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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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341

Ausstellungen — Sammlungen — Literatur

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heiterere Wesen des Schwaben. Landenbergers Verhältnis
zur Natur ist liebevolles Sichversenken. Vergleicht man
Bildnisse Landenbergers, den Schultheißen von Winterlingen,
den Bildhauer Fremd, das Brigittchen oder das große neue
Selbstbildnis, mit gleichartigen Arbeiten Pankoks, so ist
schwer zu entscheiden, wo das gediegenere technische
Können liegt; die größere Wärme ist jedenfalls bei Landen-
berger. Jedem Bilde Landenbergers eignet ein poetischer
Stimmungsgehalt; doch läßt sich in seinem Werke unschwer
zwischen unmittelbar vor der Wirklichkeit entstandenen und
komponierten Bildern scheiden. Mag es sich um eine
Schöpfung aus der früheren Zeit der tonigen Malerei
handeln, wie den Rosenstrauch, oder um ein reines Frei-
lichtbild, wie den weißblinkenden Überlingersee mit den
badenden Knaben (1913), oder um eine mehr die Lokal-
farbe hervorhebende Arbeit der letzten Zeit, gleich Antäus
empfängt er aus der Berührung mit der Erde stets neue
Kraft. In der Wiedergabe des auf der menschlichen Haut,
einem Gefieder, im Wasser sich spiegelnden Lichtes ist
kein deutscher Maler ihm überlegen. Aber dieser reali-
stischen Malerei stehen idealistische Absichten gegenüber,
für die in Werken, wie den Amoretten und dem endlich
wieder einmal ausgestellten Müller Radlauf mit der Prin-
zessin Ameleia (1907), entzückende Lösungen gefunden
sind. In vielfigurigen Bildern, wie der Bergpredigt, mag
wohl einmal die realistische Durchführung der Einzelheiten
der Einheitlichkeit des Ganzen gefährlich werden. Um so
deutlicher werden die Vorzüge dieser liebenswürdigen
Kunst in den übrigen Gemälden und nicht minder den
ausgestellten Zeichnungen offenbar. -a-

SAMMLUNGEN

Eine neue städtische Gemäldegalerie in Halle.

Maurermeister Karl Lingsleben hat der Stadt Halle 100000 M.
überwiesen zum Ankauf von drei Grundstücken, auf denen
eine städtische Gemäldegalerie errichtet werden soll. Aus
früheren Schenkungen sind bereits für die gleichen Zwecke
300000 Mark vorhanden.

LITERATUR

Jul. Dieffenbacher, Die alemannische Malersippe Dürr.

Eine kunstpsychologische Studie mit 110 Abb. Freiburg i. Br.

Verlag Breisgauverein Schauinsland. M. 4.50.
Als Festschrift zum 100. Geburtstag des badischen Hof-
malers W. Dürr d.Ä.hatder historische Verein Schauinsland
durch die Feder von Prof. Dr.Jul. Dieffenbacher eine umfang-
reiche Arbeit über die alemannische Malersippe Dürr be-
arbeiten und nun im vierten Kriegsjahr als stattliche Vereins-
veröffentlichung herausbringen lassen. Solche weitverzweig-
ten, über ein Jahrhundert und über ein ganzes Land sich aus-
dehnende Arbeiten können meist nur von der Spezial- oder
besser Lokalforschung erschöpfend bewältigt werden, weil
nur ihr fast ausschließlich die nötigen mündlichen und
schriftlichen Quellen, die Überlieferung und die Akten so
ausgiebig und restlos zur Verfügung stehen, daß ein trotz
der forscherischen Kleinarbeit doch wirksames, großzügiges
Gemälde vom Werden und Wandeln einer künstlerischen
Sippe lückenlos gefügt und gestaltet werden kann.

