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Kunstchronik und Kunstliteratur — 65.1931/​1932

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Heft 11/12 (Februar-März 1932)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61877#0115
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KUNSTCHRONIK UND KUNSTLITERATUR

auch wenn die Einzelforschung heute die These eines durch
Avignon vermittelten italienischen Einflusses auf die
böhmische Kunst nach 1350 nicht mehr hinzunehmen ge-
neigt ist, seine Bedeutung behält. Von historischem Inter-
esse sind vor allem auch die Nachrufe auf Wickhoff und
Riegl. H. B.
Georg Jacob Wolf, Verlorene Werke deutscher ro-
mantischer Malerei. F. Bruckmann, München 1931.
Die entsetzliche Brandkatastrophe, die in der Nacht vom
6.-7. Juni die sorgenvolle Arbeit zahlreicher deutscher Künst-
ler vernichtet hat, ist ein nationales Unglück gewesen. Denn
während die Lebenden wohl Ersatz schaffen können, ver-
mag kein Trost über den Verlust zu trösten, den das deutsche
Kulturgut an bester romantischer Kunst unwiederbringlich
erlitten hat. Wieder zu erwachen beginnt im Bewußtsein unseres
Volkes die Sehnsucht nach den Malerpoeten, weil sie zu Herz
und Sinn zu sprechen wußten und schlummernde Seelen-
kräfte weckten. Gerade diesem in unserer wildgärenden Zeit
beruhigenden Verlangen diente die Sonderausstellung roman-
tischer Malerei im Rahmen der großen Münchner Kunstaus-
stellung dieses Jahres. Die 110 Bilder aus öffentlichem und
privatem Besitz, mit Bedacht ausgewähl t, gaben ein eindrucks-
volles Bild der deutschen Malerei aus der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts. Sie sind alle in der vorliegenden Veröffent-
lichung reproduziert - davon Runges Selbstbildnis mit Braut
und Bruder farbig. G. J. Wolf behandelt einleitend Wesen
und Erscheinung der deutschen romantischen Malerei und
erläutert zusammenfassend die einzelnen Meisterwerke. Sein
Buch ist nach Gehalt und Ausstattung eine würdige Er-
innerungsschrift von bleibendem Wert. R. Graul
Keramik- und Glasstudien. Herausgegeben von Gus tav
E. Pazaurek. Verlag Keramische Rundschau.
Von diesen allen Freunden des Glases und der Keramik
willkommenen Heften sind fünf erschienen. Der um die Ge-
schichte des Glases und der Keramik gleichverdiente Heraus-
geber widmet dem Glasschneider Gondelach das erste Heft.
Max Sauerlandt hat zum erstenmal die Fassung kera-
mischer Werke in Edelmetall und Bronze zum Gegenstand
einer aufschlußreichen Untersuchung gemacht. Hanns H. Jo-
sten widmet den Fuldaer Porzellanfiguren, die zu den höchst-
geschätzten Erzeugnissen der deutschen Porzellanplastik ge-
hören, ein Heft. P az aurek untersucht die Württembergische
Hafnerkeramik, und in dem zuletzt erschienenen 5. Heft der
Sammlung faßt Ernst Zimmermann zusammen, was über
Kirchner, dem Vorläufer Kändlers an der Meißner Manu-
faktur, aktenmäßig zu erkennen ist.
Carl Schuchardt und Theodor Wiegand, Der Ent-
decker von Pergamon Carl Humann. Berlin 1931,
G. Grote Verlag.
In zweiter Auflage erscheint dieses hübsch ausgestattete
Lebensbild, wie es uns in der Würdigung, die Richard Schoene
1896 zur Erinnerung schrieb, und in den Berichten Humanns
über seine Ausgrabungen von 1878 bis 1886 entgegentritt:
das Bild einer warmherzigen Persönlichkeit, die hingehende
Begeisterung für eine große Kulturaufgabe beseelte und die
es verstand, Kräfte zu organisieren und aller Schwierigkeiten
Herr zu werden. Es folgt ein Aufsatz über die Burg des
Tantalos im Sipylos. Eine launische Plauderei über „Etwas
Türkisch“ schließt das Buch ab. Anmerkungen der Heraus-
geber und 29 Abbildungen erleichtern die fesselnde Lektüre.
Jörg Trübner zum Gedächtnis. Ergebnisse seiner letz-
ten chinesischen Reisen, bearbeitet und herausgegeben
von Otto Kümmel. Klinkhardt & Biermann. Berlin 1930.
Mit Jörg Trübner ist in jungen Jahren ein Pionier auf
dem Gebiete der Sammlung ältester chinesischer Kunst
einer Krankheit erlegen, die ihn in China befiel, als er für

