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DER KUNSTMARKT
Qualität auf dem Kontinent nur
noch selten findet. Hervorragende
Beachtung verdient in unserer
Sammlung zunächst das Porträt des
Kölners Agrippa von Nettesheim,
das Bartholomäus Bruyn verfertigt
hat. Das Bild bezeichnet kunst-
historisch einen Höhepunkt in der
späteren Kölner Malerschule und
ist auch in dem Aldenhovenschen
Werke abgebildet. Über ein zwei-
tes, nicht minder hervorragendes
Bildnis, das eine alte Frau im
Lehnstuhl darstellt, in der Samm-
lung Bösch unter dem Namen
Cornelis de Vos ging und neuer-
dings auf Rubens’ Lehrer Otho
Venius getauft wurde, gibt Glück
eine kunsthistorisch interessante
Erklärung, indem er es einem Ant-
werpener Künstler aus der früheren
Generation zuschreibt, wobei es
allerdings überrascht, daß in der
Zeit um 1570, aus der das Werk
stammen muß, ein anderer Maler
dem Meister Rubens in der Be-
handlung des Fleisches schon so
nahe kommt. Dabei denkt Glück
speziell an Frans Floris, von dem
seines Erachtens am ehesten das
Werk herrühren könnte.
Bei den holländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts
fällt zunächst des Sammlers Vorliebe für die Landschaft
auf und unter den großen holländischen Malern dieses
Genres fehlen nur Meindert Hobbema und Aelbert Cuyp.
Dagegen besitzt die Sammlung eine Reihe anderer Werke,
die durchaus für den feinsinnigen Geschmack des ehe-
maligen Besitzers Zeugnis ablegen. An erster Stelle ist
Jan van Qoyen mit zwei Werken vertreten, die sich durch
besondere Qualität über die üblichen Bilder des Meisters,
die man heute auf dem Kunstmarkt gar nicht so selten
antrifft, auszeichnen. Das eine Gemälde zeigt eine Ansicht
von Dordrecht und ist durch seine Wiedergabe von At-
mosphäre, Wolken und Wasser ersten Ranges. Die Arbeit
dürfte den vierziger Jahren des Meisters entstammen. Um
einiges später ist das zweite Bild, die Kanallandschaft,
entstanden, die das Datum 1652 trägt. Ein dem erstge-
nannten Werk Jan van Goyens sowohl in Stimmung wie
Motiv sehr nahestehendes Bild besitzt die Sammlung in
einer Ansicht von Dordrecht von Salomon van Ruisdael,
die zwar von derselben Seite, dagegen nur von einem der
Stadt etwas näher gelegenen Punkt des Maasarmes auf-
genommen ist. Auch Salomons Neffe, Jacob van Ruisdael,
ist durch eine kleinere Studie, der indes noch die Groß-
artigkeit der späteren Werke fehlt, vertreten. In mancher
Beziehung ist Alart van Everdingen dem letztgenannten
Meister verwandt, denn auch er stellt mit Vorliebe Ge-
birgswasserfälle dar, zu denen er die Motive aus Schweden
mitgebracht hat. Eines dieser für den Meister charak-
teristischen Stücke von Qualität besitzt ebenfalls die Samm-
lung. Von Art van der Neer heben wir eine ausgezeich-
nete Darstellung des Amsterdamer Brandes hervor, die
durch ihre Beleuchtungseffekte in dem Oeuvre des Meisters
zweifellos eine hohe Stelle einnimmt. Auch eine Seeland-
schaft Willem van de Veldes d. J. ist ein Werk von aus-
gezeichneter Qualität. Philips Wouwerman hat bekanntlich
nicht immer nur die großen figurenreichen Gemälde mit
Schlachten, Jagden und dergleichen gemalt, sondern
daneben manches einfache, stim-
mungsvolle Landschaftsbild hinter-
lassen. Diese Darstellungen freilich
sind viel seltener, und zu den köst-
lichsten Werken dieser Gattung
gehört zweifellos die kleine Win-
terlandschaft des Meisters. Auch
Adriaen van de Aelde und Karel
Dujardin sind charakteristisch ver-
treten. Besonders hervorgehoben
zu werden verdient noch ein Werk
des Pieter de Bloot, eine Überfahrt
darstellend. Es ist eins der vor-
trefflichsten Bilder, die wir von
diesem Meister kennen und es hat
außergewöhnlichen Tongehalt,
durch den das Bild an manche
Schöpfungen van Goyens erinnert.