Diese Arbeit, die sich über drei Geschlechtsfolgen von
der Zeit der Nazarener bis in die Moderne hinein auf vier
Glieder der Malerfamilie Dürr erstreckt, ist glänzend und mit
dem schon an anderen kunsthistorischen Forschungen be-
währten, eingehenden und aus allen Tiefen schöpfenden Sinn
bündig geleistet worden. — Es ist ein feinsinniges, Licht und
Schatten glücklich verteilendes Gemälde, das dem Streben

und Können des Vaters, des Sohnes, der Tochter und dem
Enkel (R. Großmann) gerecht wird, soweit deren Arbeits-
gebiete unterschieden sein und auseinanderliegen mögen.
Wir begleiten den Begründer der Künstlersippe aus seiner
Schwarzwaldheimat Villingen an die Wiener Akademie zu
Kupelwieser, sehen ihn 1840—42 in Rom und begegnen ihm
von da ab in Freiburg, das er nach reicher Lebensarbeit als
Historien-, Bildnis- und Gesellschaftsmalerund als Illustrator
1887 mit München vertauscht. Der 2. Teil der Arbeit ist dem
Neuromantiker W. Dürr d. J.-München, der Bildnismalerin
Marie Großmann-Dürr und dem Modernen Rud. Großmann-
Berlin gewidmet. Dieffenbacher hat mit eingehendem Nach-
weis und reichlichen Wiedergaben die Werke und ihre Ent-
stehungsgeschichte aus den persönlichen, Zeit- und Gesell-
schafts-Umständen abgeleitet und ein lichtvolles Dokument
für die Malerei des 19. Jahrhunderts, sowie ein ebenso
schlichtes, als würdiges und schönes Denkmal für die
Künstler der Heimat geschaffen. Beringe/:

Francesco Chiesa, Die künstlerische Betätigung des
Tessiner Volkes und ihr geschichtlicher Wert. Aus dem
Italienischen übersetzt von E. Mewes-Beha. Verlag des
Art. Institutes Orell Füssli in Zürich. Preis 20 Frs.
Chiesa ist Dichter, Liebhaber der Künste und tes-
sinischer Patriot. Kein Wissenschaftler, der geschichtliche
oder kunstgeschichtliche systematische Darstellung verfolgt.
Der Text des Werkes, der immerhin das Wesentliche dar-
stellt, umfaßt knapp 14 Seiten. Er beschränkt sich auf eine
poetische Charakterisierung der Tessiner Kunst und auf
eine Aufzählung von Künstlern tessinischer Herkunft (wo-
bei die Grenzen des Tessiner Landes willkürlich erweitert
werden). Die Tafelbeigaben bringen eine stattliche Aus-
wahl von bekannten italienischen Bauwerken und bild-
hauerischem Schmuck, die auf die Tätigkeit oder Mit-
wirkung tessinischer Künstler zurückzuführen sind. Die
Beispiele des Mutterlandes fehlen, da diese, wie Chiesa
bemerkt, bereits in der offiziellen Veröffentlichung über
die Kunst im Kanton Tessin umfassend dargestellt worden
sind. Das Ganze gemahnt an ein Dokument zur Fest-
stellung des Anteils tessinischer Künstler an der gesamt-
italienischen Kunst. Aber auch als Dokument, dem die
schöne Aufmachung des Werkes entsprechen würde, hat
die ganze Arbeit zu sehr den Charakter von zufälligen
Stichproben. Es bleibt bei einem fragmentarischen Ansatz,
der weit davon entfernt ist, die Versprechungen des Titels

ZU erfüllen. Bernoulli.

Der schriftliche Nachlaß des Anton Raphael Mengs.

Ein Beitrag zur Erklärung des Kunstempfindens im spätem
18. Jahrhundert von Ulrich Christoffel. Basel, Benno
Schwabe & Co. 1918.

Der Titel ist etwas irreführend. Ich ließ das Buch
kommen, weil ich glaubte, darin werde der schriftliche
Nachlaß des dereinst hochgefeierten Malers, dessen Werken
der reisende Deutsche nicht nur in Deutschland und Italien,
sondern auch in Spanien und Portugal begegnet, zum ersten
Male in deutscher Sprache veröffentlicht, und diese Aus-
sicht zog mich an. Denn ich gehöre zu denjenigen, welche
auch eine holprige und ungefüge Äußerung über die Kunst
von einem wirklichen Künstler selbst den klingendsten und
bezauberndsten Reden bei Laien vorziehen, und wenn mir
ein Flachmaler oder Anstreicher erzählt, warum seine Farben
fleckig oder blaß werden mußten, dann höre ich ihm wirk-
lich viel aufmerksamer zu, als wenn Ruskin oder Muther
— um nur Verstorbene zu nennen — mir ihre philosophischen
oder poetischen Gedanken über Kunst und Künstler mit-
teilen. Wie viel mehr also, wenn ein Mann, der trotz seiner
heutigen Geringschätzung doch ohne jeden Zweifel ein
 
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