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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,1.1910

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Heft 3 (1. Novemberheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9031#0301
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angehört und sich bisher von einer
Vereinigung, deren Zweck er gut-
hieß, mit der Begründung ferngehal--
ten hat, ihr Gebaren verletze sein
ästhetisches Gefühl, der trete jener
Vereinigung schleunig bei, er wird
sehr bald Gelegenheit finden, da-
selbst allein oder in Gemeinschaft
mit Gleichgestimmtcn sein verletztes
ästhetisches Gefühl in eine befrie-
digende ästhetische Tat umzusetzen.

Ein weiteres Mittel zum Be-
kanntwerden der Vereine miteinan-
der bietet die ja keinem größeren
Fach- wie Sachverein fehlende Zeit-
schrift. In ihr sollte sich eine stän-
dige Abteilnng für das Verhältnis
des eigenen Vereins zu befreunde-
tcn finden. In welchem Umfang
aber und bis zu welcher Tiefe dies
geschehen kann, das bedarf für die
Leser dieser Blätter keiner weiteren
Auseinandersetzung.

Karl Polenske

Die Werningschen vater-
ländischen Festspiele

ir sind alle Bildungsfreunde,
daß es eine Freude ist. Wir
verachten, vom Kolportageroman
nicht erst zu reden, die Nick Earter-
und sonstige Schundliteratur, wie
sich's gebührt, und „bekämpfen" sie
auch mit Entrüstnng, mindestens
am Stammtisch. Aber wir öffnen
dem fürchterlichsten Schund mit
Grnß und Verbeugung die Tore,
sofern er auf seiner Geschäftsreise
eine patriotische Fahne trägt. Und
bilden uns dann ein, er würde von
seinem Besuch als Gastgeschenk nnr
die patriotischen Gefühle zurück-
lasscn, nicht auch die Freude am
Schund, nicht anch die Eitelkeit,
die Narretei und das Billigste vom
Billigen: die Selbstanräncherung
in Schwärmen unt> Schwögen, die
im faulen Sichausstrecken auf
den eignen Lorbeeren endet. Ar-
beit fürs Ganze brauchen wir,

die stellt L.eistungen hin; eine
„Vaterlandsliebe", die sich von
Rauch und Dunst „nähren" läßt,
ist selber nichts Besseres und wird
durch bengalische Beleuchtung in
allen gangbaren Feuerwerksarben
um kein Saatkorn fruchtbarer.

Seit vierzehn Iahren ziehen
die sogenannten Werningschen
Vaterländischen Festspiele durchs
Land, sie haben nicht weniger als
rund 500 Orte mit rund S000
Vorstellungen beglückt. Das.heißt:
sie sind ein ganz wesentlicher Faktor
unsrer „Lsthetischen Erziehung" ge-
worden. Das wären sie schon, wenn
sich's nnr um gewöhnliche 5000
Theatervorstellungen handelte, aber
eine Vorstellung dieser Art
bedeutet nicht bloß einen mit Zu-
schauern verbrachten Abend. Iede
einzelne bedeutet, da sich's um Di-
lettantenanfführungen handelt, die
intimste Beschäftigung mit der
Sache für eine ganze Neihe von
Leuten eine ganze Weile hindurch.
Sie bedeutet, wenn hier Gutes ge-
boten wird, eine Erziehnng fürs
Gute, wie sie z. B. gute Chorgesang-
vereine auf ihrem Gebiete leisten.
Wenn aber Schund geboten wird,
so bedeutet sie die Trziehung
zum Schund. Und mit den Auf-
führenden ist in kleinen Orten das
halbe Nest verschwägert oder an-
gefreundet. Leute, die nicht „mit-
machen", laufen also in einem an-
derswo unmöglichen Prozentsatz
wenigstens hin. In Neumünster
zum Beispiel (vorigen Herbst wurde
Schleswig-Holstein mit diesen „Fest-
spielen" abgeweidet) wurden bei
ruud 35 000 Einwohnern 20 000
Besucher gezählt.

Sehen wir uns diese „vaterlän-
dischen Festspiele" etwas aus der
Nähe an.

Vorführen solleu sie die Zeit der
Freiheitskriege und des letztcu
deutsch-französischcn. Ungefähr (50

(. Novemberheft (9(0 259
 
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