempfunden, und so stehen auch
wir mit innerer Ergriffenheit vor diesen »Männern aus dem
großen Kriege«, die darzustellen Erler in seinem bekannten
Aufsatz in den Süddeutschen Monatsheften als die eigent-
liche Aufgabe der Kunst in und nach diesem Kriege be-
zeichnet hat. »Wer es draußen nur einmal wieder gesehen
hat, das deutsche Gesicht, dem wird es gegenwärtig bleiben,
wird es innerlich dauern und Gestalt werden wollen«.
Erler ist es Gestalt geworden, wenn er gleich bekennt,
daß es jetzt unmöglich sei, mehr als Pläne zu machen
und Bruchstücke zu geben. Das kühle Grau der Felduni-
formen hat die Farbengebung bestimmt, die weit entfernt
ist von dem Farbenspiel, in dem sich sonst Erlers Bilder
bewegen, aber sie hat Stil und Kraft und gibt die Größe
und die Wucht der Stimmung, die den Geist des kämpfen-
den Volkes, den herben Ernst des Geschehens in schlichter
Größe kennzeichnet, überzeugend wieder. Neben den
Bildern, die die Männer beim Handeln zeigen, sind auch
die Bildnisse einzelner Heerführer, Offiziere und Soldaten
als ausgezeichnete Zeugnisse einer ernsten seelenkünden-
den, zugleich farbig reifen Kunst zu bewerten. Wenn Erler
die jetzt vorliegenden Bilder nur als Bruchstücke und
tastende Versuche gelten lassen will, dürfen wir von seinen
weiteren Kriegschilderungen noch wahrhaft Großes er-
warten.

Von Erich Buchwald-Zinnwald sehen wir eine
große Reihe Bilder und Studien aus dem östlichen Teile
des sächsischen Erzgebirges, aus seiner engeren Heimat
Zinnwald und Umgebung: einzelne Häuser, Blicke über
Wiesen und Wald nach dem Kamme des Erzgebirges
— alles ernst, groß und wuchtig gesehen, in der schlichten
Kraft der Vereinfachung, die diesem ernst vorwärts streben-
den Künstler eigen und der Eigenart des rauhen Erzge-
birges so angemessen ist. Eindringlich spricht aus den
Bildern die hohe künstlerische Kraft, die Erich Buchwald-
Zinnwald in zielbewußtem Streben und mit wachsendem
Können aus dem Boden der Heimat zieht.

Ernstes Streben und Losgehen auf ein erkennbares
Ziel spricht auch aus den Bildern von Hedwigjänichen-
Wörmann, die wir in den Kunstsälen von Emil Richter
sahen. Die Künstlerin, die sich bisher nur als tüchtige
Bildhauerin erwiesen hat, trat hier zum ersten Male auch
als Malerin mit einer umfänglichen Ausstellung an die

Öffentlichkeit. Die Mehrzahl waren Bildnisse, Einzel-
personen und Gruppen. Die Künstlerin gehört zu den
Scharfsehern und sieht ihre Stärke in herber Wiedergabe
des Umrisses wie der Einzelformen, ohne irgendwie die
stimmunggebenden Mittel von Luft und Licht zu ver-
werten. Sie setzt ihre Halbgestalten regungslos vor einen
landschaftlichen Hintergrund und malt mit kühlklarer, hier
und da starkfarbiger, ja bunter Palette ohne jede Neigung
zu dem Malerischen, wie es das vorige Malergeschlecht
anstrebte und ausbildete. Bleiben viele dieser Bilder noch
im Gewollten, in harter Starrheit und Nüchternheit stecken,
so sieht man doch klar das Ziel der Künstlerin, und in
einzelnen Bildern, wie in den Bildnissen des Ehepaars und
der Frau Gertrud Wörmann ist schon ein hoher Grad von
ruhiger sicherer Stilkraft erreicht.

Diese Ausstellung der Frau Wörmann hat eben einer
mit vornehmem Geschmack ausgewählten und aufgestellten
Sammlung von Werken österreichischer Graphik und
angewandter Kunst Platz gemacht. Julius Leisching, der
Direktor des Erzherzog-Rainer-Museums in Brünn, hat sie
sorgfältig vorbereitet; das k. k. Museum für Kunst und
Industrie in Wien und das Brünner Museum haben aus
ihren Schätzen zu der ganz vorzüglichen Ausstellung bei-
gesteuert, die zwar dem Kenner nicht allzuviel Neues, wohl
aber einen schönen dankenswerten Überblick über die
beiden genannten Kunstzweige, wie sie jetzt auf öster-
reichischem Boden blühen, gibt. Von Graphikern sind
namentlich die Professoren Schmutzer, Jettmar, Walter
Klemm, Michalek, Gabriele Murad-Michalowski durch er-
lesene Blätter vertreten; ferner Alois Kolb, der außer länd-
lichen Szenen vor allem kräftig gesehene Einzelbilder vom
östlichen Kriegsschauplatz ausgestellt hat; Ernst Orlik,
Carl H. Thuma, Hede Jahn, Thiemann (stilgerechte, teils
farbige Holzschnitte) und F. Wacik, dessen farbige Litho-
graphien feinen Geschmack mit märchenhafter, zum Teil
auch galanter Phantasie vereinigen. Mit Kleinplastik sind
besonders vertreten der Tiroler Ludwig Penz, dessen farbige
Bauerngestalten — Kuhhändler — in schlichter treuherziger
Natürlichkeit gesehen sind, und der Deutschmähre Barwig
aus Neutitschein, Professor an der Wiener Kunstgewerbe-
schule, dessen Holzschnitzereien eine kräftige stilgerechte
Vereinfachung aufweisen. Aus dem vielgestaltigen Ge-
biete der angewandten Kunst finden wir u. a. Stickereien
des Brünner Frauenerwerbsvereins von Klara Dworschak,
Konstanze Eberle, Emmy Zweybrück, dann Töpferei von
dem Wiener Professor Powolny, von Ida Schwetz-Lehmann
(Wien), von dem Gmundener Schieins, Schmuck und
Silberschmiedearbeiten der Wiener Werkstätten von Prof.
Josef Hoffmann, Eduard Friedmann, Karl Krehan, Valerie
Vetter und Eugen Pflaumer. Hervorragend ist auch nament-
lich die altberühmte österreichische Glasindustrie durch
Lobmayr vertreten, ferner durch Arbeiten von Beyermann
(Haida), Josef Gerner und Johannes Örtel. Im Ganzen
eine Auswahl von erlesenem Geschmack. Direktor Julius
Leisching hielt am 30. Oktober innerhalb der Ausstellung
 
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