er übrigens, wie so zahlreiche alte
Beispiele beweisen (wir erinnern
an den konrischen Kirchenlenen
Kw. XXII, 2() auch nichts.
Steinquadern und Holz-
schindeln aus — Blech
<^n vielen württernbergischen Dör-
Ofern — ich weiß nicht, ob auch
sonstwo — ist nran auf einen
ingeniösen Ersatz des teuren Qna-
dermauerwerks und der vergang-
lichen Holzschindelverschalnng ver-
fallen. Ein findiger Fabrikant stellt
große Tafeln ans gestanztem Blech
her, die, besonders wenn sie ent-
sprechend bemalt werden, genau
so aussehen, wie Quadern mit glat-
tem Randbeschlag und rauh bos-
siertem Spiegel, und wie kleine
schuppenartig übereinandergreifende
Holzschindeln. Der Wanderer, der
nichtsahnend durch die Dörfer geht,
in denen mit diesen Blechtafeln
verkleidete Hänser stehen, ist ganz
perplex, wenn er sieht, wie man
hier die Pietät für die heimatliche
Banweise auffaßt. Stein- und
Holzformen in Blech imitiert, das
ist wohl der Höhepunkt des Surro-
gatnnfugs! Dabei soll diese Lieb-
haberei gar nicht einmal besonders
billig sein — von den Hhgienischen
Unzuträglichkeiten eines hermeti-
schen Luftabschlusses der Mauern
ganz zn schweigen. Es wäre wirk-
lich an der Zeit, daß man den Blech-
fabrikanten etwas auf die Finger
sähe, oder daß die Bauern von
Amts wegcn darüber, was heimische
Bauweise und was — Kitsch ist,
anfgeklärt würden. Fm Stutt-
garter Landesgewerbemuseum be-
findet sich eine ständige Ausstellung
von „Geschmacksverirrungen", in
der besonders die sinnlosen Surro-
gate einen großen Ranm einneh-
men. Ich erinnere mich nicht,
Quadern und Schindeln aus Blech
darunter gesehen zu haben. Daraus
2. Oktoberheft (9(0
schließe ich, daß die Fabrikation
erst jungen Datums ist. Vielleicht
genügt dieser Hinweis, weitere
Kreise auf die neue Errungen-
scha'ft aufmerksam zu machen und
auch dieser „Blechpest", ehe sie sich
verbreitet, Einhalt zu tun.
Konrad Lange-Tübingen
Dilettantis ch eWirtsch afts-
resormer
s ist bekannt, daß die großen
Warenhäuser für gewisse Ar-
tikel „Reklamepreise" machen, das
heißt sie verkaufen diese Sachen
— namentlich bei Lebensmitteln
gern — sehr billig, unter Umstän-
den mit Verlust, um damit Kunden
für andre Waren, an denen ihnen
lohnender Verdienst bleibt, anzu-
locken. Lassen wir mal die „Moral"
beiseite. Or. Heinrich Pudor
zieht in Aufsätzen, die früher in
verschiedenen Zeitungen und Ieit-
schriften erschienen, und die er jetzt
in einer etwas nnklaren Broschüre
„Deutsche Oualitätsarbeit" zusam-
mengearbeitet hat, aus der Tatsache
dieses Konkurrenzmanövers die fol-
genden wirtschaftlichen Folgerun-
gen: Erstens, das Publikum wird
betrogen, man macht es erst kirre
und zieht ihm dann das Geld aus
der Tasche. Zweitens, die Nah-
rungsmittelgeschäfte werden geschä-
digt, denn durch die Preisunterbie-
tung werden ihnen die Kunden weg-
gefangen. Ilnd drittens leiden auch
die Geschäfte andrer Warengebiete
Schadcn, anch ihnen lockt man
durch diesen Reklametrick die
Käufer weg. Also „arglistige Läu-
schung" des Publikums und „un-
lauterer Wettbewerb". Pudor hat
ein Heilmittel dagegen bei der
Hand. Er verlangt eine gesetz-
liche Bestimmung: „Keine Ware
darf unter dem Herstellungspreis
angeboten werden." Aber er
wünscht diesen Paragraphen nicht
(57
Heimatpflege
Handel «nd
Gewerbe
Beispiele beweisen (wir erinnern
an den konrischen Kirchenlenen
Kw. XXII, 2() auch nichts.
