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Kunstchronik und Kunstliteratur — 65.1931/​1932

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Heft 5/6 (August-September 1931)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61877#0049
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KUNSTCHRONIK UND KUNSTLITERATUR
BEILAGE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR BILDENDE KUNST
HERAUSGEBER: PROFESSOR DR. GRAUL / SCHRIFTLEITER: DR. NACHOD
Heft 5/6 August-September igp

MUSEEN UND SAMMLUNGEN

DRESDEN. Die Neue Galerie des 19. Jahrhun-
derts. Vor einigen Monaten ist der Gemäldegalerie das ehe-
malige Sekundogeniturgebäude auf der Brühlschen Terrasse
im Austausch mit dem bisher für Galeriezwecke benutzten
Palais Parkstraße überwiesen worden. Anfang August wird
in dem um 1750 vom Grafen Brühl für seine Bibliothek er-
richteten Gebäude eine neue Galerie der Öffentlichkeit zu-
gänglich gemacht werden, in der das Beste aus dem Besitz
der Dresdner Sammlung an Werken des 19. Jahrhunderts
vereinigt ist. Unter den schwierigen Verhältnissen von heute
bedeutet die Überlassung dieser Räume einen erheblichen
Fortschritt in der Richtung der seit 30 Jahren gehegten und
immer wieder durch die Ungunst der Zeiten in ihrer Durch-
führung gehinderten Pläne einer Raumbeschaffung durch
einen Neubau. Daß öffentliche Sammlungen bei der not-
wendig fortschreitenden Sammeltätigkeit an Raumnot leiden,
ist natürlich. Raummangel kann sogar zum Segen werden,
da Beschränkung zu strengerer Auswahl des Besitzes zwingt.
Daß aber wie in Dresden die Hälfte des Gesamtbesitzes an
Bildern von 1800 ab seit Jahrzehnten im Vorrat gestapelt
ist und daß selbst Neuerwerbungen aus Raummangel nicht
gezeigt werden können, ist kein normaler Zustand mehr,
besonders für eine Kunststadt. Seitdem nach dem Krieg die
fertigen Fundamente des Neubaues für die moderne Galerie
wieder zugeschüttet worden sind, weil an eine Weiterführung
des Baues nicht zu denken war, hat der neueren Sammlung
außer dem Erdgeschoßflügel des Semperbaues am Zwinger
das frühere königliche Palais in der Parkstraße als Ausstel-
lungsgelegenheit zur Verfügung gestanden. Diese Zweiteilung
war ein Notbehelf. Das Wohnpalais war bei aller Weit-
räumigkeit für Galeriezwecke nur wenig geeignet, es lag zu
weit ab vom Zentrum und von der Hauptgalerie, so daß der
Besuch verhältnismäßig gering blieb. Die besonderen räum-
lichen Verhältnisse im Zwinger und in der Parkstraße zwangen
außerdem zu einer Verteilung des Bestandes nach rein äußer-
lichen Gesichtspunkten, nach den hier und dort vorhandenen
Wandflächen. Alle Bilder größeren Formats konnten nicht
im Zwinger, sondern nur im Palais Parkstraße Unterkunft
finden. Eine Zerreißung des Zusammengehörigen und ge-
schlossener Künstlerkollektionen war die unvermeidliche
Folge, so daß es dem Besucher schwer fallen mußte, sich
von der neueren Sammlung Dresdens eine richtige Vor-
stellung zu verschaffen.
Die Überweisung des Gebäudes auf der Brühlschen Ter-
rasse ermöglicht es jetzt, die Hauptbestände in zwei in sich
geschlossenen Abteilungen zur Darbietung zu bringen. Die
„Neue Galerie“ auf der Brühlschen Terrasse in
nächster Nähe der Hauptgalerie und in günstigster Lage
Dresdens, nimmt den besten Besitz an Gemälden des
19. Jahrhunderts von C. D. Friedrich bis zu den Im-
pressionisten auf. Die moderne Malerei vom Anfang
unseres Jahrhunderts ab wird in den Räumen des Zwinger-
Erdgeschosses, die zurZeit vorgerichtet werden, zum ersten-
mal eine geschlossene Aufstellung finden. Der alte vornehme
Bau der Brühlschen Bibliothek, der während des 19. Jahr-
hunderts als Kunstakademie gedient hat, und nach Fertig-
stellung des heutigen Akademiegebäudes der Bibliothek und
der graphischen Sammlung der Sekundogenitur Unterkunft
geboten hat, ist das einzige staatliche Gebäude, das für
Galeriezwecke verwendbar ist und nicht die Nachteile aller
für Wohnzwecke bestimmten Bauten besitzt wie das Palais
in der Parkstraße. Der Grundriß ist klar und übersichtlich,
Z. f. b. K. Beilage

