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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,1.1897-1898

DOI Heft:
Heft 11 (1. Märzheft 1898)
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Avenarius, Ferdinand: Vornehme Polemik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0347

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IDornebme Dolenük.

Nls erste Bedingung einer vornehmen Polemik erscheint uns allen,
daß sie sachlich sei. Was will das sagen? „Die Hauptfache muß
der besprochene Gegenstand sein."

Das wird wohl zutreffen, und bekanntlich ist leider bei unsern
polemischen Thaten nur selten die Hauptsache der strittigen Frage zugleich die
Hauptsachc der Nrbeit. Da haben wir zum Beispiel die Kopfklowns: sie zeigen
uns, wie schön man auf dcm Schädel stehn, sich drehn, hüpfen sogar und doch
dabei siedeln und Gesichter schneiden kann, zumeist heitere, aber gelegent-
lich selbst feierliche und würdevolle, was dann eine besondere Kunstleistung
ist. Die große Mchrheit unserer Geistreichen gehvrt zu dieser Gattung,
sie sind nnterhaltsani anzuschaun, und wir nicken ihnen zu, wenn
sie mitten zwischen ihren Künsten bci zierlichem Verbeugungspas zum
Publikum um Beifall herüberlächeln. Aber wir finden nicht, wie sie doch
selber findcn: daß es ihren Gegner vernichte, wenn sie ihm während
ihrcr Produktionen lange Nascn machen, geschehe dicses selbst in noch
so schwierigcn Stellungen. Ob sic als Gegner eine Person oder eine
Sachc markiercn, gilt übrigcns den Kopfklowns gleich; ihnen kommt's ja
auf andcres an: seht, das Polemisieren ist an sich schon schwer, ich kann's
nebenbei! Es ließen sich noch andere interessante Typen von Literaten
aufstellen, um das Wesen einer unsachlichen Polemik zu zeigen, und wir
planen sogar, diese Herren an der Hand eines Belegmaterials demnachst
unsern Lesern (es sei das beliebte Fachwort auch bei dieser Art von
Geschäftsleuten erlaubt:) zu bemustern. All diese Gesellschaften von
literarischen Simulanten, Komödianten und Artisten fallen aber für unsere
hcutige Betrachtung nun wcg.

Denn wir möchtcn uns einmal gegen den falschen Begriff der Vor-
nehmheit wendcn. Diesem nachzuleben ist sehr bequem, verlangt nicht
das mindestc Aufgebot von Mut, ist aber, weiß es Gott, nichts weniger
als gesund und nützlich. Der falsche Vornehmheitsbegriff ist demselben
Geiste entsprossen, der sein Jdeal auch in einer Satire sieht, die „erheitert
 
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