Mit Antoine Palamedez betreten
wir das Gebiet der Gesellschafts-
malerei. Das Bild der Gold-
schmidtschen Sammlung, das eine
Gesellschaft von Herren und Da-
men bei Musik und Spiel zeigt,
dürfte eins der besten Bilder
aus der Frühzeit (es ist 1634
datiert) sein. Verwandt, doch
künstlerisch nicht ganz auf der-
selben Stufe steht ein Soldaten-
bild von Qerbrandt von den Eeck-
hout, das den Einfluß Rembrandts
bekundet und durch seine glückliche ungezwungene Kom-
position hervortritt. Unter den Sittenbildern der hollän-
dischen Malerei müssen Werke wie Jan Steens, »Lustige Ge-
sellschaft«, Quierin Brekelenkams ausgezeichnete »Schuster-
werkstatt« aus dem Jahre 1652, van Tols »Zahnoperation«
und nicht zuletzt die im Katalog als Werk des Jan Verkolje
bezeichnete »Spitzenklöpplerin« erwähnt werden. Das
letztgenannte Bild erinnert, wie Dr. Glück mit Recht be-
tont, viel mehr an den älteren Frans v. Mieris und dürfte
eher einem Meister wie Eglon van der Neer zugeschrieben
werden. In Cornelis Troost hat das Holland des 18. Jahr-
hunderts einen Maler besessen, der in seinen Tendenzen
an den Engländer Hogarth erinnert. Da seine Werke
selten sind, so dürfte ein gutes Bild von ihm in unserer
Sammlung nicht unbeträchtlichen Wert haben. Unter den
Bildern der vlämischen Schule verzeichnet der Katalog eine
sichtlich unter Rubens’ Einfluß entstandene gemeinsame
Arbeit des Hendrik von Baien und des Jan Brueghel, ferner
ein dekorativ gut wirkendes Bild von Erasmus Quellinus,
das derselben Schule entstammt. Gustav Glück macht in
seinem Vorwort endlich noch auf eine Gruppe aufmerksam:
Nr. 11, 45 und 46, die teils an Adriaen Brouwer, teils an
Jugendarbeiten des jüngeren Teniers, teils an späte Bilder
des alten Teniers erinnern, ohne daß er mit Bestimmtheit
das eine oder andere Werk einem dieser Meister zu-
schreiben möchte. Soweit wir, was Nr. 45 anlangt, von
der der Katalog eine gute Abbildung bringt, uns über
dieses Bild ein Urteil erlauben können, dürfte der Be-
zeichnung des Katalogs, der das Werk dem älteren Teniers
zuschreibt, kaum etwas im Wege stehen. Man darf den
Ergebnissen der Versteigerung dieser Sammlung, die im
ganzen 64 Nummern enthält, mit Spannung entgegensehen.
* *
$
Eine Versteigerung von Ölgemälden alter Meister findet
bei Rudolf Lepke, Berlin, am 5. März statt. Der Katalog
führt 192 Gemälde auf. Über die Reichhaltigkeit des Oe-
Otto Greiner. Studienblatt. Aus dem Katalog von
C. G. Boerner »Originalhandzeichnungen alter und
neuerer Meister«
DER KUNSTMARKT
Qualität auf dem Kontinent nur
noch selten findet. Hervorragende
Beachtung verdient in unserer
Sammlung zunächst das Porträt des
Kölners Agrippa von Nettesheim,
das Bartholomäus Bruyn verfertigt
hat. Das Bild bezeichnet kunst-
historisch einen Höhepunkt in der
späteren Kölner Malerschule und
ist auch in dem Aldenhovenschen
Werke abgebildet. Über ein zwei-
tes, nicht minder hervorragendes
Bildnis, das eine alte Frau im
Lehnstuhl darstellt, in der Samm-
lung Bösch unter dem Namen
Cornelis de Vos ging und neuer-
dings auf Rubens’ Lehrer Otho
Venius getauft wurde, gibt Glück
eine kunsthistorisch interessante
Erklärung, indem er es einem Ant-
werpener Künstler aus der früheren
Generation zuschreibt, wobei es
allerdings überrascht, daß in der
Zeit um 1570, aus der das Werk
stammen muß, ein anderer Maler
dem Meister Rubens in der Be-
handlung des Fleisches schon so
nahe kommt. Dabei denkt Glück
speziell an Frans Floris, von dem
seines Erachtens am ehesten das
Werk herrühren könnte.
Bei den holländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts
fällt zunächst des Sammlers Vorliebe für die Landschaft
auf und unter den großen holländischen Malern dieses
Genres fehlen nur Meindert Hobbema und Aelbert Cuyp.