die Räume sind weit und hoch. Zwei Geschosse enthalten
je drei aneinanderstoßende Langgalerien, die durch den ge-
schickten Umbau des Landbauamtes um zwei kleinere Säle
und vier Kabinette bereichert worden sind. Im Erdgeschoß
betritt der Besucher die Mittelgalerie mit den Werken Fer-
dinand von Rayskis, die aus räumlichen Gründen noch
niemals geschlossen gezeigt werden konnten. Nach rechts
schließen sich die Nazarener wie Schnorr von Carolsfeld,
Koch, Olivier, Ludwig Richter, dann Caspar David
Friedrich und sein Kreis, links die „Deutschrömer“ Mare es,
Thoma, Böcklin, Feuerbach und Klinger an. Das
Treppenhaus zum Obergeschoß schmückt wirkungsvoll das
große freskoartige Gemälde der „Lebensalter“ von Puvis
de Chavannes. In einem Raum im Obergeschoß sind Öl-
skizzen und Entwürfe ausgestellt. Die obere Mittelgalerie
enthält in getrennten Abteilungen die Kollektionen von
Liebermann, Corinth und Slevogt. Rechts folgen Fritz
von Uhde und Gotthard Kuehl, Leibi, Trübner,
Schuch und der späte Menzel. Links schließt sich ein Saal
mit den Franzosen des 19. Jahrhunderts von Courbets
„ Stein klopfern“ bis Manets „Dame in Rosa“ an.
Wenn diese Umgestaltung auch nicht die endgültige Lösung
der für die Kunststadt Dresden wichtigen Galeriefrage ist,
so bedeutet sie doch eine erhebliche Verbesserung der seit
Jahrzehnten bestehenden Verhältnisse, und man wird es der
Einsicht der maßgebenden Stellen besonders danken müssen,
daß es in heutiger Zeit, in der Dresden so schwer um seine
alte Tradition als Kunststadt kämpft, ermöglicht worden ist,
dem Einheimischen wie dem Fremden, vorläufig wenigstens,
das Wichtigste des Dresdner Kunstschaffens und der Dresdner
Sammeltätigkeit in einer geschlosseneren und übersicht-
licheren Form als bisher darzubieten. Hans Posse
ESSEN. Das Folkwang-Museum hat neue Räume
eröffnet, die exotische Kunst enthalten. Im Kellergeschoß
des Körnerschen Neubaus waren bisher nur die Ausgrabun-
gen der Turfanexpedition ausgestellt. Nun hat man weitere
Räume hinzugenommen, die mit ihrer vorteilhaften Belich-
tung und dem einfachen Fliesenboden die Kunstwerke gut
zur Geltung bringen. Der einzige Raum ohne Tageslicht
nimmt Wajangfiguren auf, die sich vor künstlich beleuch-
teten Glasplatten ausgezeichnet repräsentieren. Weiter sieht
man einzelne Stücke japanischen Kunstgewerbes und vor
allem indonesische Kunstwerke und Keramik aus Mexiko
und Peru, präkolumbische Periode, darunter überraschend
viele figürliche Stücke. Zum erstenmal werden diese exoti-
schen Kunstwerke hier ganz außerhalb jeder ethnologischen
Sphäre im Rahmen eines Kunstmuseums gezeigt. Den Prin-
zipien des Museums getreu hat man auch hier, gewisser-
maßen zum Beweis der Einheit alles künstlerischen Schaffens,
in den präkolumbischen Raum ein expressionistisches Ge-
mälde gehängt. L. St.-E.
HAMBURG. Neuerwerbungen der Kunsthalle. Der
Ausbau der Sammlungen der Kunsthalle ist in den letzten
zwei Jahren in verschiedenen Richtungen weiter gefördert
worden. Die noch kleine Abteilung altdeutscher Meister er-
fuhr eine entscheidende Bereicherung durch die Erwerbung
der Altartafel mit Darstellungen der Geburt Christi und
Christus in Gethsemane (Abb. S. 46) von Hans Schäufelein,
die Buchner (Friedländer-Festschrift, 1927, S. 70) publiziert
hat. Nach Entfernung einiger Übermalungen können die
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