Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,1.1897-1898
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https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0107
DOI Heft:
Heft 4 (2. Novemberheft 1897)
DOI Artikel:Dresdner, Albert: Volksunterhaltung
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0107
Volksunterbaltung.
Äm sö. und November tagte in Berlin ein „Kongreß für
Volksunterhaltung". Die Volksunterhaltung ist allerdings keine rein
künstlerische Angelegenheit, steht aber mit den Kunstbestrebungen in mehr-
fachem, schr engem Zusammenhange. Denn einmal ist die Veredlung
der Uuterhaltungsmittel des Volkes im eminenten Sinne eine Aufgabe
der künstlerischen Kultur, und sodann sind es in erster Reihe die Künste,
durch dic man diese Veredlung herbeizuführen sucht.
Die Veredlung der Unterhaltungen des Volkes ist eine Aufgabe,
deren rastlose Betreibung nicht ernst genug genommen werden kann.
Zwei Thatsachen für viele mögen ihre dringliche Bedeutung ins Licht
stellen: das Vcrwelken unseres echten Volksliedes und die Herrschaft des
Tingeltangels in der Stadt. Jch glaube, datz der demoralisierende
Einflutz des Tingeltangels noch weit unterschätzt wird. Er trägt ein
schleichendes Gift in alle Volkskrcise. Er trügt es auch in die Pressc,
die fast nie den Mut fiudet, gegen die Schamlosigkeit oder Geschmacks-
rohheit der Tingeltangel-Darbietungen etwas zu sagen, und, wenn sie
doch eimnal das Ungeheure wagt, das schnell durch eine glänzende
Kritik über dic neuen Krüfte des Jnstitutes wett macht. So ist's hier
üei einer grotzen und sonst durchaus anständigen Zeitung geschehen ; den
Grund siche im Jnseratentcil.
Die Volksunterhaltungs-Bestrebungen wollcn nun das Volk durch
billige, reizvolle und gute Veranstaltungeu den Variot^s und Tingel-
tangel abspenstig machen. Ueber die Notwendigkeit und den Wert
dieser Bestrebungen waren die Teilnehmer einig, und die Würme,
die viele Redncr entwickelten, die Liebe zur Sache wirkten wahrhaft
wohlthuend. Ucber die Methode des Vorgehens aber zeigte sich eine
bemerkenswerte Meinungsverschiedenheit. Die eine Partei war für die
Zulassung von Bier und Zigarre, die andere auch äutzerlich für das
höchste Matz. Die Vertreter der ersteren Ansicht betonten besonders, datz
man dem Arbeiter und Handwerker seine Gemütlichkeit lassen, überdies
Äm sö. und November tagte in Berlin ein „Kongreß für
Volksunterhaltung". Die Volksunterhaltung ist allerdings keine rein
künstlerische Angelegenheit, steht aber mit den Kunstbestrebungen in mehr-
fachem, schr engem Zusammenhange. Denn einmal ist die Veredlung
der Uuterhaltungsmittel des Volkes im eminenten Sinne eine Aufgabe
der künstlerischen Kultur, und sodann sind es in erster Reihe die Künste,
durch dic man diese Veredlung herbeizuführen sucht.
Die Veredlung der Unterhaltungen des Volkes ist eine Aufgabe,
deren rastlose Betreibung nicht ernst genug genommen werden kann.
Zwei Thatsachen für viele mögen ihre dringliche Bedeutung ins Licht
stellen: das Vcrwelken unseres echten Volksliedes und die Herrschaft des
Tingeltangels in der Stadt. Jch glaube, datz der demoralisierende
Einflutz des Tingeltangels noch weit unterschätzt wird. Er trägt ein
schleichendes Gift in alle Volkskrcise. Er trügt es auch in die Pressc,
die fast nie den Mut fiudet, gegen die Schamlosigkeit oder Geschmacks-
rohheit der Tingeltangel-Darbietungen etwas zu sagen, und, wenn sie
doch eimnal das Ungeheure wagt, das schnell durch eine glänzende
Kritik über dic neuen Krüfte des Jnstitutes wett macht. So ist's hier
üei einer grotzen und sonst durchaus anständigen Zeitung geschehen ; den
Grund siche im Jnseratentcil.
Die Volksunterhaltungs-Bestrebungen wollcn nun das Volk durch
billige, reizvolle und gute Veranstaltungeu den Variot^s und Tingel-
tangel abspenstig machen. Ueber die Notwendigkeit und den Wert
dieser Bestrebungen waren die Teilnehmer einig, und die Würme,
die viele Redncr entwickelten, die Liebe zur Sache wirkten wahrhaft
wohlthuend. Ucber die Methode des Vorgehens aber zeigte sich eine
bemerkenswerte Meinungsverschiedenheit. Die eine Partei war für die
Zulassung von Bier und Zigarre, die andere auch äutzerlich für das
höchste Matz. Die Vertreter der ersteren Ansicht betonten besonders, datz
man dem Arbeiter und Handwerker seine Gemütlichkeit lassen, überdies