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DER KUNSTMARKT

Aus der Sammlung Koenigswarter. Versteigerung zu Berlin am
20. November. Kat. Nr. 71. Paulus Potter, Rinder auf der Weide.


lung nicht gleich durch freihändigen Verkauf ins Ausland
wandert, wie das jüngst mit der Sammlung Hainauer ge-
schehen ist, sondern nach altgewohnter Weise unter dem
Hammer des Auktionators angeboten wird. Und auch das
ist bemerkenswert: Der Besitzstand an wirklich erst-
klassigen Privatsammlungen (sieht man von den ganz
großen, die sich internationalen Rufes erfreuen, ab)
schwindet in Europa immer mehr zusammen.
Die Sammlung Königswarter ist verhältnismäßig jungen
Ursprungs und ihre besten Stücke (die Mehrzahl davon
ist aus dem Pariser Kunsthandel erworben worden) sind
ihr erst in den letzten 20 Jahren einverleibt worden. Auch
bei dieser Sammlung darf man von den Werken selbst
auf die feinsinnige Kultur ihres Besitzers schließen. Die
holländische Malerei überwiegt durchaus, und zwar sind
es in erster Linie die großen Meister der holländischen
Landschaft und des Genres, die den Kern der Sammlung
bilden. Man findet hochinteressante Stücke von Jan Steen
und Adrian van Ostade; auch Isaak v. Ostade, der in
deutschen Sammlungen selten zu finden ist, kommt hier
sehr glücklich zu Worte. Von den späteren Genremalern
ist Franz v. Mieris mit einem kleinen Männerporträt und
einer Replik der »BandVerkäuferin« aus dem Kgl. Hof-
museum in Wien vertreten, sehr fein auch Terborch, für
dessen »Verre de limonade« im Jahre 1877 bei der Auktion
der Sammlung Brooks 21000 frcs. bezahlt worden sind
und endlich noch Barent Graat mit einem virtuos gemalten
Familienporträt, dessen Bestimmung auf Wilhelm Bode
zurückzuführen ist. Außerordentlich charakteristisch ist die
holländische Landschaft in der Sammlung Königswarter
repräsentiert. Von van Goyen besitzt dieselbe zwei Stücke,
eins aus der Frühzeit des Meisters vom Jahre 1618, das
andere aus der Spätzeit dürfte etwa 40 Jahre nach dem
erstgenannten entstanden sein. Unter den drei Bildern
von Salomon Ruysdael ist wohl das Winterbild am in-
teressantesten. Der Maler hat selten die frostige graue
Stimmung der Atmosphäre gleichzeitig so eindringlich und
doch so farbig wiederzugeben verstanden wie auf diesem
Bilde. Auch von Jacob van Ruysdael befindet sich ein
echt signiertes und gut erhaltenes Bild mit der Darstellung
einer Brücke über dem Wasser und Bäumen im Hinter-
grund in der Sammlung.
Von Hobbema, dessen Bilder in deutschen Galerien
zu den Seltenheiten gehören, besitzt die Sammlung
gleich drei Stück, darunter eine 1662 datierte Darstellung

einer gotischen Kirche, ferner eine Schloßruine aus der-
selben Zeit und endlich einen besonders typisches Bild,
eine Landschaft mit Dorfstraße. Endlich mögen noch
Werke von Aert v. d. Neer, Everdingen, Wynants, W. van
de Velde genannt sein, von denen durchweg ausgezeichnete
Bilder unter den Hammer kommen. Unter den Meistern
Hollands, welche die Landschaft mit der Tierwelt harmo-
nisch zu verschweißen suchten, ragt Paulus Potter mit
einer sehr stattlichen Darstellung von Kühen hervor. Auch
Cuyp, A. van de Velde und Philips Wouwerman, der letztere
mit zwei Pferdestücken, sind charakteristisch vertreten.
Weitaus das kostbarste aber dürfte in dieser Sammlung
das wundervolle Selbstbildnis von Rembrandt sein. Es ist
echt signiert und von Bode als aus den Jahren 1634/35
erkannt, d. h. aus jener Zeit, wo der Meister in Konkurrenz
mit seinen Amsterdamer Kollegen hauptsächlich Porträts
nach Bestellungen anzufertigen pflegte. In diesem Selbst-
bildnis erscheint Rembrandt männlich stark und mit einem
Ausdruck, der an verschiedene seiner Simsondarstellungen
erinnern könnte. Unter den Nachfolgern des Meisters
ist Nicolaas Maes mit einem prächtigen Frauen-
porträt aus der späteren Zeit, in der er bereits den Zu-
sammenhang mit seinem großen Lehrer verloren hat, zu
nennen. Enger gehört dagegen zum Meister ein Bild von
Salomon Köninck, 1650 datiert. Es stellt einen älteren
Mann mit weißem Bart dar und ist im Oeuvre dieses
Malers, der sonst figurenreiche Kompositionen liebt, eine
besondere Seltenheit. Auch Frans Hals mit einem
Männerporträt in halber Lebensgröße, das ebenfalls echte
Signatur trägt und den freien Stil der späteren Zeit verrät,
ferner Thomas de Keyser mit einem sehr feinen Bild aus
dem Jahre 1830, das an Größe der Auffassung dem erst-
genannten noch überlegen ist, sind gut vertreten. — Nach
den Meistern der Porträts kommen endlich noch die hol-
ländischen Architekturmaler zu Worte, so Emanuel de Witte
mit einem Kirchenraum, der die Starrheit der tektonischen
Linien durch das Spiel des Lichts meistert. Van Jan van
der Heyden, der als Schilderer der Stadtansichten unerreicht
dasteht und auf diesem Spezialgebiet Hervorragendes ge-
leistet hat, besitzt die Sammlung ein köstliches Bild, mehr
landschaftlichen Charakters, das zu seinen reifsten
Schöpfungen gehört.
Die vlämischen Maler des 17. Jahrhunderts, Rubens,
van Dyck und Teniers treten numerisch sehr stark auf.
Von van Dyck besitzt die Sammlung sechs Porträts. Von
Rubens’ Hand rührt das Brustbild eines Mannes her, der


Aus der Sammlung Koenigswarter. Versteigerung zu Berlin am
20. November. Kat, Nr. 69. Isaak van Ostade. Vor der Dorfschenke.
 
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