Steinquadern und Holz-
schindeln aus — Blech
<^n vielen württernbergischen Dör-
Ofern — ich weiß nicht, ob auch
sonstwo — ist nran auf einen
ingeniösen Ersatz des teuren Qna-
dermauerwerks und der vergang-
lichen Holzschindelverschalnng ver-
fallen. Ein findiger Fabrikant stellt
große Tafeln ans gestanztem Blech
her, die, besonders wenn sie ent-
sprechend bemalt werden, genau
so aussehen, wie Quadern mit glat-
tem Randbeschlag und rauh bos-
siertem Spiegel, und wie kleine
schuppenartig übereinandergreifende
Holzschindeln. Der Wanderer, der
nichtsahnend durch die Dörfer geht,
in denen mit diesen Blechtafeln
verkleidete Hänser stehen, ist ganz
perplex, wenn er sieht, wie man
hier die Pietät für die heimatliche
Banweise auffaßt. Stein- und
Holzformen in Blech imitiert, das
ist wohl der Höhepunkt des Surro-
gatnnfugs! Dabei soll diese Lieb-
haberei gar nicht einmal besonders
billig sein — von den Hhgienischen
Unzuträglichkeiten eines hermeti-
schen Luftabschlusses der Mauern
ganz zn schweigen. Es wäre wirk-
lich an der Zeit, daß man den Blech-
fabrikanten etwas auf die Finger
sähe, oder daß die Bauern von
Amts wegcn darüber, was heimische
Bauweise und was — Kitsch ist,
anfgeklärt würden. Fm Stutt-
garter Landesgewerbemuseum be-
findet sich eine ständige Ausstellung
von „Geschmacksverirrungen", in
der besonders die sinnlosen Surro-
gate einen großen Ranm einneh-
men. Ich erinnere mich nicht,
Quadern und Schindeln aus Blech
darunter gesehen zu haben. Daraus
2. Oktoberheft (9(0
schließe ich, daß die Fabrikation
erst jungen Datums ist. Vielleicht
genügt dieser Hinweis, weitere
Kreise auf die neue Errungen-
scha'ft aufmerksam zu machen und
auch dieser „Blechpest", ehe sie sich
verbreitet, Einhalt zu tun.
Konrad Lange-Tübingen
Dilettantis ch eWirtsch afts-
resormer
s ist bekannt, daß die großen
Warenhäuser für gewisse Ar-
tikel „Reklamepreise" machen, das
heißt sie verkaufen diese Sachen
— namentlich bei Lebensmitteln
gern — sehr billig, unter Umstän-
den mit Verlust, um damit Kunden
für andre Waren, an denen ihnen
lohnender Verdienst bleibt, anzu-
locken. Lassen wir mal die „Moral"
beiseite. Or. Heinrich Pudor
zieht in Aufsätzen, die früher in
verschiedenen Zeitungen und Ieit-
schriften erschienen, und die er jetzt
in einer etwas nnklaren Broschüre
„Deutsche Oualitätsarbeit" zusam-
mengearbeitet hat, aus der Tatsache
dieses Konkurrenzmanövers die fol-
genden wirtschaftlichen Folgerun-
gen: Erstens, das Publikum wird
betrogen, man macht es erst kirre
und zieht ihm dann das Geld aus
der Tasche. Zweitens, die Nah-
rungsmittelgeschäfte werden geschä-
digt, denn durch die Preisunterbie-
tung werden ihnen die Kunden weg-
gefangen. Ilnd drittens leiden auch
die Geschäfte andrer Warengebiete
Schadcn, anch ihnen lockt man
durch diesen Reklametrick die
Käufer weg. Also „arglistige Läu-
schung" des Publikums und „un-
lauterer Wettbewerb". Pudor hat
ein Heilmittel dagegen bei der
Hand. Er verlangt eine gesetz-
liche Bestimmung: „Keine Ware
darf unter dem Herstellungspreis
angeboten werden." Aber er
wünscht diesen Paragraphen nicht
(57
Heimatpflege
Handel «nd
Gewerbe