zeichncn sich weniger durch klares Arrangement und verständliche Motive aus,
als durch Brillanz und Eigenartigkeit dcr Orthographie. Jn der leistungsfähigen
Manufaktur von Richard Memel, die fast allwöchcntlich eincn Band Unsterli-
lichkcit fertig stellt, werden jetzt vielfach alte Kirchenstoffe in durchaus ncuer
Weise verarbeitet und namcntlich die dickaufgetragcnen k-Iaut-Aout-Stickercicn,
welche dort stellenweise angewandt werden, haben dem Etablissement sclbst aus
richtcrlichen Kreisen Kundschaft zugcbracht. Vcrmvgc dcr kolossalen Gering-
schätzung, wclche diese Firmen der Konkurrenz und Kritik cntgcgenbringen, sind
sie in der Lage, lücherlich billig zu produzicren. Trotzdem soll sich das Anlage-
kapital schlccht verzinsen.
Auch im Drama sind altc Stoffc jetzt stark in dcr Mode: Sudermann
hat fortwährendcn Ausverkauf im Deutschcn Theater, dessen Prokurist Kainz
mit dcr Dircktrice Sorma allerdings starken Anteil am glänzendcn Geschästs-
gang haben. DaS HauZ von Hauptmann ist lange mit kciner Neuheit mchr
herausgcrückt, und seinc Wcber arbeiten, nachdcm dcr ctmas sehr bunte, abcr
kräftig wirkende Renaissancebrokat, Marke „Florian Gcyer", sich als wenig
dauerhaft erwies, immer noch schillernde Changcant-Seidc ü lu Nautcndelcin,
obwohl die daraus gemachten Glockenrvcke auch schon nicht mehr lucuto nou-
venuto sind. Das k. Schauspielhaus hat im Umarbeiten getragener Sachcn
viel Eifer gezeigt und sogar aus cinem unvollendeten Stück Sr. Exzellcnz des
Herrn Ministers Wolfgang v. Goethe, wirkl. Geheinirat snicht zu verwechseln
mit dem Dichter gleichen Namens), eine Art von Umsturzmantel gegen die
Nörgler und Aufgeregten geflickt. Auch Blumenthal verkaust die ältesten Sachen,
die er geschickt aufputzt, für neu. Der geistvolle Lustspielkonfektionist schneidert
aus cincm Stoff, der für eine Anckdote zu knapp wärc, mit Leichtigkeit eine
abendfüllende Komödie und ist so mit Aufträgcn überhüuft, daß er mit meh-
reren Kompagnons arbciten muß.
Jn der Musik sind im allgemcinen bcstimmte Direktiven für den, der
darauf hält, wirklich modern zu sein, schwcr anzugebcn. Man schwankt noch
stark zwischen Johann und Nichard Strauß hin und her und man wird gut
thun, zwischen Beiden mehr nach individucllem Geschnmck zu wählen. Die
jetzige Saison vcrleiht allerdings dem Ersteren ein gewisses Uebergewicht, aber
mit Beginn der Fastenzcit dürften die dunklen Stoffe und komplizierten Ton-
gcwebe des Letztercn wicder mchr in Schwung kommen. Thatsachc ist, daß
auf kcincr der größercn Redouten, sei es im Lindentheatcr oder in den Rcichs-
hallen, biS jetzt scin „Zarathustra" gespielt wurde. Kurze Opcrn hat man noch
immer gern, doch gibt cs wenig Novitäten. „eav-ülei-i-i, rustic-ma" ist glcich-
zeitig mit den Schinkenärmcln aus dcr Mode gckommen, nnd Drehorgeln, die
das Jntermezzo auf der Walze habcn, kann ein Kunstvcrständiger jetzt um
halben Preis kaufen. Vom Komponistcn dcs „Sang an Aegir" ist lange keine
Neuheit mchr erschienen; das Gerücht, ein „Hymnus an Buddha" sei in Vor-
bereitung, hat sich bis jetzt nicht bestätigt.
Aus der Aarncvals-Nummer der lNiinchencr „Iugeud".
