Lessing, Julius: Das Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873 (Berlin, 1874)

Silbkrarbeiten.

Die Wiener Weltausstellung hat für das Studium der Kunst-
arbeiten in edelen Metallen ein besonders ergiebiges Feld ge-
boten, freilich nur für diejenigen, welcher bereits hinreichend unter-
richtet sind, um aus den weit verstreuten Gruppen die einzelnen
werthvollen Stücke heraussuchen zu tonnen.
Durch die reiche Beschickung der Ausstellung durch wirklich
orientalische Arbeiten ist des Lehrreichen mehr vorhanden, als es
wohl auf anderen Ausstellungen zu sein pflegte. In der Ge-
sammtwirkung dagegen treten die Arbeiten in edelen Metallen
sehr hinter die zurück, die wir in London und Paris gesehen.
Bei den früheren Weltausstellungen hatten die verschiedenen
Nationen einen besonderen Stolz darein gesetzt, in reicher Fülle
die Pracht- und! Schaugeräthe vorzuführen, die im Laufe der
letzten Periode bei ihnen entstanden waren. Nicht nur in London,
sondern auch in Paris standen in langer Reihe jene prunkvollen
Tafelaufsätze und Pokale, welche bei den vielen englischen
Pferderennen, Bootfahrten und anderem Sport als Ehrenge-
schenke gestiftet waren. Jene Stücke waren keineswegs alle, ja
nicht einmal in überwiegender Zahl von künstlerischem Wcrthe,
aber die Gesammtmasse der stattlichen in Silber gearbeiteten
Stücke, welche oft aus großen Gruppen von mehreren Figuren