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die Firma Edgar Worch Kunstwerke suchte und einkaufte.
Ein liebenswerter Mensch mit feinem Geschmack und jener
Anlage und soliden Vorbildung, die ihn zu einem seiner Sache
sicheren Einkäufer machten auf einem noch unerforschten
Gebiet jahrtausend alter Vergangenheit. Kümmel erzählt
in seiner warmen Würdigung Trübners, wie schwer es den
europäischen Sammlern, die nicht höher als auf chinesisches
Porzellan schworen, wurde, sich in der bislang nur dürftig
aus der chinesischen Literatur geahnten großen Bronze-
kunst, Grabplastik und Keramik vorchristlicher Jahrhun-
derte, bis zum elften zurück, zurechtzufinden. Die Herrlich-
keiten der archaischen Formen und der symbolrcichen Aus-
zierung fanden bald Schätzer und Sammler, aber es gehörte
Mut, schnelle Entschlußfähigkeit und intuitiver Formver-
stand dazu, um, wo so viel virtuos in China gefälschtes
Kunstgut umgeht - auch der Grabfunde - mit einwand-
freier, wertvoller Ware heimzukommen. Kümmel findet in
seiner Einleitung Worte hoher Anerkennung für den Dienst,
den Trübner der in bezug auf China jungen Kunstwissen-
schaft geleistet hat, denn er war selbst ebenso wissenschaft-
lich interessiert, wie er geschmackvoll im Sammeln gewesen
ist. Trübners verdienstliche Untersuchung über zwei alt-
chinesische Bronzetypen (Yu und Kuang, Berlin 1928) ist in
der Kunstchronik 1930/31 S. 45 angezeigt worden. Den besten
Begriff von der Sammeltätigkeit Jörg Trübners geben aber die
84 Lichtdrucke dieser Gedächtnisschrift. Sie bringen Abbildun-
gen der besten Stücke, die nach Europa durch ihn herüber-
gebracht worden sind. Ein Katalog beschreibt und datiert die
mannigfachen Zeugnisse einer hochwertigen und problem-
reichen Kunst, die in öffentliche und private Sammlungen
Nordamerikas und Europas übergegangen sind. R. Graul
Schleswig. Auf genommen von der Staatlichen Bildstelle.
Beschrieben von Fritz Fuglsang. (Deutsche Lande /
Deutsche Kunst, herausgegeben von Burkhard Meier.)
Berlin, Deutscher Kunstverlag, 1931.
In kunstgeschichtlicher Hinsicht ist die Provinz Schleswig-
Holstein eine Art „terra incognita“ geblieben. So ist für die
Forschung und natürlich auch für einen breiteren Leserkreis
das Erscheinen eines Bandes „Schleswig“ in der bekannten
Reihe „Deutsche Lande — Deutsche Kunst“ zu begrüßen,
der leider — wie Eingeweihte feststellen können — von den
so zahlreich erhaltenen Denkmälern heimischer Kunst zu
wenig Abbildungen bringt. Unverständlich bleibt das Fehlen
jeglicher Abbildung aus und von der Friedrichsberger Kirche,
der Verzicht auf Wiedergaben von Bildern des im Text ge-
nannten holländischen Malers Gowert van Achten aus Tönning.
Der einführende Text des Buches ist dem augenblicklichen
Stande der Forschung entsprechend und leicht faßlich ge-
schrieben. Auch für ihn ist der Mangel an neueren Ver-
öffentlichungen (besonders über die romanische Plastik am
Dom!) bedauerlich. Der vorliegende Band gestattet wohl einen
erheblichen Einblick in die Zahl der Kunstwerke des Lan-
des (aus alter und neuerer Zeit), vermittelt jedoch keines-
wegs einen wenn auch noch so geringen Überblick über Werke
der in der Provinz Schleswig-Holstein heimischen Kunst
und Künstler, deren Bedeutung für die Forschung (und da-
mit für die allgemeine deutsche Kunstgeschichte) - ich er-
innere nur an Gudewerdt II - feststeht. So bleibt zu hoffen,
daß die weiteren vom Verfasser dieser Zeilen angeregten
Bände aus derselben Provinz erscheinen können, um so die
bedeutendsten schleswig-holsteinischen Denkmäler weiteren
Kreisen zugänglich zu machen. Stork
Franz Trautwein, Naumburg, Bauten und Bild-
werke. Bilder von Günther Beyer. Naumburg a. d. Saale
1931, Verlag H. Sieling.
Das reich illustrierte Buch fesselt schon äußerlich durch
modern-künstlerischen Einband, vornehmes Satzbild, Klar-
heit des Bilddruckes und Eigenartigkeit der Aufnahmen von
Günther Beyer, deren Ausschnitte von Stadtbild, Architektur-
teilen usw. der Autor sicher mitbestimmte. Gerade dadurch

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