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als durch Brillanz und Eigenartigkeit dcr Orthographie. Jn der leistungsfähigen
Manufaktur von Richard Memel, die fast allwöchcntlich eincn Band Unsterli-
lichkcit fertig stellt, werden jetzt vielfach alte Kirchenstoffe in durchaus ncuer
Weise verarbeitet und namcntlich die dickaufgetragcnen k-Iaut-Aout-Stickercicn,
welche dort stellenweise angewandt werden, haben dem Etablissement sclbst aus
richtcrlichen Kreisen Kundschaft zugcbracht. Vcrmvgc dcr kolossalen Gering-
schätzung, wclche diese Firmen der Konkurrenz und Kritik cntgcgenbringen, sind
sie in der Lage, lücherlich billig zu produzicren. Trotzdem soll sich das Anlage-
kapital schlccht verzinsen.
Auch im Drama sind altc Stoffc jetzt stark in dcr Mode: Sudermann
hat fortwährendcn Ausverkauf im Deutschcn Theater, dessen Prokurist Kainz
mit dcr Dircktrice Sorma allerdings starken Anteil am glänzendcn Geschästs-
gang haben. DaS HauZ von Hauptmann ist lange mit kciner Neuheit mchr
herausgcrückt, und seinc Wcber arbeiten, nachdcm dcr ctmas sehr bunte, abcr
kräftig wirkende Renaissancebrokat, Marke „Florian Gcyer", sich als wenig
dauerhaft erwies, immer noch schillernde Changcant-Seidc ü lu Nautcndelcin,
obwohl die daraus gemachten Glockenrvcke auch schon nicht mehr lucuto nou-
venuto sind. Das k. Schauspielhaus hat im Umarbeiten getragener Sachcn
viel Eifer gezeigt und sogar aus cinem unvollendeten Stück Sr. Exzellcnz des
Herrn Ministers Wolfgang v. Goethe, wirkl. Geheinirat snicht zu verwechseln
mit dem Dichter gleichen Namens), eine Art von Umsturzmantel gegen die
Nörgler und Aufgeregten geflickt. Auch Blumenthal verkaust die ältesten Sachen,
die er geschickt aufputzt, für neu. Der geistvolle Lustspielkonfektionist schneidert
aus cincm Stoff, der für eine Anckdote zu knapp wärc, mit Leichtigkeit eine
abendfüllende Komödie und ist so mit Aufträgcn überhüuft, daß er mit meh-
reren Kompagnons arbciten muß.
Jn der Musik sind im allgemcinen bcstimmte Direktiven für den, der
darauf hält, wirklich modern zu sein, schwcr anzugebcn. Man schwankt noch
stark zwischen Johann und Nichard Strauß hin und her und man wird gut
thun, zwischen Beiden mehr nach individucllem Geschnmck zu wählen. Die
jetzige Saison vcrleiht allerdings dem Ersteren ein gewisses Uebergewicht, aber
mit Beginn der Fastenzcit dürften die dunklen Stoffe und komplizierten Ton-
gcwebe des Letztercn wicder mchr in Schwung kommen. Thatsachc ist, daß
auf kcincr der größercn Redouten, sei es im Lindentheatcr oder in den Rcichs-
hallen, biS jetzt scin „Zarathustra" gespielt wurde. Kurze Opcrn hat man noch
immer gern, doch gibt cs wenig Novitäten. „eav-ülei-i-i, rustic-ma" ist glcich-
zeitig mit den Schinkenärmcln aus dcr Mode gckommen, nnd Drehorgeln, die
das Jntermezzo auf der Walze habcn, kann ein Kunstvcrständiger jetzt um
halben Preis kaufen. Vom Komponistcn dcs „Sang an Aegir" ist lange keine
Neuheit mchr erschienen; das Gerücht, ein „Hymnus an Buddha" sei in Vor-
bereitung, hat sich bis jetzt nicht bestätigt.
Aus der Aarncvals-Nummer der lNiinchencr „Iugeud".
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