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Kunstchronik und Kunstliteratur — 65.1931/​1932

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Heft 3 (Juni 1931)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61877#0025
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KUNSTCHRONIK UND KUNSTLITERATUR
BEILAGE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR BILDENDE KUNST

HERAUSGEBER: PROFESSOR DR. GRAUL

/ SCHRIFTLEITER: DR. NACHOD

Heft 3

Juni

“Jß1

DAS DÜRER ZUGESCHRIEBENE BILDNIS EINES MITGLIEDES
DER FAMILIE HERMANN UND DAS WAPPENEXLIBRIS
DES GEORG HERMANN VON HANS BURGKMAIR
VON HILDEGARD ZIMMERMANN

Einem Kenner, wie G. Glück, auf dem Gebiete der
Malerei, mit Widerspruch zu begegnen, ist von
Haus aus nicht meine Sache. Der befremdliche Ein-
druck, den das von ihm unter Dürers Namen im
Pantheon 1931, S. 76 veröffentlichte männliche
Bildnis in seiner außerordentlich weichen Gesamt-
haltung (wieweit diese freilich auf Rechnung der
Reproduktion zu setzen ist, bleibt zweifelhaft) gegen-
über der Vorstellung Dürerscher Kunst in mir her-
vorrief, wird indessen, wie ich mitteilen darf, von
maßgebender Seite, nämlich von E. Flechsig, durch-
aus geteilt. Im Zusammenhang hiermit gewinnt für
die Beurteilung des Bildes (auf das im einzelnen
einzugehen ich mich enthalten möchte) daher wohl
eine Notiz Bedeutung, die von Seiten der Graphik
herkommt.
Wie Glück „nach sachverständigem Urteil“ angibt,
ist das auf der Rückseite des Bildnisses gemalte
Wappen mit Stern und Halbmond das der Kauf-
beurer Familie Hermann bzw. Hoerman. Dieses
Wappen aber begegnet im Holzschnittwerk des Elans
Burgkmair (Geisberg, Einblatt-Holzschnitt, Bilder-
katalog und Register-Nr. 532) als Exlibris größeren
Formats in einem Rund von 145 mm Dm, und gehört
in dieser Fassung nach Ausweis der Umschrift dem
Sohne Georg des nach Glücks Ansicht in dem Bild-
nis dargestellten Kaufbeurer Stadtammans Elans Her-
mann. Es weist im ersten Zustand außer dem Namen
noch den Zusatz „PATRI. CIVS. KAUFPEURN“ und
die Jahreszahl MDXXVHI auf (vgl. meinen Nachweis
in Geisberg, Die deutsche Buchillustration I 1930,
Heft 2, S. 7). Dieses Exlibris Georg Fiermanns bildet
das Gegenstück zu dem, auffälligerweise aber um zwei
Jahre früher datierten Wappen der nur als VXOR
bezeichneten BarbaraReihingin (Geisberg Nr. 533),
die nach Glücks Angabe schon 1512 die Gattin Georg
Hermanns wurde, so daß meine a.a.O. ausgesprochene
Vermutung, die Jahreszahl desFrauen-Exlibris könne
sich auf die Eheschließung beziehen, durch den Nach-
weis dieses Datums hinfällig wird. Ein zweites klei-
neres Hermannsches Exlibris von unbekannter
FIand,97:70 mm, mit dem gleichenWappen unter einem
von Pfeilern getragenen Bogen, ist durch Unterschrift
ebenfalls als das des Georg „Hoerman“ bezeichnet
Z. f. b. K. Beilage

(vgl. a. a. 0.), und zwar ist nach Ausweis der Beigabe
der Krone über dem Flelm wie bei dem Burgkmair-
schen Flolzschnitt der geadelte erwähnte Sohn des
Elans Hermann und nicht der gleichnamige Bruder,
den Glück als Präbend an St. Mauritius in Augsburg
anführt, anzusehen. In beiden Fällen aber weicht die
Anordnung des Wappenbildes von der am Gemälde
gegebenen Fassung insofern ab, als hier der Halbmond
die (heraldisch) linke Seite einnimmt und der Stern nur
auf einem schwarzen Balken, statt in völlig schwarzem
Felde erscheint; außer dem Flug mit Wiederholung
des Wappenbildes ist noch ein mit einem Büschel
von Pfauenfedern besteckter Hut gegeben, sodann
die schon erwähnte Krone des Adeligen.
Das gemalte Wappen mit seinen Blatthelm-
decken bietet sich in seiner Gesamtanlage, wie in
seiner vorwiegend linearen Ausführung sehr wohl
zum V ergleich mit WappenreiheninHolzschnitt
dar1. Einerseits kommt hier die Gruppe Dürerscher
Originale2 und weiterer NürnbergerArbeiten3 in Frage,
andererseits die stattliche Menge Burgkmairscher
Erzeugnisse, wie sie sich den erwähnten Wappen-
Exlibris anschließt und von Geisberg im „Einblatt-
Holzschnitt“ erstmalig vollständig zusammengestellt
wurde4. Glück urteilt über die Malerei vorsichtig:
sie „sieht aber etwas flüchtig aus und hat durch Aus-
sprengen der Farbränder gelitten, so daß die Eigen-
händigkeit nicht als völlig sicher betrachtet werden
kann“, findet aber die Formen „auch hier ganz im
Stile Dürers“. Demgegenüber erscheint auffällig, daß
bei Dürers Flolzschnitt-Wappen eine breit zur Seite
gehende Lagerung der Blatthelmdecken durchaus
die Regel ist und, unter stetem Vermeiden symme-
trischer Anordnung, eine so dichte Verschlingung,
daß das Blattwerk geradezu als massige Hintergrunds-
füllung erscheint und sich einem auffällig schlichten
(ideellen) Gesamtkontur einfügt: während in dem ge-
malten Wappen eine ganz entschieden abweichende
Gesamtanlage vorliegt. Flier ist jede Massigkeit durch
die sehr klare paarweise Anordnung aufgehoben, am
Helm erscheint vor allem das Fierabhängen der Decken
stark betont, die einzelnen Teile stehen locker vor
dem in großen Partien durchscheinenden Hinter-
gründe, und das Auf-undAbgleiten in weitenSchwün-
3
 
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