Dagegen besitzt die Sammlung eine Reihe anderer Werke,
die durchaus für den feinsinnigen Geschmack des ehe-
maligen Besitzers Zeugnis ablegen. An erster Stelle ist
Jan van Qoyen mit zwei Werken vertreten, die sich durch
besondere Qualität über die üblichen Bilder des Meisters,
die man heute auf dem Kunstmarkt gar nicht so selten
antrifft, auszeichnen. Das eine Gemälde zeigt eine Ansicht
von Dordrecht und ist durch seine Wiedergabe von At-
mosphäre, Wolken und Wasser ersten Ranges. Die Arbeit
dürfte den vierziger Jahren des Meisters entstammen. Um
einiges später ist das zweite Bild, die Kanallandschaft,
entstanden, die das Datum 1652 trägt. Ein dem erstge-
nannten Werk Jan van Goyens sowohl in Stimmung wie
Motiv sehr nahestehendes Bild besitzt die Sammlung in
einer Ansicht von Dordrecht von Salomon van Ruisdael,
die zwar von derselben Seite, dagegen nur von einem der
Stadt etwas näher gelegenen Punkt des Maasarmes auf-
genommen ist. Auch Salomons Neffe, Jacob van Ruisdael,
ist durch eine kleinere Studie, der indes noch die Groß-
artigkeit der späteren Werke fehlt, vertreten. In mancher
Beziehung ist Alart van Everdingen dem letztgenannten
Meister verwandt, denn auch er stellt mit Vorliebe Ge-
birgswasserfälle dar, zu denen er die Motive aus Schweden
mitgebracht hat. Eines dieser für den Meister charak-
teristischen Stücke von Qualität besitzt ebenfalls die Samm-
lung. Von Art van der Neer heben wir eine ausgezeich-
nete Darstellung des Amsterdamer Brandes hervor, die
durch ihre Beleuchtungseffekte in dem Oeuvre des Meisters
zweifellos eine hohe Stelle einnimmt. Auch eine Seeland-
schaft Willem van de Veldes d. J. ist ein Werk von aus-
gezeichneter Qualität. Philips Wouwerman hat bekanntlich
nicht immer nur die großen figurenreichen Gemälde mit
Schlachten, Jagden und dergleichen gemalt, sondern
daneben manches einfache, stim-
mungsvolle Landschaftsbild hinter-
lassen. Diese Darstellungen freilich
sind viel seltener, und zu den köst-
lichsten Werken dieser Gattung
gehört zweifellos die kleine Win-
terlandschaft des Meisters. Auch
Adriaen van de Aelde und Karel
Dujardin sind charakteristisch ver-
treten. Besonders hervorgehoben
zu werden verdient noch ein Werk
des Pieter de Bloot, eine Überfahrt
darstellend. Es ist eins der vor-
trefflichsten Bilder, die wir von
diesem Meister kennen und es hat
außergewöhnlichen Tongehalt,
durch den das Bild an manche
Schöpfungen van Goyens erinnert.
Mit Antoine Palamedez betreten
wir das Gebiet der Gesellschafts-
malerei. Das Bild der Gold-
schmidtschen Sammlung, das eine
Gesellschaft von Herren und Da-
men bei Musik und Spiel zeigt,
dürfte eins der besten Bilder
aus der Frühzeit (es ist 1634
datiert) sein. Verwandt, doch
künstlerisch nicht ganz auf der-
selben Stufe steht ein Soldaten-
bild von Qerbrandt von den Eeck-
hout, das den Einfluß Rembrandts
bekundet und durch seine glückliche ungezwungene Kom-
position hervortritt. Unter den Sittenbildern der hollän-
dischen Malerei müssen Werke wie Jan Steens, »Lustige Ge-
sellschaft«, Quierin Brekelenkams ausgezeichnete »Schuster-
werkstatt« aus dem Jahre 1652, van Tols »Zahnoperation«
und nicht zuletzt die im Katalog als Werk des Jan Verkolje
bezeichnete »Spitzenklöpplerin« erwähnt werden. Das
letztgenannte Bild erinnert, wie Dr. Glück mit Recht be-
tont, viel mehr an den älteren Frans v. Mieris und dürfte
eher einem Meister wie Eglon van der Neer zugeschrieben
werden. In Cornelis Troost hat das Holland des 18. Jahr-
hunderts einen Maler besessen, der in seinen Tendenzen
an den Engländer Hogarth erinnert. Da seine Werke
selten sind, so dürfte ein gutes Bild von ihm in unserer
Sammlung nicht unbeträchtlichen Wert haben. Unter den
Bildern der vlämischen Schule verzeichnet der Katalog eine
sichtlich unter Rubens’ Einfluß entstandene gemeinsame
Arbeit des Hendrik von Baien und des Jan Brueghel, ferner
ein dekorativ gut wirkendes Bild von Erasmus Quellinus,
das derselben Schule entstammt. Gustav Glück macht in
seinem Vorwort endlich noch auf eine Gruppe aufmerksam:
Nr. 11, 45 und 46, die teils an Adriaen Brouwer, teils an
Jugendarbeiten des jüngeren Teniers, teils an späte Bilder
des alten Teniers erinnern, ohne daß er mit Bestimmtheit
das eine oder andere Werk einem dieser Meister zu-
schreiben möchte. Soweit wir, was Nr. 45 anlangt, von
der der Katalog eine gute Abbildung bringt, uns über
dieses Bild ein Urteil erlauben können, dürfte der Be-
zeichnung des Katalogs, der das Werk dem älteren Teniers
zuschreibt, kaum etwas im Wege stehen. Man darf den
Ergebnissen der Versteigerung dieser Sammlung, die im
ganzen 64 Nummern enthält, mit Spannung entgegensehen.
* *
$
Eine Versteigerung von Ölgemälden alter Meister findet
bei Rudolf Lepke, Berlin, am 5. März statt. Der Katalog
führt 192 Gemälde auf. Über die Reichhaltigkeit des Oe-
Otto Greiner. Studienblatt. Aus dem Katalog von
C. G. Boerner »Originalhandzeichnungen alter und
neuerer Meister«