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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 10.1913

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Nr. 38 (27. Juni 1913)
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DER KUNSTMARKT
X. Jahrgang 1912/1913 Nr. 38. 27. Juni 1913

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 6 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. 11a.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 30 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

Die nächste Nummer des Kunstmarktes (Nr. 39) erscheint am 11. Juli.

BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

Juni
27.-28.
Aachen. *Ant. Creutzer. Sämig. Stocky-Düssel-
dorf: Napoleon und seine Zeit im Bilde.
Herbst
Berlin. Rud. Lepke. Sammlg. des verstorbenen
Kommerzienrats August Zeiß: Renaissance-
kunst, Majolika, Teppiche, moderne Gemälde.
Venedig. Kunstauktion im Palazzo Balbi. (Unt.
Leitung von Hugo Helbing-München und A.
Rambaldi-Bologna.) Kollektion M. Guggen-
heim-Venedig, Ölgemälde und Handzeich-
nungen alter Meister, Kunstgewerbliche Ar-
beiten, vorwiegend Möbel u. Marmorarbeiten
im alten Stil.
Juli
Aachen. Ant. Creutzer. Bibliotheken des f Dom-
baumeisters Vincenz Staatz, f Oberpfarrers
Ferdinand-Aachen, sowie histor. Abteilung-
einer Regimentsbibliothek.
Aachen. >4zz£. Creutzer, vorm. M. Lempertz.
Smlg. Rongen-Aachen: Antiquitäten aller Art.
Aachen. Ant. Creutzer, vorm. M. Lempertz.
Bibliothek aus Aachener Privatbesitz.
Herbst
Berlin. Rud.Lepke. Majolikasammlung A. von
Beckerath.
Leipzig. P. PL Beyer & Sohn. Das fast voll-
ständige graph. Werk Max Klingers u. a.

Ueber die mit Sternchen versehenen Versteigerungen ist im Anzeigenteil dieser Nummer Näheres zu finden.
DIE VERSTEIGERUNG DER SAMMLUNG NEMES

Am 17. und 18. Juni wurde in der Galerie Manzi
die Sammlung des Herrn M. v. Nemes verkauft. Da
diese Sammlung in München und Düsseldorf lange
Zeit ausgestellt gewesen war und nicht geringer
Zeitungslärm die Person des ungarischen Sammlers
und seinen Kunstbesitz umtobt hatte, erwartete man
eine Sensation. Ruhig betrachtet, bot dieser Bilder-
bestand nichts Außerordentliches, abgesehen von der
langen Serie der Greco-Bilder. Der persönliche Ge-
schmack des temperamentvollen Sammlers trat in der
Vorliebe für diesen spanischen Maler deutlich hervor.
Und mit dieser Neigung konnte man leicht die
Passion für einige Franzosen des 19. Jahrhunderts
zusammenreimen (für Manet, Renoir und Cezanne).
Unter den Bildern der holländischen Schule gab es
aber genug Stücke, vor denen man sich vergebens
fragte, wie sie in die Hände gerade dieses Sammlers
gekommen waren, der soviel Verständnis für freie
und breite Pinselkunst offenbar besitzt. Die Beteiligung
bei der Auktion war groß, d. h. es waren viele
Menschen anwesend. Man sah viele deutsche Museums-
beamte. Gekauft wurde aber nur von wenigen Seiten.
Sehr viele Bilder scheinen nach Pest zurückzukehren,
wenn nicht in das Haus des Herrn v. Nemes, so doch
in die Häuser von Leuten, die er mit seiner Passion
angesteckt hat. Die Pariser Sammler hielten sich an-
scheinend zurück und kamen selbst durch die lange
Reihe der französischen Impressionisten nicht in Ver-
suchung. Unter den italienischen Bildern erregten
die »Tintoretto« besonderes Interesse. Das Haupt-
stück des Meisters, Christus und die Ehebrecherin,
wurde mit 240000 Frs. hoch bezahlt. Hervorragend
unter den primitiven Niederländern erschien die kleine
liebliche, »Gerard David« genannte Madonna (120000

Frs.), sowie die Beweinung Christi, ein charakteristi-
sches Werk dieses Meisters (84000 Frs., Privatsamm-
ler in Chicago). Die monumentale nackte Frauen-
gestalt von Baldung (makellos erhalten) wurde leider
von keinem deutschen Museum gekauft, sondern kam
in holländischen Privatbesitz (115000 Frs.), der schöne
»Bruyn«, Anna selbdritt mit Heiligen, bekannt von
der Weber-Auktion, für 72000 Frs. in die Hand
eines Pariser Händlers.
Bei den niederländischen Gemälden des 17. Jahr-
hunderts stach aus der Rubens-Gruppe die schöne
Skizze aus der Weber-Sammlung hervor (56000 Frs.).
Sehr schön die Stilleben, namentlich der »Fyt«
(28000 Frs.). Für die holländischen Landschafter und
Genremaler hat Herr v. Nemes nicht viel übrig ge-
habt. Hübsch der »Brekelenkam« (30000 Frs.). Der
bedeutende, tadellos erhaltene »Rembrandt«, Bildnis
des sog. Vaters, brachte 516000 Frs. (Münchener
Kunsthandel). Die beiden kleinen Studienköpfe von
Rembrandt wurden mit 95000 und 54000 Frs. relativ
besser bezahlt als das stattliche Hauptbild.
Am zweiten Tage kamen die Greco-Bilder (der
ausgeprägte Charakterzug der Sammlung) an die Reihe.
Man war begierig, zu beobachten, ob die energisch
angefachte Begeisterung für den genialen Spanier, der
aller Konvention scharf widerspricht, tief und weit
genug gedrungen wäre, einen günstigen und wirk-
lichen Verkauf von zwölf seiner Gemälde zu ermög-
lichen. Leider kann die Frage, ob die zwölf Bilder
wirklich und günstig untergebracht worden sind, nach
der Auktion nicht beantwortet werden. Die aus-
gerufenen Zahlen beweisen nicht viel. Den höchsten
Preis brachte die hl. Familie mit dem Fruchtkorb
(173000 Frs.). Für so bedeutende Kompositionen
 
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