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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 55.1919/​1920 (April-September)

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Nr. 39 (25. Juni 1920)
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Haberlandt, Arthur: Volk und Kunst im Wandel der Geschichte, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.29587#0239

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Volk und Kunlt im Wandet der GefAiAte 759
waengler und LoefAke den neuen Volksltil eines in derTextilmulterung
wohlgefAulten Voikstums nordifdier Einwanderung erblicken.
Mit der politifAen Geltung diefer neu herandrängenden SAaren fetzt
RA auA ihre Kunlt naA Form und Inhalt durAP) Fragen wir wieder naA
den typifAen Elementen diefer Kunlt, fo Enden wir Re auA hier in gewilfen
Zierformen der ArbeitsfAulung, die auA der zeiAnerifA freien Linien^
führung ihren »Stils verleiht. Es Rnd Textilmulter fowie abergläubifAes BeL
werk, Sinnbilder und ZeiAen, bevorzugte Tiere ufw. (Hakenkreuz, entern?
artige Vöge!>, die ja auA in der religiöfen Kunlt Mefopotamiens einen volks-
tümliAen EinfAlag bilden. Eine ähniiAe Stellung nimmt auA die La=Tene-
Kunlt ein, nur daß hier in viel breiterem Ausmaß füdliAes Kunltgut, vor
allem das PHanzenmulter volksmäßiger Umformung, GeometriRerung und
^EndltiliRerungs im Sinne alt überlieferter geometrifAer SAulung unterlegen
ilt. Mit dem kriegerifAen Aufltieg des Keltenvolkes hat diefer Kunltkreis
allerdings den Charakter einer »Herrenkunit« gewonnen.^
Viel näher als das ebenfo unerforfAte wie interelfante Leben diefer
KunltfAöpfungen liegt dem KunRhiltoriker die Entwi&lung der klaffifAen
Kunlt. Wo bleibt hier die Volkskunlt? ManAer KunltforfAer wird es vieF
leiAt geradezu von der Beantwortung diefer Frage abhängig maAen — trotz
der oben angeführten künftlerifA fruAtbaren Ehen zwifAen Nord und Süd —,
ob er in der Kunltentwi&lung des Abendlandes noA andere Triebkräfte gelten
lallen will als die in der Antike bereits fattfam bekannten. Die antike Kunlt
und Geiftesbildung ilt es ja in der Tat, auf deren Geilt und Leitungen bisher
alle Zeiten aufbauen zu follen glaubten. Dazu hat Re vor allem ihr Charakter
einer Städtekunft befähigt, aus der unfere ItädtifAe KulturentwiAlung falt
unverändert Rüftzeug und Multer zu fAöpfen vermoAte.
Indem die Antike jede befondere Arbeitsleiltung, jedes Handwerk in
diefen BereiA zwang, ilt Re aber natürliA dem Blühen und Gedeihen einer
Volkskunlt in jegliAem Sinne abhold gewefen und die gefellfAaftliAen Klüfte
des antiken Lebens Itehen auA in ihrem künltlerifAen Gehaben offen. Das
Volk ilt immer nur Herr und Meilter über jene Kunltformen, die feinem
Leben, feinem befonderen Arbeitskönnen in Haus und Handwerk ent-
fpringen. Davon Rnd etwa die Töpferei und die Textilkünlte in der
Antike fAon an ein ItädtifAes BereiA gerü&t. So verbleibt die rein !änd-
liAe Kunlt der Hirten und der ihnen naheltehendenKreife. Wohl hat das
bodenwüARge »Volks im klafRfAen Altertum bereits SaAgüter der gleiAen
Art gekannt, wie Re fpäter immer wieder der gleiAen Lebenshaltung diente,
1) Hoernes a. a. O. 1. Auft. S. 362 ff.
2) Vgl. meine »Volkskunft der Balkanländer«. Wien, A. SAroll, 1919, j. DeAelette:
»Manuel d'arAeofogie prehistorique H/3 passim.«
 
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